Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfeanspruch. Ruhen. Aufforderung zur Stellung eines Rentenantrags. Verwaltungsakt. niedrigerer Rentenzahlbetrag. Ermessensausübung bei atypischen Fällen. Arbeitslosigkeit. Verfügbarkeit
Orientierungssatz
1. Die Bundesanstalt für Arbeit hat im Rahmen der Aufforderung zur Rentenbeantragung iS des § 202 Abs 1 S 1 SGB 3 Ermessen auszuüben, wenn ein atypischer Sachverhalt vorliegt (Anschluss an BSG vom 27.7.2000 - B 7 AL 42/99 R = BSGE 87, 31 = SozR 3-4100 § 134 Nr 22).
2. Bereits erhebliche Leistungsunterschiede zwischen der Arbeitslosenhilfe und der Altersrente begründen die Atypik des Sachverhalts.
3. Durch die beständige Ablehnung, einen Rentenantrag zu stellen, und die Verfolgung eines Arbeitslosenhilfeanspruches dokumentiert der Arbeitslose, nicht aus der Betreuungszuständigkeit der Bundesanstalt für Arbeit ausscheiden zu wollen, und ferner, dass er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht sowie arbeitsfähig und -bereit ist.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Der ....1938 geborene Kläger ist britischer Staatsangehöriger. Er war von 1953 bis Januar 1987 in Großbritannien beitragspflichtig beschäftigt.
Anschließend arbeitete er von Januar 1987 bis Januar 1989 versicherungspflichtig in der Bundesrepublik Deutschland. Seit dem 24.01.1989 bezog er von der Beklagten durchgehend Leistungen -- zuletzt ab 01.01.1998 Alhi für den Bewilligungsabschnitt bis 31.12.1998 (Bescheid vom 24.01.1998). Die Beklagte forderte ihn mit Schreiben vom 22.04.1998 auf, innerhalb eines Monats nach Zugang des Schreibens die Altersrente zu beantragen; andernfalls ruhe der Anspruch auf Alhi ab dem Tag nach Ablauf der Frist. Der Kläger verwies mit Schreiben vom 04.05.1998 darauf, dass er erst ab 09.05.2003 einen Anspruch auf Altersrente ohne Rentenminderung habe. Er bezog sich auf einen Versicherungsverlauf der Landesversicherungsanstalt (LVA) H vom 16.12.1996, nach dem er weder die Wartezeit für eine Rente wegen Arbeitslosigkeit noch für langjährig Versicherte erfüllt habe. Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Rentenversicherungsträger mit, der Kläger könne frühestens ab 01.06.1998 eine Rente ohne Abschläge beziehen. Die Beklagte forderte ihn daraufhin mit Schreiben vom 19.06.1998 auf, die Rente bis zum 10.07.1998 zu beantragen. Der Kläger lehnte dies mit Schreiben vom 30.06./02.07.1998 mit der Begründung ab, ihm stände lediglich eine Rente in Höhe von 122,97 DM zu. Die britische Altersrente könne er frühestens ab Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nehmen. Die Beklagte hob daraufhin durch Bescheid vom 08.07.1998 die Bewilligung der Alhi mit Wirkung ab 01.07.1998 auf, weil sich der Kläger geweigert habe, die Rente zu beantragen, obwohl ihm diese ab 01.06.1998 ohne Abschläge zustehe. Der Kläger erhob gegen diesen Bescheid am 14.07.1998 Widerspruch. Er führte aus, die Beklagte könne ihn nicht auf die Beantragung der Altersrente verweisen, da ihm hierdurch die Lebensgrundlage entzogen werde. Sie habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass sich seine Altersversorgung aus Rentenansprüchen in Großbritannien und der Bundesrepublik Deutschland zusammensetze. Aus diesem Grunde könne er erst ab 01.06.2003 eine Rente ohne Abschläge beziehen, nicht bereits ab 01.06.1998. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Bescheid vom 09.07.1999 zurück (zugestellt am 13.07.1999).
Hiergegen richtet sich die am 20.07.1999 erhobene Klage. Der Kläger hat zu deren Begründung seine bisherige Auffassung wiederholt. Er hat ergänzend vorgetragen, dass er seit Einstellung der Alhi von Sozialhilfe lebt. Er habe bisher keinen Rentenantrag gestellt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.07.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.07.1999 zu verurteilen, ihm über den 30.06.1998 hinaus weiter Arbeitslosenhilfe nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide für Rechtens gehalten und ergänzend vorgetragen, die Ansprüche auf eine ungekürzte Altersrente seien nach deutschem Recht ab 01.06.1998 erfüllt. Bei der Wartezeiterfüllung habe die LVA H die britischen Beitragszeiten einbezogen. Es müsse schließlich auch berücksichtigt werden, dass der Kläger sein Bewerberangebot nicht rechtzeitig erneuert habe und dieses deswegen ab 11.02.1999 abgesetzt worden sei.
Auf Anfrage des Sozialgerichts hat die LVA Hamburg unter dem 13.10.1999 mitgeteilt, dass der Kläger ohne Berücksichtigung der britischen Versicherungszeiten keinen Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit habe, weil er in der deutschen Rentenversicherung lediglich 103 Kalendermonate einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zurückgelegt habe.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 08.05.2000 insoweit stattgegeben, als es die ang...