Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung eines Geldinstituts zur Auskunft über den Namen und die Anschrift eines Kontobevollmächtigten als möglichen Verfügenden über eine fehlüberwiesene Rente iS von § 118 Abs 4 SGB 6
Orientierungssatz
1. Ein Geldinstitut hat die Verpflichtung, Auskunft über den Namen und die Anschrift eines Kontobevollmächtigten als möglichen Verfügenden über eine fehlüberwiesene Rente iS von § 118 Abs 4 SGB 6 zu geben.
2. Zwar bestimmt § 118 Abs 4 S 3 SGB 6 ausdrücklich nur, dass das Geldinstitut Name und Anschrift des "Empfängers" oder "Verfügenden" und "etwaiger neuer Kontoinhaber" zu benennen hat. Jedoch erfasst der Begriff "Verfügender" nach Sinn und Zweck der Vorschrift auch eine kontobevollmächtigte Person.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.04.2013 wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin anzugeben, ob eine Person verfügungsberechtigt über das Konto Nr 000 des verstorbenen Versicherten Q O war und, wenn eine Person verfügungsberechtigt war, den Namen und die Anschrift dieser Person zu benennen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 327,21 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der am 00.00.1911 geborene Versicherte Q O bezog von der Klägerin Altersruhegeld mit einem Zahlbetrag in Höhe von 327,62 EUR. Er verstarb am 27.09.2011. Die Rente für den Monat Oktober 2011 gelangte noch zur Auszahlung. Den Versicherten betreffende Nachlassvorgänge konnten nicht ermittelt werden (Auskunft des Amtsgerichts S vom 03.01.2012).
Aufgrund des Verlangens der Klägerin, die für den Monat Oktober 2011 zu Unrecht geleistete Rente zurückzuüberweisen, teilte die Beklagte mit, der Kontostand am 12.10.2011 - Tag des Eingangs des Rückforderungsersuchens - habe 0,41 EUR (Haben) betragen. Dieser Betrag werde überwiesen. Vor Eingang der Rente am 30.09.2011 habe der Kontostand 2.012,79 EUR (Haben) betragen. Vor Eingang des Rückforderungsverlangens seien Verfügung in einem Umfang von 2.340,00 EUR vorgenommen worden. Ausweislich der beigefügten Aufstellung der Beklagten über Kontobewegungen auf dem Konto des Versicherten wurden am 04.10.2011 zwei Auszahlungen an Geldautomaten in Höhe von jeweils 1.000,00 EUR und am 05.10.2011 in Höhe von 340,00 EUR vorgenommen. Als Verfügender ist benannt "Kontoinhaber". Auf eine Anfrage der Klägerin teilte die Beklagte mit Schreiben vom 29.11.2011 mit, dass das Girokonto noch nicht aufgelöst sei. Aus datenschutzrechtlichen Gründen dürfe sie keine Auskunft über kontoverfügungsberechtigte Personen geben. Sie sei nur befugt, Auskünfte zu Verfügungsberechtigten zu erteilen, wenn diese auch tatsächlich über die überzahlten Rentenbeträge verfügt hätten. Vorliegend seien Verfügungen mit der EC-Karte, ausgestellt auf Herrn Q O, unter Eingabe der Pinnummer, erfolgt. Über die Identität der verfügenden Person liege keine Information vor. Die Beklagte habe auch keine Kenntnis, dass sich eine nicht berechtigte Person in Besitz der EC-Karte und der dazugehörigen Geheimzahl befunden habe. Die Voraussetzungen zur Bekanntgabe von eventuellen Verfügungsberechtigten lägen demnach nicht vor.
Die Klägerin hat am 06.03.2012 Klage erhoben. Im Hinblick darauf, wer Verfügender sei bzw. als Verfügender in Anspruch genommen werden könne, komme es nicht darauf an, dass dieser aktiv über einen entsprechenden Betrag verfügt habe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 09.12.1988 - B 9 V 48/97 R) seien als kontoverfügungsberechtigte Personen allgemein Verfügungsberechtigte anzusehen, u.a. auch diejenigen, die eine Kontovollmacht besäßen. Ein Kontobevollmächtigter habe die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass Dritte nicht über das Konto verfügten oder Beträge in Empfang nähmen. Sie seien ggf. als Verfügende erstattungspflichtig und über sie sei von dem Geldinstitut Auskunft zu geben.
Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, dass ein Auskunftsanspruch nicht bestehe. Die Frage von EC-Kartenverfügungen mit PIN der verstorbenen Leistungsberechtigten durch unbekannte Dritte sei durch das BSG zwischenzeitlich geklärt (Urteil vom 22.04.2008 - B 52/4 R 79/06 R; Urteile vom 05.02.2009 - B 13/4 R 91/06 R und B 13 R 59/08 R). Der Rentenversicherungsträger müsse sich derartige Verfügungen durch Unbekannte als anderweitige Verfügungen entgegen halten lassen. Nichts anderes könne hinsichtlich des Auskunftsanspruchs gelten. Dem Rentenversicherungsträger seien auf Verlangen Name und Anschrift des Empfängers oder Verfügenden oder etwaiger neuer Kontoinhaber zu benennen. Dieser Verpflichtung sei die Beklagte nachgekommen. Sie, könne als Geldinstitut nur verpflichtet sein, Auskünfte über ihr bekannte Tatsachen zu erteilen. Es handle sich um eine Auskunftspflicht und nicht etwa um eine Informationsbeschaffungspflicht. Ihr sei unbekannt, welche Person die Geldautomatenverfügungen vorgenommen oder zugelassen habe. Ein Geldinstitut könne nur zur Bekanntgabe etwa vorhandener Kontobevollmächtigter verpflichtet seien, wenn entweder mit der ...