Entscheidungsstichwort (Thema)
Grenzen der Amtsermittlungspflicht des Gerichts in einem Verfahren des Schwerbehindertenrechts
Orientierungssatz
1. Ob sich die Funktionsbeeinträchtigungen desjenigen, der die Feststellung seiner Schwerbehinderteneigenschaft beantragt, auf dessen berufliche Tätigkeit auswirken, ist bei deren Bewertung im Schwerbehindertenrecht unerheblich. Nach Teil A Nr. 2b VersMedV ist der GdB unabhängig vom Beruf zu beurteilen. Aus ihm ist nicht auf das Ausmaß der Leistungsfähigkeit zu schließen.
2. Liegen bereits ärztliche Sachverständigengutachten desselben Fachgebietes als Beweismittel vor, so bedarf es regelmäßig keiner weiteren Sachaufklärung in dieser Richtung, es sei denn, die vorliegenden Gutachten wiesen schwere Mängel auf (BSG Urteil vom 15. 12. 2016, B 9 V 3/15 R).
3. Sind dem Kläger wegen Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG aufzuerlegen, so beträgt der Mindestbetrag 225.- €. .
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.10.2016 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt 225 EUR Gerichtskosten. Im Übrigen sind Kosten auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des bei der Klägerin festzustellenden Grades der Behinderung (GdB).
Die 1951 geborene Klägerin beantragte am 01.03.2013 erstmals die Feststellung eines GdB wegen diverser Erkrankungen. Die Beklagte holte einen Befundbericht des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. C ein, der über einen Hypertonus und eine das tägliche Leben der Klägerin beeinträchtigende Angststörung berichtete. Des Weiteren holte die Beklagte einen Bericht des behandelnden psychologischen Psychotherapeuten S ein, der von einer mittelgradigen depressiven Störung und einer gemischten Angststörung nach langanhaltender kindlicher Traumatisierung ausging. Unter Auswertung dieser Befunde ging der ärztliche Dienst der Beklagten von einer seelischen Erkrankung der Klägerin mit einem Einzel-GdB von 20 und von einem Bluthochdruck mit einem Einzel-GdB von 20 aus. Dem folgend stellte die Beklagte mit Bescheid vom 17.05.2013 bei der Klägerin einen GdB von 30 ab dem 01.03.2013 fest. Der hiergegen eingelegte Widerspruch der Klägerin, zu dessen Begründung diese ua auf eine seit ihrer Geburt vorliegende Darmanomalie hinwies, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2013 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 11.07.2013 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf (SG) erhoben und vorgetragen, sie sei seit 1980 wegen Bluthochdrucks und Panikattacken in ärztlicher Behandlung und erhalte starke Medikamente; dazu komme ihr Geburtsfehler.
Das SG hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Internisten Dr. G vom 22.04.2014 und eines psychiatrischen Zusatzgutachtens von dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie L vom 27.11.2013. Dr. G stellte eine hypertensive Herzerkrankung mit erhaltener systolischer Herzfunktion fest, die er mit einem Einzel-GdB von 20 bewertete. Der bei der Klägerin vorliegenden Malrotation des Darmes hat er keinen Behinderungswert beigemessen, da die Klägerin lediglich gelegentlich Darmbeschwerden mit Verstopfung oder Durchfallneigung erlebe, die keine Auswirkungen auf den Kräfte- und Ernährungszustand hätten. Auch einem Verdacht auf Diabetes mellitus und einer Fettstoffwechselstörung komme kein Behinderungswert zu. Unter Berücksichtigung der von dem Sachverständigen L festgestellten leichtgradigen rezidivierenden depressiven Störung mit phasenweise auftretenden Befürchtungsängsten, die mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet ist, hat er den Gesamt-GdB mit 30 bewertet, da sich die phobische Komponente des seelischen Leidens ungünstig auf das Bluthochdruckleiden auswirken könne.
Zu Vorhaltungen der Klägerin, zu welcher diese verschiedene medizinische Unterlagen, insbesondere einen Bericht der Klinik T vom 26.10.2005 über eine dortige stationäre psychosomatische Behandlung vom 14.09. bis 26.10.2005 vorgelegt hatte, hat das SG eine ergänzende Stellungnahme von Dr. G vom 02.07.2014 eingeholt, der bei seiner Einschätzung verblieben ist. Des Weiteren hat das SG einen Befundbericht des behandelnden psychologischen Psychotherapeuten S und hierzu eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen L vom 30.12.2014 eingeholt, der ebenfalls bei seiner Bewertung verblieben ist.
Sodann hat das SG ein nervenfachärztliches Gutachten von Dr. S vom 15.05.2015 eingeholt. Der Sachverständige hat Angst und Depression, gemischt als leichtere psychische Störung diagnostiziert und die hieraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen, in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen L, mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet. Den Gesamt-GdB hat er unter Berücksichtigung der von Dr. G festgestellten hypertensiven Herzerkrankung mit erhaltener systolischer Herzfunktion mit 30 bewertet.
Nachdem die Klägerin vorgetragen hatte, es sei noch ein Nierenleiden hinzugetreten...