Entscheidungsstichwort (Thema)
OPS-Kode 8-980. Kontinuierliche Überwachung. Kenntnis vom Gesundheitszustand des Patienten. Einbindung in das ärztliche Team. Vakanz auf der Intensivstation
Orientierungssatz
1. Die Höhe der Vergütung des Krankenhauses für die Behandlung eines Versicherten bemisst sich nach den §§ 109 Abs 4 S 3 SGB 5, 7 S 1 Nr 1 KHEntgG und 17b KHG. Der Erstattungsanspruch der Krankenkasse setzt voraus, dass das Krankenhaus im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht hat (vgl ua BSG vom 1.7.2014 - B 1 KR 62/12 R = BSGE 116, 138 = SozR 4-2500 § 12 Nr 4 RdNr 9)
2. Die Abrechnung des OPS-Kode 8-980 für eine Intensivüberwachung verlangt eine kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, welche in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen. Dabei muss eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation gewährleistet sein.
3. Die Kenntnis vom aktuellen Gesundheitszustand des Patienten auf der Intensivstation muss bei allen Mitgliedern des Teams einzeln und gleichzeitig vorliegen. Es reicht danach nicht aus, dass ein Diensthabender über die anstehenden Probleme informiert wird und sich dann wieder dem Nachtdienst in einer anderen Abteilung des Krankenhauses widmet. Der Arzt muss vollständig in das Team der Intensivstation eingebunden sein.
Normenkette
SGB V § 109 Abs. 4 S. 3; KHEntgG § 7 S. 1 Nr. 1; KHG § 17b
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.01.2015 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits auch für das Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.741,73 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Vergütung einer Krankenhausbehandlung i.H.v. 6.741,73 EUR.
Die Beklagte ist ein für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes (§ 108 SGB V) Krankenhaus.
Der bei der Klägerin Versicherte I L wurde in der Zeit vom 17.11. bis 06.12.2007 auf der Intensivstation der Beklagten wegen einer Pneumonie behandelt. Die noch im Jahr 2007 von der Beklagten gestellte Rechnung basierte u.a. auf der Codierung der Prozedur OPS-Kode 8-980 (intensivmedizinische Komplexbehandlung). Ohne Berücksichtigung des OPS-Kode 8-980 hätte sich ein um 6.741,73 EUR geringerer Rechnungsbetrag ergeben.
Unter dem 11.12.2009 erstellte der von der Beklagten hinzugezogene Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) nach einer Begehung der Räumlichkeiten der Beklagten eine Stellungnahme. Darin kam er zu dem Ergebnis, dass die strukturellen Merkmale des OPS-Kode 8-980 formal nicht erfüllt seien. Nicht in allen Fällen sei eine kontinuierliche ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation gewährleistet. Die Intensivstation sei bis zum Eintreffen des Hintergrunddienstes bzw. bis zur Rückkehr des auf der Intensivstation diensttuenden Anästhesisten, der seine Patienten kenne, dann nicht ärztlich besetzt, wenn der diensthabende Anästhesist z.B. eine Reanimation auf einer anderen Station durchführen müsse, wenn eine Notfalloperation erfolge oder wenn ein Notfallpatient in der Notaufnahme dringend versorgt werden müsse.
In einem Schreiben vom 14.01.2010 trug die Beklagte ihre schon anlässlich der Begehung gegenüber den Ärztinnen des MDK vorgetragenen Einwände nochmals vor:
- Reanimationen auf einer anderen Station würden außerhalb der Kernarbeitszeiten (Nacht- und Wochenenddienst) durch die chirurgischen und internistischen diensthabenden Kollegen durchgeführt. Im Falle einer notwendigen Reanimation, die mit Hilfe eines Anästhesisten auf einer anderen Station außerhalb der Intensivstation durchgeführt werden müsse, werde der diensttuenden Anästhesist durch den internistischen Kollegen, der intensivmedizinisch erfahren sei und die aktuellen Krankheitsbilder der Patienten auf der Intensivstation kennte, auf der Intensivstation abgelöst. Aus diesem Grund würden auch täglich gemeinsame interdisziplinäre Intensivvisiten sowie gemeinsame Übergabevisiten durchgeführt. Die diensttuenden Bereitschaftsdienste außerhalb der Kernarbeitszeit seien vollumfänglich über die aktuellen Krankheitsbilder der intensivpflichtigen Patienten informiert.
- Im Fall einer Notfalloperation werde der fachärztlich besetzte Hintergrunddienst, welcher innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Zeitvorgabe, das Krankenhaus erreiche, informiert. Der diensttuende internistische Bereitschaftsdienst löse den Anästhesisten im Überbrückungszeitraum bis zum Eintreffen des fachärztlich besetzten Rufdienstes auf der Intensivstation ab. Erst nach Eintreffen des internistischen Bereitschaftsdienstes verlasse der anästhesiologische Kollege die Intensivstation.
- Notfallpatienten in der Ambulanz, die dringend einer anästhesiologischen Behandlung bedürften, würden auf der Intensivstation weiterversorgt. Ein ents...