Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Vergütungsanspruch für die künstliche Beatmung eines Versicherten
Orientierungssatz
1. Die maschinelle Beatmung - künstliche Beatmung - nach der Anzahl der erforderlichen Beatmungsstunden eines Versicherten ist nach DKR 1001h zu kodieren (vgl BSG vom 19.12.2017 - B 1 KR 18/17 R = SozR 4-5562 § 9 Nr 8).
2. Tritt bei einem auf der Intensivstation phasenweise nicht-invasiv mittels Biphasic Positive Airway Pressure (BIPAP) beatmeten Versicherten keine Gewöhnung an den Respirator ein, die eine Berücksichtigung der beatmungsfreien Intervalle bei den Gesamtbeatmungsstunden ermöglichen würde, so bestimmt sich unter Zugrundelegung einer ununterbrochen erforderlichen maschinellen Beatmung der Vergütungsanspruch des Krankenhauses nach DKR 1001h.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 02.12.2014 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.406,97 Euro nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2011 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.406,97 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Im Streit steht die Rückerstattung gezahlter Krankenhausvergütung in Höhe von 4.406,97 Euro.
Die bei der klagenden Krankenkasse versicherte Patientin I T (Versicherte) wurde in der Zeit vom 20.06.2010 bis zum 02.07.2010 stationär in dem von der Beklagten betriebenen, nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus behandelt. Bei der Versicherten wurde am Aufnahmetag unter anderem eine respiratorische Globalinsuffizienz bei Verdacht auf exazerbierte COPD diagnostiziert, vom 20.06.2010 bis 21.06.2010 erfolge auf der Intensivstation eine nicht-invasive Beatmung (NIV) in Intervallen mittels eines BIPAP (Biphasic Positive Airway Pressure) Vision Gerätes. Bei dieser Form der Beatmung handelt es sich um eine druckkontrollierte Beatmung mit der Möglichkeit der Spontanatmung in Inspiration und Expiration (S3-Leitlinie Invasive Beatmung und Einsatz extrakorporaler Verfahren bei akuter respiratorischer Insuffizienz, Stand: 04.12.2017, S. 41). Erstmals wurde die Versicherte am 20.06.2010 um 12:10 Uhr beatmet, letztmals am 21.06.2010 bis 14:00 Uhr. Am 20.06.2010 gab es zwei Spontanatmungsphasen. In den Beatmungsphasen erfolgte eine Beatmung im S/T-Modus (spontan/zeitgesteuert). Am 21.06.2010 ist eine Spontanatmungsphase dokumentiert, bevor die Beatmung um 14:00 Uhr endete.
Am 08.07.2010 stellte die Beklagte der Klägerin für die Behandlung der Versicherten 13.053,62 Euro in Rechnung. Sie rechnete dabei u.a. die DRG E40C ab (Krankheiten und Störungen der Atmungsorgane mit Beatmung ) 24 Stunden, ohne intensivmedizinische Komplexbehandlung im Kindesalter, mehr als 72 Stunden, ohne komplizierende Diagnose, ohne äußerst schwere CC, außer bei Para- / Tetraplegie). Die Klägerin beglich diesen Betrag, bat jedoch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Nordrhein (MDK) mit Schreiben vom 22.07.2010 um Prüfung, ob die abgerechneten Beatmungsstunden korrekt kodiert worden seien. In seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 18.09.2011 kam der MDK zu dem Ergebnis, dass nach den vorliegenden Unterlagen 17 Beatmungsstunden medizinischen nachvollziehbar seien. Da die Versicherte zuvor nicht mindestens 24 Stunden am Stück beatmet worden sei, seien die NIV-Intervalle einzeln zu zählen und nicht im Rahmen eines Weanings zu verstehen, so dass die beatmungsfreien Intervalle nicht mitgezählt würden. Daraufhin teilte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 01.09.2011 mit, dass 9 Beatmungsstunden zu streichen und die DRG E65C (Chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung ohne äußerst schwere CC, ohne starre Bronchoskopie, ohne komplizierende Diagnose, ohne FEV1 ( 35%, Alter ) 0 Jahre) abzurechnen sei und bat um Überweisung des zu viel gezahlten Betrages in Höhe von 4.406,97 Euro bis zum 22.09.2011. Aufgrund des hiergegen erhobenen Widerspruchs der Beklagten bat die Klägerin den MDK mit Schreiben vom 28.09.2011 um Widerspruchsbegutachtung. In seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 20.03.2014 hielt der MDK an seiner Beurteilung fest. Unter Weaning werde die Entwöhnung vom Respirator nach kontinuierlicher längerer Beatmung und Abhängigkeit vom Respirator verstanden. Voraussetzung sei daher, dass im Vorfeld eine kontinuierliche Beatmung über einen zumindest längeren Zeitraum stattgefunden habe. Dies sei im vorliegenden Fall nicht nachzuvollziehen. Die Klägerin forderte die Beklagte daraufhin erneut zur Erstattung des überzahlten Betrages auf. Die Beklagte hielt mit Schreiben vom 05.05.2014 an ihrer Auffassung fest. Auch nach einem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 05.12.2013 (L 1 KR 300/11) seien die Vergütungsregelungen streng nach ihrem Wortlaut auszulegen, daher sei davon auszugehen, dass eine Entwöhnung von der künstlichen Beatmung mit deren Beginn a...