Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der Geschäftsgebühr im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren

 

Orientierungssatz

1. Bei der Höhe der vom Anwalt verdienten Geschäftsgebühr im Widerspruchsverfahren ist grundsätzlich die sog. Schwellengebühr in Höhe von 240,- €. in Ansatz zu bringen. Diese ist für einen keine Besonderheiten aufweisenden Normalfall ohne weitere Darlegungslast in dieser Höhe zu vergüten.

2. Ein über die Schwellengebühr hinausgehender Kostenerstattungsanspruch lässt sich aus einem besonderen Haftungsrisiko des Anwalts grundsätzlich nicht begründen.

3. Nur der objektive Schwierigkeitsgrad und der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit rechtfertigt den Ansatz einer höheren Gebühr als der Schwellengebühr. Dabei ist die Bedeutung der Sache für den Versicherten mit zu berücksichtigen.

4. In einem Widerspruchsverfahren über die Weitergewährung einer Erwerbsminderungsrente sind vom Anwalt medizinische Ermittlungen zu bewerten, die einen Abgleich von Gutachten mit zuvor eingeholten Befundberichten und erstatteten Sachverständigengutachten erforderlich machen. Angesichts eines überdurchschnittlichen Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit und der Bedeutung der Sache für den Versicherten ist der Ansatz einer Geschäftsgebühr von 400,- €. gerechtfertigt.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.11.2006 abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit das Sozialgericht die Beklagte zur Zahlung von Zinsen verurteilt hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe dem Kläger Kosten eines (isolierten) Widerspruchsverfahrens zu erstatten sind.

Anlässlich des streitbefangenen Widerspruchsverfahrens wurde darüber gestritten, ob der Kläger die (Weiter-) Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31.05.2005 hinaus beanspruchen kann. Der im Jahre 1958 geborene Kläger war zuletzt als Berufskraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Nach erfolglosem Rentenantrag im Jahre 1999 und Durchführung eines medizinischen Heilverfahrens vom 09.01. bis 06.03.2001 in der Klinik P in A beantragte der Kläger am 08.03.2001 (erneut) die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht der vorgenannten Klinik vom 19.03.2001 bei, wonach der Kläger insbesondere aufgrund seiner psychiatrischen Gesundheitsstörungen nur noch in der Lage war, körperlich leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang von zwei Stunden bis unter halbschichtig täglich zu verrichten. Mit Bescheid vom 24.08.2001 bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.10.2001 bis (zunächst) zum 30.06.2002, die in der Folgezeit nach Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte des Klägers bis zum 31.05.2005 weiter bewilligt wurde. Im Zuge der Überprüfung des Anspruchs auf Gewährung der Rente über diesen Zeitpunkt hinaus holte die Beklagte medizinische Gutachten von dem Arzt für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin Dr. L vom 06.12.2004 und von dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin Dr. T vom 26.11.2004 ein, die den Kläger übereinstimmend noch für fähig hielten, leichte bis mittelschwere Arbeiten täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Daraufhin lehnte die Beklagte die Gewährung der Rente wegen Erwerbsminderung über den 31.05.2005 hinaus durch Bescheid vom 04.01.2005 ab.

Gegen diesen Bescheid richtete sich der am 18.01.2005 eingegangene Widerspruch des Klägers. Nach Beiziehung der Verwaltungsakten der Beklagten begründete seine Bevollmächtigte den Widerspruch mit einem dreiseitigen Schriftsatz vom 23.02.2005, in dem sie detailliert zu den eingeholten Gutachten und den verschiedenen vorliegenden Befundberichten der behandelnden Ärzte des Klägers Stellung nahm. Die Beklagte holte daraufhin von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. X und von dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. M, der weitere medizinische Unterlagen übersandte, Befundberichte vom 18.06.2005 und 09.06.2005 ein und veranlasste anschließend eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch die Fachärztin für Nervenheilkunde Dr. K. Diese Ärztin gelangte in ihrem Gutachten vom 29.08.2005 zu der Beurteilung, dass der Kläger für die Dauer voraussichtlich eines Jahres weiterhin nur in der Lage sei, unter drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Mit Bescheid vom 25.11.2005 half die Beklagte daraufhin dem Widerspruch des Klägers ab und bewilligte ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit über den 31.05.2005 hinaus bis zum 31.05.2007.

Die Bevollmächtigte des Klägers berechnete ihre Gebühren für das Widerspruchsverfahren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) mit 510,98 EUR (Verfahrensgebühr (Widerspruchsverfahren) 400,00 EUR, 41 Kopien 20,50 EUR, Post - und Telekommunikationspauschale 20,00 EUR, Umsatzsteuer ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?