Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegeversicherung. Doppelrentnerin. Ende der Pflichtversicherung einer Bezieherin einer deutschen Rente mit Wohnsitz in Mitgliedstaat ≪hier: Spanien≫ mit Hinzutreten des Anspruchs auf Rente von dem EU-Mitgliedstaat. keine europarechtlichen Bedenken gegen Beendigung der Mitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung im Falle des Wegfalls der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. sozialgerichtliches Verfahren. Entscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde
Orientierungssatz
1. Die Entscheidungsbefugnis der Widerspruchsbehörde ist auf den durch den Widerspruch vorgegebenen Rahmen beschränkt. Die Widerspruchsbehörde darf einen Widerspruch nicht zum Anlass nehmen, rechtlich selbstständige Regelungen zu treffen, die über den Inhalt des angefochtenen Verwaltungsakts hinausgehen.
2. Die Pflichtversicherung einer Bezieherin einer deutschen Rente mit Wohnsitz in Spanien in der sozialen Pflegeversicherung endet (rückwirkend) mit dem Hinzutreten des Anspruchs der Rentnerin auf eine spanische Rente.
3. Europarechtliche Bedenken dagegen, den Schutz in der sozialen Pflegeversicherung gemeinsam mit dem Schutz in der gesetzlichen Krankenversicherung entfallen zu lassen, sind nicht ersichtlich (vgl LSG Essen vom 21.11.2019 - L 5 P 19/17 - juris RdNr 72 ).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.06.2020 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die der Klägerin entstandenen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu 1/5.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten seit dem 01.06.2017 im Streit.
Die am 10.08.1952 geborene Klägerin ist spanische Staatsangehörige und war zuletzt bis zum 30.09.1994 bei der damaligen D. Q., deren Rechtsnachfolgerin die D. Nordwest (im Folgenden: KK) ist, krankenversichert. Nach ihrem Umzug nach Spanien war sie ab dem 03.10.1994 in Spanien beschäftigt bzw. arbeitslos und seitdem dort krankenversichert bzw. berechtigt, dort Sachleistungen bei Krankheit geltend zu machen. Am 10.08.2017 beantragte die Klägerin sowohl die spanische als auch die deutsche Altersrente. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Z. bewilligte der Klägerin rückwirkend ab dem 01.06.2017 die deutsche Altersrente (Bescheid vom 28.11.2017). Das Instituto I. (INSS) bewilligte ihr rückwirkend ab dem 11.08.2017 die spanische Altersrente (Bescheid vom 12.01.2018). Seit dem 11.08.2017 ist die Klägerin aufgrund des Rentenbezugs in Spanien weiterhin krankenversichert.
Mit am 17.01.2018 bei der KK eingegangenem Schreiben vom 04.01.2018 beantragte die Klägerin u.a. bei der Beklagten die Anerkennung und Durchführung der Mitgliedschaft zur Pflegeversicherung. Die KK zog eine Auskunft (mit Versicherungsverlauf) der DRV Z. vom 30.01.2018 bei und lehnte den Antrag der Klägerin ab, weil die Vorversicherungszeiten nicht erfüllt seien (Bescheid vom 06.02.2018). Mit am 01.03.2018 bei der KK eingegangenem Schreiben vom 23.02.2018 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen Angaben zu ihrer Vorversicherung machte. Sie legte einen vom "M.° R., U." gestempelten "Fragebogen für die deutsche Rentnerkrankenversicherung" vom 15.03.2018 vor. Die KK holte Auskünfte (E 210, E 211 und E 104) des spanischen Versicherungsträgers (INSS T.) vom 09.04.2018 und vom 10.04.2018 ein und nahm den Bescheid vom 06.02.2018 zurück. Zugleich lehnte sie (auch im Namen der Beklagten) den Antrag der Klägerin (erneut) ab. Zwar seien die Voraussetzungen für die Durchführung der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) ab dem 10.08.2017 dem Grunde nach erfüllt. Jedoch sei die Klägerin aufgrund des Bezuges der spanischen Rente in Spanien und nicht in Deutschland krankenversichert, weshalb auch die Versicherung in der sozialen Pflegeversicherung nicht erfolgen könne (Bescheid vom 11.04.2018). Hierzu führte die Klägerin aus, in Spanien gebe es keine Pflegeversicherung, weshalb sie in der sozialen Pflegeversicherung in Deutschland als Pflichtmitglied (alternativ jedenfalls freiwillig) zu versichern sei. Allein durch die Beantragung der Altersrente sei sie kraft Gesetzes Pflichtmitglied (der KK und der Beklagten) in der Kranken- und Pflegeversicherung geworden. Gegen den Bescheid vom 11.04.2018 legte sie Widerspruch ein (am 27.04.2018 bei der Beklagten eingegangenes Schreiben vom 19.04.2018). Gleichzeitig beantragte sie bei der Beklagten (hilfsweise) die freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft zur Pflegeversicherung. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 17.05.2018) und wiederholte im Wesentlichen das bisherige Vorbringen. Darüber hinaus führte er aus, auch eine freiwillige Versicherung komme nicht in Betracht, da die Klägerin zuletzt nicht in Deutschland gesetzlich kranken- und pflegeversichert gewesen sei und der Antrag auch nicht binnen eines Monats nach Ausscheiden aus de...