Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung von in Rufbereitschaft erbrachten ärztlichen Leistungen
Orientierungssatz
1. Der einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) ist als lex specialis gegenüber dem Honorarverteilungsmaßstab (HVM) anzusehen. Nur die im organisierten Notfalldienst erbrachten ärztlichen Leistungen sind außerhalb des Budgets des Vertragsarztes zu vergüten.
2. Im Rahmen einer von niedergelassenen Ärzten organisierten Rufbereitschaft erbrachte Notdienstleistungen sind keine im Notfalldienst erbrachte Leistungen. Mit dem Sicherstellungsauftrag ist es nicht zu vereinbaren, außerhalb des organisierten Notfalldienstes erbrachte Leistungen in gleicher Weise zu vergüten. Diese sind nicht außerbudgetär vergütbar.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 03.05.2006 wird zurückgewiesen, soweit die Leistungen am 26.05. und 27.05.2001 betroffen sind. Im Übrigen wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung für die Behandlung eigener Patienten, die die Klägerin in den Quartalen IV/00 bis III/00 im Rahmen des Notfalldienstes behandelt haben will.
Die Betreiber der Klägerin sind als Fachärzte für Kinderheilkunde und Jugendmedizin in K zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. In den streitigen Quartalen nahmen sie am 26.05. und 27.05.2001 an dem entsprechend der Notfalldienstordnung der Ärztekammer Nordrhein und der Beklagten organisierten Notfalldienst teil. Darüber hinaus erbrachten sie Notfalldienstleistungen im Rahmen der von den K Kinderarztpraxen selbst organisierten Rufbereitschaft nach einem Dienstplan.
Bis 30.06.2000 enthielt der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten in § 4 Abs. 1 Satz 4 eine Regelung, nach der die für eigene Patienten im organisierten Notfalldienst abgerechneten Leistungen mit einer entsprechenden Markierung zu versehen waren, um diese Leistungen entsprechend dem einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) außerhalb des Budgets abrechnen zu können. Ab dem 01.07.2000 entfiel diese Regelung (Rheinisches Ärzteblatt 6/2000, Seite 77). In ihrem Mitteilungsblatt KVNO AKTUELL 8/00 Seite 16 informierte die Beklagte darüber, dass die Möglichkeit, für eigene Patienten im organisierten Notfalldienst abgerechneten Leistungen außerhalb des Budgets mit 9 Pf. abrechnen zu können zum 01. Juli 2000 entfalle. Mehrere Abrechnungsscheine für den selben Patienten zur Lasten der selben Kasse gelten deshalb als ein Behandlungsfall und seien für die Abrechnung zusammen zu heften.
Den Abrechnungsbescheiden für die Quartale IV/00 bis III/01 widersprach die Klägerin mit dem Ziel, dass die Vergütung für die Behandlung eigener Patienten im Notfalldienst weiterhin außerhalb des Praxisbudgets erfolge. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2002 zurück.
Hiergegen richtete sich das mit Klage vom 25.01.2004 eingeleitete Klageverfahren, das zunächst bis zur Erledigung des Revisionsverfahren B 6 KA 30/01 R geruht hat und nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11.09.2006 fortgeführt wurde. Die Klägerin trug vor, nach dem Wortlaut der Regelungen in Abschnitt A I Teil B Ziff. 1.1 S. 2 und Ziff. 1.4 des EBM sollten Notfallbehandlungen keinen Behandlungsfall im Sinne der Bundesmantelverträge darstellen und Leistungen im Notfalldienst somit ausdrücklich von der Budgetierung ausgenommen sein. Nach der Rechtsprechung seien die Kassenärztlichen Vereinigungen im Rahmen der Honorarverteilung an die Vorgaben des EBM gebunden, insbesondere dürften sie die Bereiche der budgetierten und der nicht budgetierten Leistungen nicht anders als im EBM festlegen. Außerdem dürften Leistungen, die wie solche im Notfalldienst einer Mengenausweitung nicht zugänglich seien, nicht in mengenbegrenzende Regelungen im HVM einbezogen werden. Die Klammerung von Notfällen auf Abrechnungsscheinen nach Muster 19 a mit sonstigen eigenen Fällen führe zu einer unrechtmäßigen Mengenbegrenzung von Notdienstleistungen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale IV/00 bis III/01 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides zum 27.05.2002 zu verpflichten, die von ihnen im organisierten Notfalldienst erbrachten Leistungen außerhalb der Budgetierungen nach Maßgabe der allgemeinen Bestimmungen des EBM zu vergüten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Führe ein Arzt in einem Quartal bei einem Patienten sowohl Notfallbehandlungen als auch "normale" Praxis- und Besuchsbehandlungen zu anderer Zeit durch, handele es sich um einen budgetrelevanten Fall i. S. d. Ziff. 1.4 der Allgemeinen Bestimmungen A I EBM. Die dortige Definition budgetrelevanter Fälle knüpfe ausschließlich an den Begriff des Behandlungsfalls des § 21 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä)...