Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücküberweisung von Geldleistungen für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten. im Soll befindliches Konto. Forderung des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Geldinstitut

 

Orientierungssatz

1. Der Senat folgt der gefestigten Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (Anschluss an BSG vom 26.4.2007 - B 4 R 89/06 R und BSG vom 9.12.1998 - B 9 V 48/97 R = BSGE 83, 176 = SozR 3-2600 § 118 Nr 4), wonach die Befriedigung eigener Forderungen zu Lasten des Rentenversicherungsträgers iS des § 118 Abs 3 S 4 SGB 6 vorliegt, soweit das Geldinstitut den ihm überwiesenen Geldwert dem Rentenempfänger auf dem angegebenen, im Soll befindlichen Girokonto nach § 118 Abs 1 S 2 und 3 SGB 6 ohne weitere Erklärung gutschreibt. Das Geldinstitut befriedigt somit eine eigene Darlehensforderung gegenüber dem Kontoinhaber.

2. Der Senat schließt sich nicht der Auffassung an, dass die Gutschrift einer Sozialleistung auf ein debitorisch geführtes Konto in Hinblick auf die Regelung in § 118 Abs 3 S 3 SGB 6 keine Verwendung der Forderung zur eigenen Befriedigung iS von S 4 darstellt (Entgegen BSG vom 9.12.1998 - B 9 V 48/97 R aaO).

3. Die Vorschrift des § 55 Abs 1 SGB 1 steht der Einstellung der Rente nach dem Tod des Leistungsberechtigten in das Kontokorrent nicht entgegen und schließt die Anwendung des Befriedigungsverbots des § 118 Abs 3 S 4 SGB 6 nicht aus (vgl LSG Essen vom 22.8.2005 - L 3 R 98/05, LSG Essen vom 9.5.2007 - L 8 R 291/06 und LSG Essen vom 20.10.2006 - L 13 R 75/06).

4. § 118 Abs 3 SGB 6 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl LSG Essen vom 22.8.2005 - L 3 R 98/05 und LSG Essen vom 9.5.2007 - L 8 R 291/06).

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin einen Betrag von 484,68 EUR nach § 118 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zu erstatten hat.

Der Versicherte J W (Versicherter) bezog von der Klägerin eine Altersrente in Höhe von zuletzt in Höhe von 499,18 EUR. Bei der Beklagten unterhielt er ein Girokonto, Kontonummer .... Die Beklagte hatte dem Versicherten einen Dispositionskredit in Höhe von 1.500,00 EUR eingeräumt. Der Versicherte verstarb im Januar.2006.

Der Kontostand belief sich am 31.01.2006 vor der Gutschrift der Rente für Februar 2006 auf 1.496,83 EUR Soll. Die Kontenbewegungen stellen in der Zeit vom 31.01. bis zum 31.03.2006 sich wie folgt dar:

Datum/Wertstellung

Verfügung

Belastung

Gutschrift

Stand

31.01.2006

1.496,83 Soll

31.01.

Gehalt/Rente

499,18

997,65 Soll

Rentenservice 02.2006

01.02.

Dauerauftrag

225,62

1223,27 Soll

...

Miete

01.02.

Gutschrift

74,00

1.149,27 Soll

Stadtverwaltung Köln

03.02.

Auszahlung

200,00

1.349,27 Soll

PB-Card mit PIN

06.02

Auszahlung

150,00

1.499,27 Soll

PB-Card mit PIN

31.03

Zinsen/Entgelt

64,21

1.563,48 Soll

Wegen der Einzelheiten wird auf die zu der Gerichtsakte gereichten Kontoauszügen Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 07.02.2006, eingegangen bei der Beklagten am 13.02.2006, forderte der Renten Service der Deutschen Post als überweisende Stelle die Beklagte zur Zurücküberweisung eines Betrages in Höhe von 484,68 EUR auf. Die Beklagte berief sich auf den Entreicherungseinwand des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI. Der Kontostand sei vor Eingang der Rente am 31.01.2006 mit 1.496,83 EUR im Soll und am Tag der Rentenrückforderung am 13.02.2006 mit 1.499,27 EUR im Soll gewesen. In dem Zeitraum zwischen der Gutschrift der Rente bis zum Eingang der Rückforderung sei über die Rente in Höhe von 575,62 EUR verfügt wurden (Schreiben vom 13.02.2006).

Am 12.04.2006 hat die Klägerin Leistungsklage erhoben

Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte sei nach § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI erstattungspflichtig. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei ein Geldinstitut in den Fällen, in denen die Rente auf ein im Soll stehendes Konto überwiesen werde, in jedem Fall erstattungspflichtig. Es handele sich dabei um eine unzulässige Befriedigung einer eigenen Forderung (§ 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI). Es sei deshalb unerheblich, dass nach dem Eingang der Rente wirksam über das Konto verfügt worden sei und Dritte Beträge aus dem Konto erhalten hätten.

Die Beklagte hat sich auf den Entreicherungseinwand des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI berufen. Der Kontostand habe sich unmittelbar vor Eingang der Rentengutschrift auf 1.496,83 EUR Soll belaufen. Vom Konto des Versicherten seien in der Zeit vom 31.01 bis zum 06.02.2006 anderweitige Verfügungen im Sinne des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI in Form von drei Abbuchungen in Höhe von insgesamt 575,62 EUR erfolgt. Die drei Abbuchungen habe sie nach Maßgabe des besonderen, zivilrechtliche Regelungen überlagernden öffentlich-rechtlichen Pfändungsverbots des § 55 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) i.V.m. § 394 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bedienen müssen. Deshalb sei der Wert der Rentenleistung bis zur Höhe des Betrags der anderweitigen Verfügungen aus ihrer faktischen Verfügungsmacht ausgeschieden, bevor eine bankvertraglich oder sonstwie begründete Verwertungsmöglichkeit habe ent...

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