Orientierungssatz

1. Für die Ermittlung der Höhe der nach § 63 Abs 1 SGB 10 zustehenden Rechtsanwaltsgebühr ist mangels einer speziellen Vorschrift für das sozialgerichtliche Vorverfahren die Auffangregel des § 118 BRAGebO maßgeblich, wonach eine Gebühr von etwa 2/3 des gerichtlichen Verfahrens für angemessen erachtet wird. In diesem Zusammenhang wird auf das grundlegende Urteil des BSG vom 22.3.1984 - 11 RA 16/83 = SozR 1300 § 63 Nr 3 hingewiesen.

2. Eine Erledigungsgebühr bzw die Erhöhung der Rahmengebühr kommt nur in Betracht, wenn der Bevollmächtigte daran mitgewirkt hat, dass sich die Rechtssache durch beiderseitiges Nachgeben erledigt hat. An einem derartigen gegenseitigen Nachgeben fehlt es, wenn der Widerspruchsbescheid dem Widerspruch voll entspricht (vgl BSG vom 9.8.1995 - 9 RVs 7/94 = SozR 3-1930 § 116 Nr 7).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 23. Juli 2004 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Mit der vom Sozialgericht zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren auf einen höheren Erstattungsbetrag der Kosten eines Widerspruchsverfahrens weiter.

Der Kläger wurde während des laufenden Leistungsbezugs von der Beklagten aufgefordert, sich am 02.04.2002 einer Begutachtung zu stellen. Der Kläger erschien zu diesem Termin, legte jedoch Widerspruch gegen die Meldeaufforderung ein. Daraufhin unterblieb eine Begutachtung. Die Beklagte stellte ihre Leistungen ab 03.04.2002 ein. Hiergegen legte der anwaltlich vertretene Kläger mit folgendem Schreiben vom 01.05.2002 Widerspruch ein: " ...Wie mein Mandant anlässlich einer Benachrichtigung durch die Barmer Ersatzkasse mit Datum vom 24.04.2002 erfahren musste, endete sein Leistungsanspruch gemäß Mitteilung der Bundesanstalt für Arbeit angeblich am 02.04.2002. Da dies mangels Mitteilung meinen Mandanten nicht bekannt ist, wird um Bekanntgabe eines entsprechenden Bescheides gebeten sowie vorsorglich Widerspruch erhoben. Da eine stillschweigende Leistungseinstellung auf jeden Fall rechtswidrig ist, werden Sie zur Zahlung des ausstehenden Restbetrages aufgefordert. Gleichzeitig wird Akteneinsicht beantragt."

Die Beklagte erteilte daraufhin im Juni 2002 einen Abhilfebescheid und zahlte dem Kläger die Leistungen bis zur Erschöpfung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach. Gleichzeitig erklärte sie sich bereit, die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.

Mit Schreiben vom 30.08.2002 stellte der Bevollmächtigte des Klägers eine Gebühr nach § 116 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) in Höhe von 355 Euro in Rechnung, so dass sich einschließlich Nebenkosten und Mehrwertsteuer ein Betrag von 435 Euro ergab. Die Beklagte setzte mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 05.09.2002 eine Gebühr von 200 Euro fest, so dass daraus einschließlich Nebenkosten und Mehrwertsteuer ein Betrag von 255,20 Euro resultierte. Sie legte ihrer Berechnung einen Gebührenrahmen von 33 bis 440 Euro im Vorverfahren zu Grunde.

Hiergegen legte der Kläger am 07.09.2002 Widerspruch mit der Begründung ein, es sei der (volle) Gebührenrahmen des § 116 BRAGO in Höhe von 50 bis 660 Euro maßgeblich. Der Widerspruch blieb erfolglos (Bescheid vom 24.09.2002).

Mit der am 25.10.2002 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,

den Kostenfestsetzungsbescheid vom 05.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2002 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, weitere Kosten in Höhe von 179,80 Euro zuzüglich der gesetzlichen Verzugszinsen ab dem 30.09.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 23.07.2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Der Kläger habe grundsätzlich einen Anspruch gemäß § 63 Abs. 1 10. Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) auf Erstattung der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts. Die Höhe der Gebühren sei allgemein nach den Vorschriften der BRAGO zu ermitteln. Da diese eine spezielle Vorschrift für das sozialgerichtliche Vorverfahren nicht enthalte, sei dem Bundessozialgericht folgend insofern die Auffangregelung des § 118 BRAGO maßgebend, wonach eine Gebühr von etwa 2/3 des gerichtlichen Verfahrens für angemessen erachtet werde. Im Hinblick auf die Mittelgebühr, die danach im Verwaltungsverfahren bei 240 Euro liege, sei die vom Bevollmächtigten des Klägers festgesetzte Gebühr von 355 Euro unter Berücksichtigung von § 12 BRAGO unbillig. Denn sowohl hinsichtlich des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit als auch hinsichtlich der Schwierigkeit der Sache und der Bedeutung für den Kläger - Leistungen für einen Zeitraum von einem Monat - sei die Angelegenheit deutlich unterdurchschnittlich. Dementsprechend sei der Ansatz der Beklagten in Höhe von 200 Euro nicht zu beanstanden. Diese Gebühr sei auch nicht nach Maßgabe des § 116 Abs. 4 BRAGO zu erhöhen, weil keine besondere, gebührenrechtlich erhebliche Mitwirkungshandlung des Bevollmächtigten des Klägers erkennbar sei.

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