Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen einen gestaltenden Verwaltungsakt

 

Orientierungssatz

1. Bei gestaltenden Verwaltungsakten hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs die Bedeutung, dass während des Schwebezustandes keine Folgerungen aus dem angefochtenen Verwaltungsakt gezogen werden dürfen. Bei der Entziehung von Leistungen muss daher, wenn Widerspruch eingelegt wird, zunächst weiter nach dem alten (bewilligenden) Verwaltungsakt gezahlt werden.

2. Die Wirkung des Widerspruchs entfällt mit dem Eintritt der Bestandskraft des Entziehungsbescheides rückwirkend. Infolgedessen sind nach § 50 Abs. 1 SGB 10 die für die Dauer der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs geleisteten Zahlungen zu erstatten. Ermessen ist dabei nicht auszuüben.

3. Vertrauensschutzgesichtspunkte und die Frist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB 10 sind im Rahmen von § 50 Abs. 1 SGB 10 nicht erneut zu prüfen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 25.7.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im zugrundeliegenden Verfahren streiten die Beteiligten über die Rechtmäßigkeit eines Rückforderungsbescheides.

Am 27.12.2007 zeigte der bei der Beklagten als selbstständiger Unternehmer für Film und Videoproduktionen versicherte Kläger an, zur Vorbereitung einer Geschäftsreise nach England seine Unterlagen (Laptop Vertragsdokumente etc.), die er zu Hause aufbewahre, zusammen gepackt zu haben und beim Transport aller Taschen und Geräte zu seinem PKW auf der Treppe gestolpert und mehrere Stufen hinabgestürzt zu sein. Er habe dabei eine Oberschenkelfraktur links erlitten.

Die Beklagte erkannte dieses Ereignis zunächst als Arbeitsunfall an und gewährte dem Kläger für die Zeit vom 25.04.2008 bis 17.08.2008 eine vorläufige Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 30 v.H., danach von 20 v.H. Der Zahlbetrag der Rente nach MdE 20 v. H. belief sich auf 800 EUR monatlich (Bescheid vom 16.09.2008)

Zur Feststellung einer Rente auf unbestimmte Zeit leitete die Beklagte im April 2010 medizinische Ermittlungen ein und erließ sodann nach Anhörung des Klägers den Bescheid vom 27.07.2010, mit dem sie dem Kläger die Rente ab 01.08.2010 entzog und ausführte, eine Rente auf unbestimmte Zeit werde nicht bewilligt.

Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 16.08.2010, auf den hin die Beklagte ihm mitteilte, der Widerspruch habe aufschiebende Wirkung, so dass die Rente bis zu einer endgültigen Entscheidung des Widerspruchsausschusses weiterzuzahlen sei. Die Rentenzahlungen seien aber zurückzuzahlen, wenn die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides durch den Widerspruchsausschuss bestätigt werde. Der Kläger könne entscheiden, ob die Rente weitergezahlt werden solle. Über seinen Prozessbevollmächtigten ließ der Kläger mitteilen, die Rente solle in unveränderter Höhe (MdE 20 v.H.) weitergezahlt werden und gab am 18.08.2010 eine entsprechende schriftliche Verpflichtungserklärung ab.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Das dagegen am 03.12.2010 vor dem Sozialgericht Mannheim eingeleitete Klageverfahren S 10 U 4319/10 blieb nach Durchführung medizinischer Ermittlungen erfolglos (Urteil vom 11.01.2013). Die dagegen beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegte Berufung nahm der Kläger am 21.08.2013 zurück.

Während des Klageverfahrens kamen der Beklagten ausweislich eines Aktenvermerks vom 20.04.2012 Zweifel am Vorliegen eines Arbeitsunfalls. Der Kläger sei noch im Haus gewesen, als er hingefallen sei. Hinsichtlich der Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall genieße er aber Vertrauensschutz, so dass ihm die Leistung nicht entzogen werden könne, vielmehr nach § 48 Abs. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) eingefroren werden müsse. Über ihre Zweifel informierte die Beklagte sowohl den Kläger als auch das Sozialgericht Mannheim und leitete entsprechende Ermittlungen zum Unfallort ein. Deren Ergebnis fasste der Sachbearbeiter in einem weiteren Aktenvermerk vom 17.09.2012 dahingehend zusammen, es müsse davon ausgegangen werden, dass sich die Treppe, auf der sich der Sturz ereignet habe, noch innerhalb des Wohnhauses befinde, so dass für den Unfall kein Versicherungsschutz bestehe.

Mit Bescheid vom 25.02.2014 stellte die Beklagte nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 25.09.2012 fest, die Bescheide vom 16.09.2008 und 27.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2010 seien insofern fehlerhaft, als das Vorliegen der Leistungspflicht dem Grunde nach anerkannt worden sei, denn bei dem erlittenen Unfall habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt. Die Leistungspflicht für den Unfall vom 06.12.2007 werde daher abgelehnt. Nach § 48 Abs. 3 SGB X würden zukünftige Änderungen zu keinem Wiederaufleben der Verletztenrente führen.

Mit weiterem Bescheid vom 25.07.2014 forderte die ...

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