Nachgehend

BSG (Beschluss vom 04.04.2022; Aktenzeichen B 12 KR 61/21 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 15.04.2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.798,70 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin für die Jahre 2011 bis 2014 Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung (GKV/sSPV) für die Beigeladene zu 1. nachzuentrichten hat.

Die Beigeladene zu 1. ist seit dem 01.02.2003 als Krankenschwester in einem Krankenhaus der Klägerin beschäftigt. Weil sie ab dem 01.02.2004 außerdem eine hauptberufliche selbständige Erwerbstätigkeit als Gesellschafterin der R GbR ausübte, beendete die Beklagte die (Pflicht-)Versicherung für die ausgeübte Beschäftigung als Krankenschwester und teilte der Klägerin unter dem 20.04.2004 mit, dass die Beigeladene zu 1. nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterliege und forderte zur entsprechenden Ummeldung zum 01.02.2004 auf. Die Beigeladene zu 1. versicherte sich in GKV und sPV privat, die Klägerin erstellte eine entsprechende Meldung zur Sozialversicherung und führte nur noch die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung an die Beklagte als zuständige Einzugsstelle ab. Außerdem leistete sie einen Zuschuss zur privaten Versicherung der Beigeladenen zu 1..

Nachdem deren Ehemann die N GmbH mitgegründet hatte, wurde der Gesellschaftsvertrag der GbR am 01.01.2011 geändert und deren Tätigkeit am 10.03.2011 in "Verwaltung und Vermietung von Wirtschaftsgütern" umgemeldet. Die Beigeladene zu 1. beantragte mit Schreiben vom 05.05.2014 die Wiederaufnahme in die GKV und sPV, weil sie kein Entgelt mehr aus der R GbR erziele. Mit Bescheid vom 17.11.2014 stellte die Beklagte fest, dass seit dem 01.01.2011 Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestehe, da diese nicht mehr hauptberuflich selbständig erwerbstätig sei. Die Beschäftigung als Krankenschwester sei im Vergleich zur selbständigen Tätigkeit von deutlich größerer wirtschaftlicher und zeitlicher Bedeutung, so dass die selbständige Tätigkeit nicht mehr als hauptberuflich anzusehen sei. Mit Schreiben vom 17.11.2014 unterrichtete die Beklagte auch die Klägerin über die rückwirkend ab dem 01.01.2011 bestehende Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1. zur GKV und sPV. Hierauf reagierte die Klägerin zunächst nicht.

Unter dem 11.06.2015 hörte die Beklagte die Klägerin zu der beabsichtigten Nacherhebung von Beiträgen an. Diese machte daraufhin geltend, die Nachforderung bedeute eine Störung des Äquivalenzprinzips. Mit Bescheid vom 12.08.2015 forderte die Beklagte von der Klägerin die Nachentrichtung von Beiträgen zu GKV und sPV für die Jahre 2011 bis 2014 in Höhe von insgesamt 19.798,70EUR (4706,08 EUR für 2011, 4886,44 EUR für 2012, 5103,09 EUR jeweils für 2013 und 2014). Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2016 als unbegründet zurück: Der Arbeitgeber sei nach § 28e Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IV verpflichtet, die Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Das Risiko der nicht ordnungsgemäßen Beurteilung des Versicherungsstatus liege bei den Betroffenen selbst und sei nicht der Solidargemeinschaft aufzubürden. Der Verwaltungsakt vom 20.04.2004 sei gemäß § 48 SGB X mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse zurückzunehmen gewesen, weil die Änderung zu Gunsten der Beigeladenen zu 1. erfolgt sei.

Am 07.03.2016 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Münster erhoben. Der Beitragsnachforderung stehe die Störung des Äquivalenzprinzips entgegen. Sie habe erstmalig mit Schreiben der Beklagten vom 17.11.2014 Kenntnis davon erhalten, dass eine versicherungsrechtliche Beurteilung für die versicherte Mitarbeiterin durchgeführt worden sei, deren Prüfung ergeben habe, dass rückwirkend ab dem 01.01.2011 Versicherungspflicht zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung bestehe. Der Bescheid an die Beigeladene vom 17.11.2014 sei ihr nicht bekannt gewesen. Sie sei zudem seit dem 01.01.2011 durch Zuschüsse zur privaten GKV und SPV belastet gewesen, während auf Seiten der Beklagten kein Risiko bestehe, für den streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen gewähren zu müssen. Zudem sei die Beigeladene zu 1. ihren Auskunfts-und Meldepflichten im Verhältnis zur Arbeitgeberin nicht nachgekommen, was ihr im Rahmen des hiesigen Verfahrens nicht zum Vorteil gereichen dürfe.

Das Sozialgericht hat Gewerbeummeldung, Einkommenssteuerbescheide und Gehaltsabrechnungen der Beigeladenen zu 1. beigezogen und schließlich mit Urteil vom 15.04.2019 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe in rechtmäßiger Weise den streitgegenständlichen Bescheid erlassen, nachdem sie zunächst mit...

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