Entscheidungsstichwort (Thema)
Sanktionierung des Arbeitslosen bei dessen Weigerung, die im Eingliederungsbescheid festgelegten Pflichten zu erfüllen
Orientierungssatz
1. Der Grundsicherungsberechtigte begeht eine nach § 31 Abs. 1 S. 1 SGB 2 zur Sanktion führende Pflichtverletzung, wenn er sich weigert, in dem Eingliederungsbescheid festgelegte Pflichten zu erfüllen.
2. Voraussetzung für die Annahme einer Pflichtverletzung nach § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 2 ist die Rechtmäßigkeit und Vollziehbarkeit des Eingliederungsbescheides.
3. Für die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsbescheides ist entscheidend, dass dem an den Hilfebedürftigen gerichteten Verlangen des Grundsicherungsträgers eine mit diesem in Zusammenhang stehende, angemessene und konkret bestimmte Gegenleistung der Behörde gegenübersteht. Dem Arbeitslosen ist u. a. zumutbar, dass er pro Monat fünf Bewerbungen tätigt, diese in einem Aktionsplan festhält und dem Leistungsträger vorlegt.
4. Die Übernahme von Kosten für Bewerbungen und Fahrtkosten durch den Grundsicherungsträger steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den dem Arbeitslosen auferlegten Obliegenheiten. Ein pauschal gewährter Betrag von 5.- €. für eine Bewerbung ist ausreichend.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 06.09.2017 wird zurückgewiesen. Die Klage vom 06.09.2018 wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Sanktionsbescheides, einen Anspruch des Klägers auf Vorlage einer Urkunde und einen Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Rechtsauskunft.
Der 1973 geborene Kläger ist diplomierter Wirtschaftsingenieur. Er ist alleinstehend und bezieht vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Kosten für Unterkunft und Heizung macht er nicht geltend.
Mit Bescheid vom 11.04.2016 stellte der Beklagte eine Minderung der Leistungen des Klägers für den Zeitraum vom 01.05.2016 bis zum 31.07.2016 iHv 30 Prozent des gemäß § 20 SGB II maßgeblichen Regelbedarfs fest. Ein gegen diesen Bescheid gerichtetes Widerspruchs- und Klageverfahren (Sozialgericht Aachen - S 8 AS 590/16) endete durch Klagerücknahme. Am 26.08.2016 fand ein Beratungsgespräch zwischen dem Beklagten und dem Kläger mit dem Inhalt einer möglichen Integration des Klägers in den Arbeitsmarkt statt. Der Kläger erklärte bei diesem Gespräch, er wolle keine Eingliederungsvereinbarung mit dem Beklagten abschließen. Er sei ohne weiteres in der Lage, eine Stelle zu finden, lehne das aktuelle Wirtschaftssystem aber ab. Der Beklagte übergab dem Kläger bei dem Termin den Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung und setzte ihm eine Frist bis zum 31.08.2016 für die Entscheidung, ob er diese unterschreiben wolle. Der Kläger reagierte nicht. Mit Bescheid vom 13.09.2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen in Höhe des Regelbedarfs iHv 404 EUR monatlich vom 01.10.2016 bis zum 31.12.2016 und iHv 409 EUR vom 01.01.2017 bis zum 30.09.2017.
Am 14.09.2016 erließ der Beklagte einen Eingliederungsbescheid für den Zeitraum vom 14.09.2016 bis zum 31.03.2017. Der Beklagte verpflichtete den Kläger u.a. dazu, sich bis zum 01.10.2016 dreimal und in der Folge monatlich fünfmal bis zum Ersten des jeweils nächsten Kalendermonats um eine Arbeitsstelle zu bewerben, diese Bewerbungen in einem sogenannten Aktionsplan festzuhalten und diesen im Zeitraum zwischen dem 01.10.2016 und dem 01.03.2017 zum Ersten eines jeden Monats unaufgefordert beim Beklagten einzureichen. Der Beklagte verpflichtete sich, dem Kläger Bewerbungsgespräche anzubieten, ihn pro schriftlicher Bewerbung mit einem Betrag von 5 EUR (bis zu 300 EUR insgesamt im Jahr) zu unterstützen, Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen zu erstatten, das Bewerberprofil des Klägers mit Stellenangeboten abzugleichen, ihn für geeignete Stellen vorzuschlagen und bei entsprechenden Voraussetzungen über einen Eingliederungszuschuss oder Einstiegsgeld zu unterstützen. Der Bescheid enthält eine Rechtsfolgenbelehrung, die den Kläger darauf hinweist, dass der ihm in seinem letzten Leistungsbescheid gewährte Regelbedarf für die Dauer von drei Monaten um 60 Prozent gekürzt werde, sofern er ohne wichtigen Grund gegen eine durch den Eingliederungsbescheid auferlegte Pflicht verstoße. Eine gegen den Bescheid vom 14.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2016 beim Sozialgericht Aachen erhobene Klage (S 2 AS 950/16, Urteil vom 26.01.2017) sowie eine Berufung (L 2 AS 488/17, Urteil vom 31.08.2017) blieben erfolglos, ebenso eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG (B 14 AS 360/17 B, Beschluss vom 31.08.2017). Der Kläger wies bis zum 01.10.2016 gegenüber dem Beklagten keine Bewerbungsbemühungen nach. Mit Bescheid vom 12.10.2016 stellte der Beklagte eine Minderung der Leistungen vom 01.11.2016 bis zum 31.01.2017 iHv 60 Prozent des gemäß § 20 SGB II maßgeblichen Regelbedarfs fest....