Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Fortzahlung des Krankengeldes für die Dauer von sechs Wochen als Voraussetzung des Krankengeldanspruchs  -  Wahlerklärung des Versicherten

 

Orientierungssatz

1. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB 5 haben solche Versicherte keinen Anspruch auf Krankengeld, die bei Arbeitsunfähigkeit nicht mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts haben, es sei denn, das Mitglied gibt eine Wahlerklärung ab, dass die Mitgliedschaft den Anspruch auf Krankengeld umfassen soll.

2. Bei der Frage, ob und in welchem Umfang ein Krankengeldanspruch besteht, ist allein auf das Versicherungsverhältnis abzustellen, welches zur Zeit der Entstehung des Krankengeldanspruchs vorliegt (BSG Urteil vom 14. 12. 2006, B 1 KR 9/06 R). Lag zu diesem Zeitpunkt der Krankenkasse eine Wahlerklärung nicht vor, so ist ein Krankengeldanspruch ausgeschlossen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 12.09.2017; Aktenzeichen B 3 KR 34/17 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.07.2016 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Krankengeld für die Zeit ab dem 28.08.2013.

Die am 00.00.1975 geborene Klägerin ist gelernte Bürokauffrau und war bis zum Jahre 2012 langjährig als solche bei der Firma S beschäftigt. In der Zeit vom 30.07.2013 bis 30.09.2013 war die Klägerin bei der Firma B Personal GmbH als Bürokauffrau angestellt. Die einmalige Befristung der Beschäftigung auf zwei Monate ergab sich aus § 2 des Arbeitsvertrages vom 29.07.2013. Die Arbeitgeberin meldete die Klägerin (zunächst) zum ermäßigten Beitragssatz - ohne Anspruch auf Krankengeld - zur Sozialversicherung an. Eine Wahlerklärung zum Abschluss eines Wahltarifs zur Abdeckung des Krankengeldrisikos wurde von der Klägerin anlässlich des Vertragsschlusses nicht abgegeben.

Seit dem 01.01.2014 bezieht die Klägerin Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

In der Zeit vom 15.08.2013 bis 20.08.2013 erkrankte die Klägerin arbeitsunfähig (aufgrund eines Wundabszesses nach einer Bauchoperation; Diagnose: "L 02.9 G" ICD-10 GM).

Am 28.08.2013 erkrankte die Klägerin (erneut), diesmal an einer depressiven Episode ("F32.9 G" ICD-10 GM). Die Erkrankung ist - unstreitig - durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Allgemeinmedizinerin Dr. X vom 28.08.2013 bis zum 04.09.2013, vom 04.09.2013 bis zum 13.09.2013, vom 12.09.2013 bis 20.09.2013, vom 20.09.2013 bis 27.09.2013 und sodann wieder vom 30.09.2013 bis 11.10.2013, vom 10.10.2013 bis 25.10.2013, dann wieder vom 28.10.2013 bis 08.11.2013, vom 08.11.2013 bis 20.11.2013, sowie sodann durch Bescheinigungen der Neurologin und Psychiaterin C vom 20.11.2013 bis 04.12.2013, vom 04.12.2013 bis 20.12.2013, vom 20.12.2013 bis 06.01.2014, vom 06.01.2014 bis 20.01.2014, dann wieder vom 04.03.2014 bis 18.03.2014, vom 18.03.2014 bis 14.04.2014, vom 14.04.2014 bis 29.04.2014, vom 29.04.2014 bis 14.05.2014, vom 14.05.2014 bis 05.06.2014, vom 05.06.2014 bis 26.06.2014, vom 26.06.2014 bis 10.07.2014, vom 10.07.2014 bis 24.07.2014 und vom 24.07.2014 bis 08.08.2014 dokumentiert.

Innerhalb dieses Zeitraumes bestätigte der Sozialmedizinische Dienst (SMD) der Beklagten mit ärztlicher Stellungnahme vom 13.09.2013 aufgrund Untersuchung der Klägerin vom selben Tage Arbeitsunfähigkeit infolge einer schweren Depression und merkte eine Wiedereinbestellung nach Ablauf von 6 Wochen vor.

Mit Schreiben vom 20.09.2013 machte die Klägerin "Krankengeld für die Zeit vom 15.08.2013 bis 20.08.2013" gegenüber der Beklagten geltend. Sie gehe davon aus, dass sie trotz der Befristung mit Anspruch auf Krankengeld versichert sei.

Die Firma B stellte auf Rückfrage sowohl der Klägerin als auch der Beklagten klar, dass sie die Klägerin bei Abschluss des Arbeitsvertrages über die Wahlmöglichkeiten bei den Krankenkassen aufgeklärt habe. Die Beklagte habe nach ihren Informationen die Nachfrage der Klägerin nach einem "Wahlbrief" terminologisch nicht einordnen können. Für den Zeitraum vom 15.08.2013 bis 20.08.2013 leistete sie (nachträglich) Entgeltfortzahlung.

Ebenfalls nachträglich im Dezember 2013 meldete die Firma B die Klägerin zum vollen Beitragssatz an und teilte der Klägerin diese "Umschlüsselung" (mit Schreiben vom 06.12.2013) mit.

Mit Bescheid vom 08.01.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung von Krankengeld aufgrund des Krankheitsfalles ab dem 28.08.2013 ab. Der Anspruch werde vom Leistungsausschluss des § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erfasst: Der Klägerin stehe für die geltend gemachte Zeit kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) zu, da ihr Arbeitsverhältnis von vornherein auf weniger als zehn Wochen befristet gewesen sei. Auch habe sie keinen Anspruch aus einem Wahltarif nach Maßgabe von § 53 Abs. 6 SGB V, da sie innerhalb von vierzehn Tagen nach Aufnahme der Beschäftigung keine Wahlerklärung abgegeben habe....

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