Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung eines Rentenzahlbetrages gegenüber einer Bank
Orientierungssatz
1. Rentenbeträge, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut überwiesen werden, gelten als unter Vorbehalt erbracht. Die Bank befriedigt eine eigene Forderung i. S. des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB 6, wenn die Gutschrift einer Rentenzahlung auf ein im Soll stehendes Konto erfolgt und die Bank eine eigene Darlehensforderung gegen den Kontoinhaber damit tilgt.
2. Durch das Verbot der Verwendung zur eigenen Befriedigung soll ein Geldinstitut so gestellt werden, als wenn eine Rentenzahlung nicht stattgefunden hätte. § 55 Abs. 1 SGB 1 schließt die Anwendung des Befriedigungsverbotes des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB 6 nicht aus. Rechtsnachfolger eines Berechtigten sind dagegen von der Schutzvorschrift des § 55 SGB 1 nicht erfasst.
3. Die Bank kann sich auf den Einwand der Entreicherung nur berufen, wenn bei Eingang des Rückforderungsverlangens des Rentenversicherungsträgers das Konto des Versicherten kein zur Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist und die Bank den Wert der Gutschrift nicht zur Befriedigung eigener Forderungen gemindert hat.
4. Die Vorschrift des § 118 Abs. 3 SGB 6 ist verfassungsgemäß. Das Vermögen einer Bank ist durch Art. 14 GG nicht geschützt. § 118 Abs. 3 SGB 6 verstößt nicht gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften des Gemeinschaftsrechts.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 30.01.2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin einen Betrag von 173,28 EUR nach § 118 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zu erstatten hat.
Der Leistungsberechtigte I N (Versicherter) bezog von der Klägerin eine Rente in Höhe von zuletzt 1.160,55 EUR netto. Er unterhielt bei der Beklagten ein Girokonto mit der Kontonummer 000. Die Beklagte hatte dem Versicherten einen Dispositionskredit in Höhe von 3.600,00 EUR eingeräumt. Der Versicherte verstarb am 31.08.2004.
Am 31.08.2004 ging die Rente für September 2004 in Höhe von 1.160,55 EUR auf das Girokonto des Leistungsberechtigten ein. Nach Angaben der Beklagten belief sich der Kontostand vor Eingang der Rente auf 179,26 Euro Soll. Nach Eingang der Rente wurde über das Konto des Berechtigen anderweitig zugunsten Dritter verfügt:
01.09.2004 Premiere 31,00 EUR 02.09.2004 Baugenossenschaft I eG 369,48 EUR 06.09.2004 U N EC-Pin 100,00 EUR 16.09.2004 Talkline 34,38 EUR 17.09.2004 U N EC-Pin 500,00 EUR 17.09.2004 HEW Hof Energie + Wasser GmbH 29,00 EUR
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Kontoauszüge Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 21.09.2004 forderte der Renten Service der Deutschen Post als überweisende Stelle die Beklagte zur Zurücküberweisung eines Betrages in Höhe von 1.160,55 EUR auf. Bei Eingang des Rückforderungsverlangens am 22.10.2004 betrug der Kontostand nach Angaben der Beklagten 90,71 EUR Haben. Mit Schreiben vom 09.03.2005 forderte die Klägerin von der Beklagten einen Betrag von 1.063,86 EUR unter Berufung auf § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI zurück. Die Beklagte hatte zuvor an die Klägerin einen Betrag von 96,69 EUR zurückgezahlt. Im übrigen berief sie sich auf den Entreicherungseinwand des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI, da bis zum Eingang des Rückforderungsverlangens anderweitige Verfügungen in Höhe von 1.063,86 EUR vom Konto des Versicherten erfolgt seien.
Am 27.06.2005 hat die Klägerin Leistungsklage erhoben, mit der sie zunächst die Zahlung eines Betrages von 179,26 EUR begehrt hat.
Sie hat vorgetragen, nach Mitteilung der Beklagten habe sich das Konto des Verstorbenen vor der Gutschrift der Rente für September 2004 im Soll befunden. Die Beklagte sei nach § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI erstattungspflichtig. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei ein Geldinstitut in den Fällen, in denen die Rente auf ein im Soll stehendes Konto überwiesen werde, in jedem Fall erstattungspflichtig. Es handele sich dabei um eine unzulässige Befriedigung einer eigenen Forderung (§ 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI). Es sei deshalb unerheblich, dass nach dem Eingang der Rente wirksam über das Konto verfügt worden sei und Dritte Beträge aus dem Konto erhalten hätten.
Die Beklagte hat sich auf den Entreicherungseinwand des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI berufen. Sie hat sich auf die Entscheidung des 9. Senats des BSG (Urteil vom 09.12.1998, - B 9 V 48/97 R -) gestützt und die Auffassung vertreten, dass die bloße Verbuchung einer Rentenzahlung auf ein debitorisches Konto einer Rentenbezieherin keine Verwendung zur Befriedigung einer eigenen Forderung im Sinne des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI darstelle. Auch stehe die Vorschrift des § 55 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) in Verbindung mit § 394 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der vom 4. Senat des BSG angenommenen Verrechnung entgegen.
Durch Richterbrief vom 20.10.2005 hat das Gericht darauf hinge...