Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderung der Überzahlung aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses

 

Orientierungssatz

1. Die Zahlung aufgrund einer Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses stellt keine Sozialleistung dar, deren Rückforderung auf Normen des SGB 10 gestützt werden kann.

2. Zur Frage, ob bzw unter welchen Voraussetzungen der Drittschuldner eine Überzahlung im Wege eines Verwaltungsaktes vom Gläubiger zurückfordern kann.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.07.2001; Aktenzeichen B 4 RA 102/00 R)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Rückforderungsbescheides der Beklagten.

Die Schuldnerin des Klägers, K D, erhält von der Beklagten eine Altersrente und eine Witwenrente aus der Versicherung des H D. Der Kläger erwirkte gegen die Schuldnerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über einen pfändbaren Gesamtbetrag von 45.759,26 DM, mit dem Ansprüche der Schuldnerin gegen die Beklagte aus der Witwenrente gepfändet wurden. Aufgrund des Überweisungsbeschlusses führte die Beklagte ab dem 01.03.1991 monatlich Beträge an den Kläger ab.

Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 31.01.1994 mitgeteilt hatte, dass in der Zeit vom 01.06.1993 bis zum 31.12.1993 eine Übertilgung in Höhe von 11.333,50 DM eingetreten sei, forderte sie den Kläger mit Bescheid vom 13.07.1994 zur Rückzahlung dieses Betrages auf.

Der gegen diesen Bescheid eingelegte Widerspruch wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass zwischen der Beklagten und dem Kläger eine öffentlich-rechtliche Beziehung bestehe, weil die Pfändung des Rentenanspruchs und die Überweisung an den Pfandgläubiger zur Einziehung die Rechtsnatur des gepfändeten Anspruchs nicht ändere. Lediglich die Zuständigkeit zur Einziehung der Forderung gehe vom Rentenberechtigten auf den Pfandgläubiger über.

Mit der am 13.04.1995 erhobenen Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass die Beklagte ihre Rückforderungsansprüche nicht im Wege des Verwaltungsaktes geltend machen dürfe. Es könne allenfalls der Zivilrechtsweg beschritten werden.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 13.07.1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.1995 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat darauf verwiesen, dass gegen den Kläger als Pfandgläubiger ein durch § 50 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) nicht verdrängter allgemeiner öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch bestehe.

Mit Urteil vom 13.08.1997 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 13.07.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.03.1995 aufgehoben. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Im Berufungsverfahren vertritt die Beklagte die Auffassung, dass die Auszahlung eines Teiles der Rente auf Grund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses keine Sozialleistung im Sinne des Sozialgesetzbuchs darstelle und ihre Rückforderung daher nicht auf Normen des Sozialgesetzbuchs, insbesondere nicht auf § 50 Abs. 2 SGB X, gestützt werden könne. Dennoch sei festzustellen, dass die Zahlungen, die zugunsten des Klägers von ihr erbracht worden seien, zwar nicht soziale, so doch allgemein öffentlich-rechtliche Leistungen darstellten. Sie seien jedenfalls nicht dem Zivilrecht zuzuordnen und ihre Rückabwicklung dürfe nach den Maßgaben und mit dem Instrumentarium des öffentlichen Rechts erfolgen. Sie stütze ihren Anspruch daher auf den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Dieser gelte auch nach Kodifikation des SGB X insoweit fort, als die vorgenannten Regelungen Lücken ließen. Der Fall einer Rückabwicklung zuviel gezahlter Beträge im Zusammenhang mit einem auf eine Sozialleistung gerichteten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss bilde eine solche Lücke. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch könne im Wege des Verwaltungsaktes geltend gemacht werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 13. August 1997 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält es für entscheidend, dass zwischen ihm und der Beklagten kein sozialrechtliches Leistungsverhältnis bestehe. Die Zahlung an ihn sei aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erfolgt. Durch die Überweisung der Forderung zur Einziehung werde er als Vollstreckungsgläubiger nicht zum Inhaber der Forderung. Diese bleibe vielmehr im Vermögen der Vollstreckungsschuldnerin. Er sei mithin nicht in die Rechtsposition der Vollstreckungsschuldnerin getreten. Daher sei das Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und ihm zivilrechtlicher Natur. Die Beklagte habe die Zahlungen nicht aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Versicherungsverhältnisses mit einem Mitglied vorgenommen. Vielmehr erfolgte diese aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, der wiederum die Vollstreckungskonsequenz einer zivilrechtlichen Entscheidung zwischen ihm und seiner Schuldnerin gewesen sei.

Der weiteren Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakten, den der beigezogen...

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