Entscheidungsstichwort (Thema)

Künstlersozialversicherung. Publizist. keine Versicherungspflicht einer Übersetzerin von Broschüren und Bedienungsanleitungen für technische Anlagen

 

Orientierungssatz

1. Eine selbstständige Übersetzerin von Werbebroschüren, Betriebsanleitungen, technischen Ausführungen und dergleichen für technische Anlagen kann nicht als Publizistin iSv § 2 S 2 KSVG angesehen werden, weil es insoweit an der erforderlichen eigenschöpferischen Leistung fehlt. Sie unterliegt der Versicherungspflicht in der Künstlersozialversicherung.

2. Allein die Möglichkeit, dass die Sprache, in die übersetzt wird, für nichttechnische Begriffe alternative Übersetzungen zulässt, führt nicht aufgrund dieser "Wahlmöglichkeit" zu einer wesentlichen eigenschöpferischen Leistung des Übersetzers. Auch hinsichtlich der Werbeschriften bleibt aus Sicht des potenziellen Verbrauchers doch der technische Inhalt der wesentliche Bestandteil der Schrift, wo aber gerade diese Wahlfreiheit fehlt, so dass ein ausreichender Gestaltungsspielraum, der die Annahme einer publizistischen Leistung rechtfertigt, nicht verbleibt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.12.2006; Aktenzeichen B 3 KR 2/06 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10. November 2003 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die von der Klägerin einer selbständigen Übersetzerin gezahlten Honorare der Beitragspflicht zur Künstlersozialversicherung (KSV) unterliegen.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie, das Schaltanlagen entwickelt, herstellt und vertreibt. Die Bedienungsanleitung für diese Anlagen werden von der Klägerin durch ihre eigenen Mitarbeiter erstellt. Für Werbungszwecke erstellt sie Broschüren über ihre Produkte, bei denen Bilder und Texte aus den Bedienungsanleitungen Verwendung finden. Sowohl die Broschüren wie die Bedienungsanleitungen lässt die Klägerin durch eine selbständige Übersetzerin vorwiegend in die englische Sprache (daneben französisch, rumänisch, spanisch) übertragen. Auf Anfrage teilte die Klägerin der beklagten Künstlersozialkasse mit Schreiben vom 02.07.2001 mit, dass die Übersetzerin keinerlei gestaltenden Einfluss auf das zu übersetzende Werk ausüben könne und keinen gestalterischen Spielraum bei den von ihr zu übersetzenden Artikeln für die Fachpublikationen habe. Mit Bescheid vom 06.07.2001 erhob die Beklagte Beiträge in Höhe von 5.684,50 DM auf die von der Klägerin an die Übersetzerin gezahlten Honorare für die Jahre 1996 bis 2000.

Die Klägerin legte am 27.07.2001 Widerspruch ein und machte geltend, die Honorare seien ausschließlich für Übersetzungen von Fachpublikationen gezahlt worden, wobei die Übersetzerin keinerlei Einfluss auf das zu übersetzende Werk habe. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne diese nicht Texte in Form und Stil der Zielgruppe anpassen. Auf die graphische Gestaltung, Größe und Typ der Buchstaben nehme sie ebenfalls keinen Einfluss, weil diese allein mit der Firma Q abgestimmt würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte aus, sofern ein Übersetzer gestaltenden Einfluss auf das übersetzte Werk ausüben könne und einen gestalterischen Spielraum habe, seien seine Leistungen publizistischer Art. Ein solcher Gestaltungsspielraum sei nur bei einer absolut originalgetreuen Wiedergabe des Textes zu verneinen. Bei Prospekten, die im Rahmen der Werbung für das eigene Unternehmen erstellt würden, sei von einem erheblichen Gestaltungsspielraum auszugehen, da von dem Übersetzer erwartet werde, dass er "publikumswirksam" übersetze, also z.B. unter Verwendung einprägsamer Bilder und Idiome sowie der in der Übersetzungssprache üblichen Redewendungen.

Die Klägerin hat am 21.01.2002 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf mit dem Antrag erhoben, den Bescheid der Beklagten aufzuheben und dieser aufzugeben, von ihrer - der Klägerin - Heranziehung zur Zahlung einer Künstlersozialabgabe abzusehen. Sie hat geltend gemacht, sie erteile lediglich gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten, so dass sie nicht unter die Abgabepflicht nach dem Gesetz über die KSV (KSVG) falle. Die zur Übersetzung beauftragten Übersetzer seien keine Publizisten i.S. dieses Gesetzes. Weder auf Form noch auf Inhalte der Texte habe der Übersetzer Einfluss. Technische Fachbegriffe müssten nach der IEC-Richtlinie europaweit einheitlich übersetzt werden. Dies werde mit dem Auftrag eindeutig mitgeteilt. Entsprechendes gelte für die elektrischen Zeichen sowie die verwendeten Formeln. Eventuelle sprachstilistische Feinheiten seien vom Übersetzer nicht zu berücksichtigen. Idiome seien so zu übersetzen, wie sie laut Dictionary festgelegt seien.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Übersetzer sei wie ein Lektor oder Journalist tätig, der vorgegebene Texte bearbeite.

Das SG hat de...

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