Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Vergütung einer ambulanten Notfallbehandlung iSd § 76 Abs 1 S 2 SGB 5. Abgrenzung. vorstationäre Behandlung. Abklärungsuntersuchung. Abrechnung als vertragsärztliche Versorgung
Orientierungssatz
Zur Abgrenzung einer ambulanten Notfallbehandlung iSd § 76 Abs 1 S 2 SGB 5 zu einer vorstationären Behandlung bzw Abklärungsuntersuchung.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 07.09.2020 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren festgesetzt auf 348,69 EUR.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vergütung von drei Behandlungsfällen als Abklärungsuntersuchung.
Die Klägerin ist Trägerin eines nach § 108 Nr 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassenen Krankenhauses, in dem die drei bei der Beklagten versicherten Patienten wie folgt - jeweils ohne vertragsärztliche Verordnung einer stationären Krankenhausbehandlung - in der Notfallambulanz des Krankenhauses behandelt wurden:
a. Die Versicherte U Z stellte sich am 20.02.2018 gegen 16:00 Uhr aufgrund kolikartiger Schmerzen im Haus der Klägerin vor. In der Notfallambulanz wurden ein CT des Abdomens und Laboruntersuchungen veranlasst, woraufhin die behandelnden Ärzte die Diagnose eines Harnleitersteins links mit Harnaufstau 3. Grades stellten. Da die Einrichtung der Klägerin nicht über eine Fachabteilung für Urologie verfügte, wurde die Versicherte nach intravenöser Schmerzmittelgabe am selben Tage zur Weiterbehandlung in die Klinik für Urologie des F Krankenhauses Oberhausen verwiesen und dort am nächsten Morgen operiert. Mit Rechnung vom 22.05.2018 forderte die Klägerin für die Behandlung einen Betrag iHv 334,55 EUR auf Basis der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ).
b. Die Versicherte F1 H wurde am 27.04.2018 kurz nach 19:00 Uhr mit dem Krankentransportwagen wegen starker Flankenschmerzen links in die klägerische Klinik eingeliefert. Bei ihrer Untersuchung und einer Sonographie in der Notfallambulanz der Klägerin zeigten sich eine Nierenstauung zweiten Grades links, mehrere Phlebolithen sowie der Verdacht auf ein Ureterstein links. Auch diese Versicherte wurde nach intravenöser Schmerzmittelgabe noch am selben Tage direkt an die Urologische Abteilung des F Krankenhauses Oberhausen verwiesen und dort am Folgetag operiert. Mit Rechnung vom 30.06.2018 forderte die Klägerin für die Behandlung einen Betrag iHv 347,39 EUR auf Basis der GOÄ.
c. Der Versicherte G H1 stellte sich am 20.05.2018 gegen 22:00 Uhr in der Notfallambulanz der Klägerin vor und wurde dort aufgrund seit 10 Wochen bestehender Durchfälle und des Verdachts auf Rezidiv einer Clostridien-Infektion sowie akuter Übelkeit und Schwindel bei einem RR von 80/40 mmttg untersucht. Es wurde ein EKG durchgeführt und intravenös Flüssigkeit substituiert. Nachdem sich bessere Blutdruckwerte, jedoch laborchemisch erhöhte Kreatinin- sowie Entzündungswerte zeigten, welche den Verdacht auf eine erneute Clostridien-Infektion verstärkten, veranlassten die behandelnden Ärzte die Weiterbehandlung des Versicherten im L Krankenhaus in Mülheim. Mit Rechnung vom 30.06.2018 forderte die Klägerin für die Behandlung einen Betrag iHv 109,88 EUR auf Basis der GOÄ.
Die Beklagte bezahlte die Rechnungen nicht, da sie der Auffassung war, dass eine Abrechnung einer vorstationären Untersuchung nicht zulässig sei, da in allen drei Fällen keine vertragsärztliche Verordnung vorgelegen habe.
Am 10.01.2019 hat die Klägerin daher vor dem Sozialgericht Duisburg (SG) Klage erhoben und vorgetragen, sie habe Anspruch auf Zahlung von 791,82 EUR.
Eine vertragsärztliche Verordnung sei in allen drei Fällen nicht erforderlich gewesen sei, da sie keine vorstationäre Leistung im Sinne des § 115a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erbracht, sondern vielmehr eine stationäre Krankenhausbehandlung eingeleitet habe. Das Bundessozialgericht (BSG) habe mit Urteil vom 19.06.2018 (B 1 KR 26/17 R - juris) darauf hingewiesen, dass jedes Krankenhaus bei ihm präsente Versicherte in Notfällen unmittelbar behandeln müsse. Sofern ein Krankenhaus dann bei der Erstuntersuchung feststelle, dass eine Krankenhausbehandlung erforderlich sei, solle und dürfe das Krankenhaus Versicherte behandeln, ohne eine vertragsärztliche Verordnung abwarten zu müssen. Dabei habe die Klägerin gemäß den Regelungen des Landesvertrages Nordrhein-Westfalen über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V (Landesvertrag) abgerechnet. In § 2 Abs 4 des Landesvertrages sei vorgesehen, dass die Abklärungsuntersuchung Bestandteil der Krankenhausbehandlung sei. Ergebe diese, dass eine Krankenhausbehandlung nur in einem anderen Krankenhaus erbracht werden könne, könnten die dabei erbrachten Leistungen nach den Bestimmungen gemäß Anlage 1 zum Landesvertrag auf Basis der GOÄ abgerechnet werden.
Auf einen Hinweis des SG hat die Klägerin die Rechnungen für die Versicherten Z (a) und H (b) auf einen Betrag...