Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Rückgängigmachung einer Aufteilung nach § 34 Abs 2 SGB 1
Orientierungssatz
1. Nach § 34 Abs 2 SGB 1 wird die Witwenrente gegebenenfalls zu gleichen Teilen und endgültig auf die Anspruchsberechtigten aufgeteilt, die gleichzeitig Ehefrauen waren. Damit bedeutet "anteilig" gemäß § 34 Abs 2 SGB 1 hier "zu gleichen Teilen", d.h. zu so vielen gleich großen Teilen wie Hinterbliebenenberechtigte vorhanden sind. Die Aufteilung ist auch endgültig. Endgültig bedeutet, daß die einmal vorgenommene Teilung nicht mehr auch nur teilweise rückgängig gemacht wird.
2. Für Billigkeitserwägungen ist angesichts dieser eindeutigen Regelung nach Auffassung des Senats kein Raum.
3. Die Formulierung "gegebenenfalls" bedeutet, daß nur für Fallkonstellation, in der überhaupt mehrere Witwenberechtigte vorhanden sind, eine Aufteilung vorzunehmen ist.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Gewährung der ungeteilten großen Witwenrente hat.
Die 1934 geborene Klägerin ist marrokkanische Staatsangehörige. Seit dem Jahre 1981 lebt sie in der Bundesrepublik Deutschland. Sie war seit 1956 mit dem ... 1920 geborenen und ... 1993 verstorbenen, gleichfalls marokkanischen Staatsangehörigen, bei der Beklagten versichert gewesenen B A (Versicherter) verheiratet. Am 13. Juni 1990 hatte der Versicherte in Marokko die 1960 geborene Frau N A als zweite Ehefrau geheiratet. Sie heiratete am 26. November 1994 erneut. Die Klägerin hat nicht wieder geheiratet.
Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 11. Mai 1993 die große Witwenrente ab dem 01. Februar 1993 in Höhe von 674,03 DM monatlich.
Am 19. Juli 1995 beantragte die zweite Witwe die Gewährung von Witwenrente bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Schwaben. Sie hatte die Frage nach der Wiederheirat im Antragsformular mit "nein" beantwortet. Daraufhin wies die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 10. August 1995 darauf hin, ihr stehe im Hinblick darauf, daß der Versicherte mit einer zweiten Frau verheiratet gewesen sei, die volle Witwenrente nicht mehr zu. Vielmehr sei die Rente gemäß § 34 Abs. 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) i.V.m. Art. 25 Nr. 6 des deutsch-marokkanischen Abkommens (DMA) aufzuteilen. Die Klägerin machte geltend, daß die zweite Witwe inzwischen erneut geheiratet habe und eine Aufteilung der Witwenrente daher nicht mehr gerechtfertigt sei.
Mit Bescheid vom 03. November 1995 hob die Beklagte den Bescheid vom 11. Mai 1993 mit Wirkung vom 01. Dezember 1995 an auf. Die Voraussetzungen für die Gewährung der ungeteilten großen Witwenrente lägen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vor, da eine weitere Ehefrau Witwenrente beanspruche. Das marokkanische Generalkonsulat habe bescheinigt, daß die weitere Anspruchsberechtigte nicht erneut geheiratet habe. Die Rente betrage ab dem 01. Dezember 1995 monatlich 375,34 DM.
Mit dem Widerspruch vertrat die Klägerin die Meinung, die Aufteilung der Witwenrente sei grob unbillig, da die weitere Witwe inzwischen wieder verheiratet sei. Nach Sinn und Zweck des DMA könne eine Witwenrente nur aufgeteilt werden, wenn keine Wiederheirat stattgefunden habe. Zur Stützung ihres Vorbringens legte sie eine übersetzte beglaubigte Abschrift einer Heiratsurkunde über die Wiederheirat der zweiten Witwe am 26. November 1994 vor.
Mit Bescheid vom 22. März 1996 gewährte die Beklagte der zweiten Witwe kleine Witwenrente vom 01. Juli 1994 bis zum 30. November 1994 gemäß Artikel 25 Nr. 6 des DMA i.V.m. § 34 Abs. 2 SGB I und § 99 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI). Ferner wurde ihr mit Bescheid vom 29. März 1996 eine Witwenrentenabfindung nach § 107 SGB VI in Höhe von 3.705,17 DM bewilligt. Auf erneute Anfrage bestätigte das marokkanische Generalkonsulat die Wiederheirat der zweiten Witwe am 26. November 1994.
Den Widerspruch wies die Beklagte zurück (Bescheid vom 20. Januar 1997). Nach § 34 SGB I i.V.m. Art. 25 Nr. 6 DMA seien Ansprüche mehrerer Ehegatten anteilig und endgültig aufzuteilen. "Endgültig" heiße, daß sich an der (einmal) getroffenen Aufteilung unter Witwen aus einer nach ausländischem Recht rechtmäßigen polygamen Ehe nichts ändere, auch wenn eine Teilwitwenrente wegen Todes oder Wiederheirat wegfalle.
Im Klageverfahren hat die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Bescheide mit dem Ziel der fortlaufenden Zahlung der ungeteilten großen Witwenrente begehrt. Die angefochtenen Bescheide könnten nicht auf § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) gestützt werden, da eine wesentliche Änderung der Verhältnisse seit dem die volle Witwenrente bewilligenden Bescheid vom 11. Mai 1993 nicht eingetreten sei. Die Tatsache der zweiten Ehe habe bereits zu diesem Zeitpunkt vorgelegen. § 45 SGB X sei daher die zutreffende Rechtsgrundlage. Ferner ergebe sich aus Sinn und Zweck des § 46 Abs. 2 SGB VI, daß nach der Wiederverheiratung einer Witwe der anderen verbleibenden Witwe die volle Witw...