Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage

 

Orientierungssatz

1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 S. 3 SGG ist nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig: die ursprüngliche Klage muss zulässig sein, ein erledigendes Ereignis ist eingetreten, es besteht ein klärungsbedürftiges Rechtsverhältnis und es liegt ein Feststellungsinteresse vor.

2. Hat es für die ursprünglich erhobene Klage an dem nach § 7 Abs. 1 S. 1 IFG durchzuführenden Vorverfahren gefehlt, so war die zunächst erhobene Klage unzulässig, mit der Folge, dass auch die erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage unzulässig ist. Im Übrigen ist bei eröffnetem Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 17.12.2020; Aktenzeichen B 1 KR 32/20 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 21.08.2017 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte zu Unrecht die Herausgabe der Telefonnummern der für ihn zuständigen Sachbearbeiter verweigert hat.

Der Kläger hat am 19.06.2016 Klage vor dem Sozialgericht Münster erhoben und "Herausgabe der Durchwahl-Telefonnummern meiner .... Sachbearbeiter" beantragt, ohne zuvor ein entsprechendes Begehren im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens an die Beklagte gerichtet zu haben. Der Anspruch ergebe sich aus dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG). Wenn danach bereits grundsätzlich ohne persönliches Betroffensein ein Anspruch auf die Herausgabe der Telefonliste einer Behörde bestehe, so müsse ihm als Versicherten der Beklagten erst recht ein Anspruch auf die Telefonnummern seiner Sachbearbeiter zustehen.

Das Sozialgericht Münster hat die Klage durch den Gerichtsbescheid vom 21.08.2017 als unzulässig abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen den ihm am 24.08.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 04.09.2017 Berufung eingelegt.

Der Kläger macht geltend, er verlange nunmehr die Feststellung, dass die Weigerung der Beklagten, ihm die Telefonnummern der für ihn zuständigen Sachbearbeiter herauszugeben, rechtswidrig gewesen sei. Es bestehe ein Rehabilitationsinteresse, außerdem drohe die Wiederholung des Verhaltens der Beklagten. Schließlich beabsichtige er auch, Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung geltend zu machen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 21.08.2017 zu ändern und festzustellen, dass die Beklagte sich zu Unrecht geweigert hat, Telefonnummern der für ihn zuständigen Sachbearbeiter herauszugeben.

Die Beklagte, für die im Termin zur mündlichen Verhandlung am 02.05.2019 entsprechend ihrer schriftsätzlichen Ankündigung vom 15.04.2019 niemand erschienen ist, beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Die vom Kläger im Berufungsverfahren erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage ist unzulässig. Das Sozialgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Offenlegung bzw. Herausgabe der Telefonnummern der für ihn zuständigen Sachbearbeiter verneint. Hat sich der ursprüngliche prozessuale Anspruch durch Rücknahme des Verwaltungsaktes oder auf andere Art (z.B. durch Zeitablauf, Änderung der Verhältnisse) erledigt, kann der Kläger die Klage zurücknehmen und beantragen, dass durch Beschluss über die außergerichtlichen Kosten entschieden wird. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist (nur) unter folgenden Voraussetzungen zulässig (vergl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, Kommentar, 11. Aufl., § 131 Rdnrn 7c ff):

1. Die ursprüngliche Klage war zulässig,2. ein erledigendes Ereignis ist eingetreten,3. es besteht ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis und4. es liegt ein Feststellungsinteresse vor.

Hier war bereits die ursprüngliche Klage nicht zulässig, soweit sie vom Kläger auf das IFG gestützt wurde. Für diese Klage wäre nämlich zunächst ein Antrag des Klägers bei der Beklagten, dessen Bescheidung und die Durchführung eines Vorverfahrens notwendig gewesen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 IFG). Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 21.08.2017 (vgl. § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG). Im Übrigen ist insoweit auch der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten und nicht zu den Sozialgerichten eröffnet (BSG, Beschluss vom 04.04.2012 - B 12 SF 1/10 R; Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 20.10.2016 - 7 C 20/15). Es kann offen bleiben, ob die weiteren Voraussetzungen, insbesondere ein erledigendes Ereignis, vorgeleg...

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