Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung des vertragsärztlichen Honorars wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise
Orientierungssatz
1. Bei der Überprüfung des vertragsärztlichen Honorars auf dessen Wirtschaftlichkeit ist hinsichtlich der maßgeblichen Vergleichsgruppe entscheidend, für welches Fachgebiet der Vertragsarzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sofern die Vergleichsgruppe hinreichend groß und in sich homogen ist.
2. Ergibt sich bei einer Sparten- bzw. Einzelleistungsprüfung, dass die Abrechnungswerte des Arztes in einem offensichtlichen Missverhältnis zu den Durchschnittswerten der Fachgruppe stehen, so ist der Beweis der Unwirtschaftlichkeit erbracht, es sei denn, es liegt eine rechtlich relevante Praxisbesonderheit bei dem Vertragsarzt vor.
3. Praxisbesonderheiten sind nur solche Umstände, die aus der Patientenstruktur herrühren und nicht patientenbezogen sind.
4. Ist durch Überschreitungen im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses die Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Vertragsarztes erwiesen, so obliegt es dem Arzt, entlastende Tatsachen substantiiert darzulegen.
5. Der Vertragsarzt hat das Maß des Notwendigen zu beachten und hierauf seine Behandlungs- und Verordnungsweise einzustellen. Der Grundsatz der Therapiefreiheit wird durch den gleichrangigen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit begrenzt.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgericht Düsseldorf vom 28.08.1996 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit von Honorarkürzungen wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise in den Quartalen III/1993 und I-III/1994.
Die Klägerin ist als Dermatologin in B zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie rechnete zwischen 1936 bis 2084 Behandlungsfälle ab und überschritt damit die durchschnittlichen Fallzahlen der Fachgruppe um 28 % bis 36 %. Der Rentneranteil unterschritt um jeweils ca. 50 %. Ihre Honorarforderungen lagen um 24 % bis 30 % über dem durchschnittlichen Fallwert der Fachgruppe. Die Sonderleistungen überschritten um 65 % bis 77 %. Die Verordnung von Arzneimitteln und Anforderung von Sprechstundenbedarf unterschritt deutlich. Der Prüfungsausschuß der Ärzte und Krankenkassen B kürzte die Honorarforderung der Klägerin mit Bescheiden vom 20.1.1994, 13.7.1994, 11.10.1994 und 16.1.1995 um 17,5 % (III/1993), 15 % (II/1994) und 12,5 % ( III/1994) und erteilte für I/1994 einen Hinweis auf die Sonderleistungen bzw. die Leistung nach Ziffer 911 EBM. Hiergegen legten die Klägerin (Quartale III/1993 und II,III/1994), der Beigeladene zu 6 (Quartal I/1994) und die Beigeladene zu 8 (III/1993) Widerspruch ein. Die Klägerin wies daraufhin, daß der überdurchschnittliche Anteil proktologischer Behandlungsfälle als Praxisbesonderheit gewürdigt werden müsse. Der Prüfungsausschuß half den Widersprüchen der Klägerin und der Beigeladenen zu 8) für das Quartal III/1993 mit Bescheid vom 4.7.1994 ab und wandelte die Kürzung der Sonderleistungen in einen Hinweis um. Hiergegen erhob der Beigeladene zu 6) Widerspruch. Der Beklagte half den Widersprüchen des Beigeladenen zu 6) für die Quartale III/1993 und I/1994 ab (Bescheid vom 27.12.1994) und setzte Kürzungen der Sonderleistungen um 17,5 % sowie 15 % fest. Im übrigen wies er die Widersprüche der Klägerin zurück (Bescheid vom 24.5.1995).
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage hat die Klägerin vorgetragen: Die Bescheide seien unzureichend begründet. Prüfmethode und Bezugswerte der Vergleichsgruppe seien nicht erkennbar. Die Ergebnisse seien nicht nachvollziehbar. Mit der proktologischen Behandlungstätigkeit als Praxisbesonderheit habe der Beklagte sich nicht hinreichend auseinandergesetzt. Die Gruppe der Dermatologen sei nicht homogen; es hätte nach Untergruppen differenziert werden müssen. Der Mehraufwand werde durch einen Minderaufwand insbesondere bei den Arzneiverordnungen kompensiert.Die Überschreitung lägen in einem gleichbleibenden Rahmen. Das zeige, daß es sich nicht um Mutwilligkeiten handele, sondern um objektive vorhandene Besonderheiten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Bescheide des Beklagten vom 27.12.1994 und 24.5.1995 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über die Widersprüche gegen die Bescheide des Prüfungsauschusses vom 21.1.1994, abgeändert mit Bescheid vom vom 4.7.1994, 13.7.1994, 11.10.1994 und 16.1.1995 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 3), 6) und 7) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides bezogen.
Mit Urteil vom 28.8.1996 hat das Sozialgericht die Bescheide des Beklagten vom 27.12.1994 und 24.5.1995 aufgehoben, soweit Kürzungen bei den Sonderleistungen von mehr als 15 %, 11%, 13,8 % und 9% festgesetzt worden sind. Es hat den Beklagten verurteil...