Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Unfallversicherung für den Rechtsreferendar
Orientierungssatz
1. Zur Anerkennung eines Unfallereignisses als Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 SGB 7 ist u. a. Voraussetzung, dass der Antragsteller im Unfallzeitpunkt zu dem nach §§ 2, 3 oder 6 SGB 7 versicherten Personenkreis gehört hat. Das ist bei einem Rechtsreferendar nicht der Fall. Für diesen besteht nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB 7 Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Unfallversicherung.
2. Der Wortlaut des Gesetzes lässt nur die Auslegung zu, dass für Rechtsreferendare beamtenrechtliche Unfallfürsorgevorschriften entsprechende Anwendung finden.
3. Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Unfallversicherung besteht demnach bereits dann, wenn die beamtenrechtlichen Unfallfürsorgevorschriften grundsätzlich anwendbar sind. Es kommt nicht darauf an, ob die Leistungen tatsächlich zuerkannt oder ausbezahlt werden.
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen des Klägers gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Münster vom 09.03.2017 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger erlitt während seiner Ausbildung als Referendar beim I I am 18.09.2013 und am 20.01.2016 Unfälle, deren Anerkennung als Arbeitsunfälle die Beklagte mit Bescheid vom 28.01.2016 ablehnte. Zur Begründung führte sie aus: Die Personalstelle für Referendare beim I I habe auf telefonische Nachfrage mitgeteilt, dass der Kläger in einem beamtenähnlichen Beschäftigungsverhältnis beschäftigt sei und somit die beamtenrechtlichen Unfallfürsorgevorschriften Anwendung fänden. Der Dienstherr sei für die beiden Dienstunfälle vom 18.09.2013 und vom 20.01.2016 zuständig. Der Kläger sei somit in der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) versicherungsfrei. Dies sei laut der Personalabteilung dem Kläger auch schon mehrfach mitgeteilt worden.
Dagegen erhob der Kläger am 31.01.2016 Widerspruch und machte geltend, dass er während seiner Tätigkeit als Referendar beim I in ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis übernommen worden sei und somit als Auszubildender in den gesetzlichen Sozialversicherungszweigen pflichtversichert sei. Zur Begründung führte er einen Entwurf des 12. Gesetztes zur Änderung der Juristenausbildungsordnung der Hamburger Bürgerschaft (Drucksache 17/901) vom 28.05.2002 an.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2016 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Der juristische Vorbereitungsdienst der Referendare sei in den §§ 36 ff. des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes (HmbJAG) geregelt. Es handele sich hierbei um ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis, in dem bis auf wenige Ausnahmen weitgehend die für Beamte auf Widerruf geltenden Bestimmungen des Hamburgischen Beamtengesetzes (HmbBG) Anwendung fänden. Die hierin genannten Ausnahmen beträfen gerade eben nicht den Anspruch auf Unfallfürsorge nach beamtenrechtlichen Bestimmungen. Für Beamte auf Widerruf bestehe ein Anspruch auf Versorgung nach dem Hamburgischen Beamtenversorgungsgesetz (HmbBeamtVG). So sei in § 33 HmbBeamtVG geregelt, dass bei einem Dienstunfall Unfallfürsorge nach dieser Vorschrift gewährt werde. Da für den Kläger als Referendar somit nach den obigen Ausführungen beamtenrechtliche Unfallfürsorgevorschriften Anwendung fänden, bestehe in der gesetzlichen Unfallversicherung Versicherungsfreiheit (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung komme demgemäß nicht in Betracht.
Bereits vor Erlass des Widerspruchsbescheides hat der Kläger am 10.06.2016 beim Sozialgericht Münster Untätigkeitsklage wegen der Nichtbescheidung seines Widerspruchs erhoben. Nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2016 hat der Kläger erklärt, dass er die Untätigkeitsklage als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterführe. Grund seien sein Rehabilitationsinteresse und Amtshaftungsansprüche. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens habe er der Beklagten die für eine Prüfung notwendigen Unterlagen vorgelegt. Trotz seiner immensen Hilfe habe die Beklagte über den Widerspruch nicht fristgemäß entschieden. Die Beklagte hat gemeint, dass sie nicht untätig gewesen sei und der Kläger während der gesamten Zeit über den Stand des Verfahrens informiert gewesen sei.
Mit einer weiteren beim Sozialgericht Münster am 23.06.2016 erhobenen Klage hat der Kläger begehrt, den Bescheid vom 28.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Unfallereignisse vom 18.09.2013 und 20.01.2016 als Arbeitsunfälle anzuerkennen. Die Beklagte setze sich in keiner Weise mit dem Willen des Gesetzgebers auseinander und verkenne in der Folge ihre Zuständigkeit. Die Begründung zur Hamburgischen Juristenausbildungsordnung sei für das HmbJAG übernommen worden. Die Bekla...