Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Zurückweisung eines Renten- und Pflegeberaters wegen fehlender Vertretungsbefugnis im Bereich des Schwerbehindertenrechts. Widerspruchsverfahren bezüglich der Zuerkennung des Merkzeichens "B". Begriff der Nebenleistungen iS des § 5 Abs 1 S 2 RDG. Berufsausübungsfreiheit
Orientierungssatz
1. Nach § 13 Abs 5 SGB 10 sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie entgegen § 3 RDG Rechtsdienstleistungen erbringen. Nach § 5 Abs 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören.
2. Will ein zugelassener Rentenberater Rechtsdienstleistungen auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts erbringen, so muss nach § 10 Abs 1 S 1 Nr 2 RDG ein konkreter Rentenbezug vorliegen. Nur wenn dies der Fall ist, erstreckt sich die Beratungsbefugnis des Rentenberaters auch auf das Schwerbehindertenrecht (hier verneint für die Vertretung in Widerspruchsverfahren bezüglich der Zuerkennung des Merkzeichens "B").
3. Die Tätigkeit als Pflegeberater entsprechend § 7a Abs 1 S 1 SGB 11 ist im Wesentlichen auf die Ermittlung des Bedarfs und die Initiierung von Leistungen kranker und pflegebedürftiger Personen nach dem SGB 5 und SGB 11 im Rahmen des Antragsverfahrens gerichtet.
4. Zum Begriff der "Nebenleistungen" iS des § 5 Abs 1 S 2 RDG.
5. Der vom Gesetzgeber beabsichtigte Schutz des Rechtssuchenden, des Rechtsverkehrs und der Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen stellt eine ausreichende Rechtfertigung für die Intensität des hier vorliegenden Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) von Rentenberatern im Bereich sozialrechtlicher Verwaltungsverfahren dar, soweit es diesen nach wie vor nicht erlaubt ist, als Bevollmächtigte ein Widerspruchsverfahren im Feststellungsverfahren nach dem SGB 9 zu betreiben.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.04.2017 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 309,40 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Zurückweisung des Klägers als Verfahrensbevollmächtigter im Widerspruchsverfahren.
Der Kläger ist Renten- und Pflegeberater. Mit Schreiben vom 18.06.2015 übersandte er der Beklagten einen Antrag auf Feststellung der Behinderung und der Merkzeichen G ("erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr"), aG ("außergewöhnliche Gehbehinderung"), B ("Berechtigung für eine ständige Begleitung") und H ("Hilflosigkeit") für seine Mandantin, Frau Q (Q), unter Hinweis auf eine beigefügte Vollmacht. Mit Bescheid vom 07.09.2015 stellte die Beklagte einen GdB von 60 und die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G ab Antragstellung fest. Hiergegen legte der Kläger im Auftrag der Q Widerspruch ein, mit dem er den Nachteilsausgleich B geltend machte.
Mit Schreiben vom 30.09.2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass das Tätigwerden eines Rentenberaters gemäß § 1 Abs 1 S 1 Nr 1 Rechtsberatungsgesetz in direktem Bezug zu einem Rentenverfahren stehen müsse. Registrierte Rentenberater seien in Angelegenheiten nach dem Schwerbehindertenrecht in Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren nur dann befugt aufzutreten, wenn ein konkreter Zusammenhang mit Rentenfragen bestünde. Bei dem durch den Kläger erhobenen Widerspruch in der Schwerbehindertenangelegenheit der Q könne ein konkreter Zusammenhang mit Rentenfragen allein schon deshalb nicht festgestellt werden, da es nicht mehr um die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft, sondern um die Feststellung weiterer Merkzeichen gehe. Der in der Funktion als Pflege- und Rentenberater erhobene Widerspruch sei daher nicht zulässig. Die Vertretungsbefugnis in dem Widerspruchsverfahren sei daher ausdrücklich nach § 13 Abs 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzuweisen. Der Kläger wies mit Schreiben vom 06.10.2015 darauf hin, dass das Rechtsberatungsgesetz seit dem 30.06.2008 außer Kraft sei. Er sei in seiner Funktion als Pflege- und Rentenberater für Q tätig. Ein konkreter Bezug zur Rentenversicherung sei gerade durch das begehrte Merkzeichen "B" gegeben. Eine ständige Begleitung zu Arztbesuchen und Therapien sei im vorliegenden Fall notwendig. Im Bereich der Pflegeversicherung erhöhe dies den Hilfebedarf durch die notwendige Begleitung. Dieser sei Bemessungsgrundlage zur Beitragszahlung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Pflegekasse führe dann Beiträge für die Pflegeperson ab. Er wies weiter darauf hin, dass ein Antrag auf Altersrente für Schwerbehinderte für die Q gestellt worden sei.
Auf entsprechende Anfrage teilte die Bezirksregierung Münster der Beklagten mit, der Kläger sei nach dem Rechtsdienstleistungsregister allgemein für den Bereich der Rentenberatung registriert. Eine darüber hinausgehende Registrierung für eine Vertretungsbefu...