Entscheidungsstichwort (Thema)

Prämien des Verlages an Zeitungsausträger für die Werbung neuer Abonnenten als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt

 

Orientierungssatz

1. Zu den Einnahmen, die im Zusammenhang mit einer Beschäftigung erzielt werden, gehören auch solche aus einer selbständigen Tätigkeit in einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis. Ein solches besteht dann, wenn die selbständige Tätigkeit mit einer abhängigen Beschäftigung in einer solch engen Verbindung steht, dass sie nur aufgrund der abhängigen Beschäftigung ausgeübt werden kann und als Teil der abhängigen Beschäftigung erscheint.

2. Wird für die Werbung neuer Abonnenten durch den Zeitungszusteller die Betriebsorganisation der Vertriebsgesellschaft des Zeitungsverlages benutzt und würde die Werbeprämie ohne die Beschäftigung als Zusteller nicht gezahlt werden, so ist die erforderliche enge Verbindung zwischen abhängiger Zustellertätigkeit und selbständiger Werbetätigkeit zu bejahen.

3. Dabei ist unbeachtlich, dass die Werbeprämie wirtschaftlich von einem Dritten gezahlt wird. Die steuerrechtliche Behandlung der Prämien durch das Finanzamt ist für die Beurteilung der Arbeitsentgelteigenschaft im Sozialversicherungsrecht nicht maßgeblich.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.01.2006 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 17.781,85 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Prämien, die von einem Verlag an Zeitungszusteller für die Werbung neuer Abonnenten gezahlt werden, beitragspflichtiges Arbeitsentgelt sind.

Die Klägerin, die früher die Firma P GmbH & Co. KG Vertriebsgesellschaft für Tageszeitungen geführt hat, ist eine 100 %ige Tochter der T Expedition der L Zeitung GmbH & Co. KG (im Folgenden: Verlag T). Diese gibt die Tageszeitungen "L Stadtanzeiger" und "L Rundschau" heraus. Die Klägerin betreibt ein Unternehmen für den Vertrieb von Tageszeitungen. Sie beschäftigt etwa 2.500 bis 3.000 Arbeitnehmer als Zeitungszusteller. Neben den Produkten des Verlages T werden auch Zeitungen anderer Verlage durch die Zusteller ausgetragen. Eine arbeitsvertragliche Verpflichtung der Zusteller für werbende Tätigkeiten zu Gunsten des Verlages T oder der anderen Verlage besteht nicht. Den bei der Klägerin beschäftigten Zustellern wird aber durch den Verlag T die Möglichkeit eröffnet, neue Abonnenten zu werben und dadurch Werbeprämien zu erhalten. Auf diese Werbemöglichkeit wurden die Zusteller zum Einen durch Rundschreiben des Verlags, die über die Bezirks-/Bereichsleiter der Klägerin verteilt wurden aufmerksam gemacht, zum Anderen wurden die Zusteller über einen Beipack zu den Zeitungen informiert. Wenn ein Zusteller einen Interessenten für ein Probeabonnement gefunden hatte, teilte er dies über den Bezirks-/Bereichsleiter dem Verlag mit, der daraufhin Werbeexemplare zur Verfügung stellte. Nach Ablauf des 12-tägigen Probebezuges oblag es dem Zusteller, das Interesse des Beziehers des Probeabonnements an einer Bestellung zu klären. Kam ein Abonnement zustande, erhielten die Zusteller im streitbefangenen Zeitraum vom Verlag T eine Prämie von 50,00 DM bzw. bei Teilnahme des neuen Kunden am Lastschriftverfahren von 55,00 DM, die über die Klägerin ausgezahlt wurde.

Auf Grund einer Betriebsprüfung für den Zeitraum 31.12.1994 bis 31.12.1998 forderte die Beklagte von der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 34.777,88 DM (17.781,85 Euro) nach. Ein Teil der Forderung betrifft Beiträge wegen gezahlter Werbeprämien an eine Anzahl von Zustellern, darunter wegen einer im Februar 1998 erhaltenen Werbeprämie von 55,00 DM Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die (jetzige) Beigeladene zu 1) in Höhe von 23,06 DM. Die Klägerin legte Widerspruch ein, mit dem sie hinsichtlich der auf die Werbeprämien entfallenden Beiträge geltend machte, bei den Prämien handele es sich nicht um Arbeitsentgelt, da sie von dem rechtlich selbständigen Verlag für eine neben der Zustellertätigkeit ausgeübte selbständige Tätigkeit der Zusteller gezahlt würden. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Im Klageverfahren hat die Klägerin ihre Auffassung wiederholt, die Werbeprämien seien kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, da sie den Zustellern für eine neben der abhängigen Beschäftigung ausgeübten selbständigen Tätigkeit gezahlt werde. Die Zusteller entfalteten aktiv eigene Werbetätigkeiten, in die sie - die Klägerin - nicht eingebunden sei. Die Werbetätigkeit finde außerhalb der normalen Austragungszeiten statt und sei weder zeitlich noch organisatorisch in die Austragungstätigkeit eingebunden. Insoweit gehe die Berufung der Beklagten auf das Urteil des BSG vom 15.02.1989 (SozR 2200 § 165 Nr. 95) fehl, da das BSG in dieser Entscheidung ausdrücklich betont habe, dass ein Arbeitnehmer nebenher noch selbständig für den Arbeitgeber tätig sein könne. Insoweit sei mi...

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