Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Vergütung des Krankenhauses für eine intensivmedizinische Komplexbehandlung des Versicherten
Orientierungssatz
1. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses für eine stationäre Behandlung des Versicherten richtet sich nach §§ 109 Abs. 4 S. 3 SGB 5, 7 S. 1 KHEntgG, 17 b KHG i. V. m. dem Fallpauschalenkatalog.
2. Die Vergütung für eine intensivmedizinische Komplexbehandlung des Versicherten entsprechend DRG G36Z setzt die zulässige Kodierung des OPS 8-980 voraus.
3. Danach muss eine kontinuierliche 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen und eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation gewährleistet sein.
4. Verlässt ein Arzt die Intensivstation und befindet sich dort kein weiterer Arzt, so kann der Kode OPS 8-980 nicht abgerechnet werden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 23.01.2019 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 8.876,32 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Krankenhausvergütung in Höhe von 8.876,32 EUR.
In der Zeit vom 19.04.2010 bis zu seinem Tod durch Multiorganversagen am 03.06.2010 wurde der im Jahr 1937 geborene und bei der Beklagten versicherte J (Versicherter) stationär im klägerischen Krankenhaus behandelt. Vom 20.04.2010 bis zum 28.05.2010 erfolgte die Versorgung auf der Intensivstation.
Für die Behandlung des Versicherten forderte das klägerische Krankenhaus (Rechnung vom 06.09.2010) unter Zugrundelegung der DRG G36Z (Intensivmedizinische Komplexbehandlung ≫ 1104 Aufwandspunkte oder hochaufwändiges Implantat bei Krankheiten und Störungen der Verdauungsorgane) Vergütung in Höhe von insgesamt 44.111,07 EUR und rechnete dabei u.a. den OPS (2010) 8-980.31 (Intensivmedizinische Komplexbehandlung - 1381 bis 1656 Aufwandspunkte) ab.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit, dass sie einen Betrag in Höhe von 35.234,75 EUR zur Auszahlung bringen werde (Schreiben vom 05.10.2010). Die Rechnungskürzung (8.876,32 EUR) resultiere aus einer in einem anderen Behandlungsfall (Versicherte D) getroffenen Feststellung, dass die strukturellen Voraussetzungen für die Abrechnung des OPS "Intensivmedizinische Komplexbehandlung" nicht vorlägen.
Hinsichtlich dieses anderen, ebenfalls eine Behandlung auf der Intensivstation des klägerischen Krankenhauses im Jahr 2010 betreffenden Behandlungsfalles war der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) in seinem Gutachten vom 24.06.2010 zu dem Ergebnis gelangt, dass die für die Abrechnung des OPS 8-980 erforderlichen Merkmale "Kontinuierliche, 24-stündige Überwachung und akute Behandlungsbereitschaft durch ein Team von Pflegepersonal und Ärzten, die in der Intensivmedizin erfahren sind und die aktuellen Probleme ihrer Patienten kennen" sowie "Eine ständige ärztliche Anwesenheit auf der Intensivstation muss gewährleistet sein" im klägerischen Krankenhaus nicht erfüllt seien. Zur Begründung bezog sich der MDK auf die Antwort des Deutschen Institutes für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) (das seit dem 26.05.2020 zum Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte [BfArM] gehört) aus dem Jahr 2005 auf eine Kodierfrage zum OPS 8-980, wonach der Arzt "in das Team der Intensivstation eingebunden sein" und "innerhalb kürzester Zeit (etwa 5 Minuten) direkt handlungsfähig am Patienten sein" müsse. Er dürfte sich in einem Nebenraum ausruhen oder in einem anderen Bereich der Intensivstation beschäftigt sein. Nicht gemeint sei, dass er "neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle des Krankenhauses weitere Aufgaben erfüllen muss".
Auch nach Widerspruch des Chefarztes der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin Dr. O hielt der MDK an seiner Auffassung fest (Gutachten vom 05.10.2010).
Die Klägerin hat am 16.12.2014 Klage zum Sozialgericht Duisburg erhoben, mit der sie den Ausgleich der noch offenen Forderung in Höhe von 8.876,32 Euro begehrt hat. Das klägerische Krankenhaus erfülle in vollem Umfang die im Urteil des BSG vom 18.07.2013 - B 3 KR 25/12 R - genannten Voraussetzungen. Der Intensivmediziner Dr. O leite die Intensivstation und stelle sicher, dass dort ständig ein Intensivmediziner anwesend sei. Im Jahr 2010 sei auf der Intensivstation des klägerischen Krankenhauses ständig ein Anästhesist als Intensivmediziner eingeteilt; ein weiterer Anästhesist sei für die Betreuung der übrigen, nicht auf der Intensivstation befindlichen Patienten zuständig gewesen. Die Ärzte der Intensivstation seien nur für diese zuständig, betreuten keine anderen Stationen und müssten für solche auch keine Bereitschaftsdienste leisten. Wenn ein Arzt zu einer Reanimation außerhalb der Intensivstation eilen müsse, sei dort immer noch ein Arzt anwesend. Es mache me...