Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Kindergeldnachzahlung. Anrechnung als laufende Einnahme im Zuflussmonat

 

Orientierungssatz

1. Die nachträgliche Erbringung einer an sich laufenden Einnahme - wie hier des Kindergelds - für mehrere Monate ändert an deren Einstufung als laufende Einnahme iS des § 11 Abs 2 SGB 2 nichts. Die Kindergeldnachzahlung ist daher im Zuflussmonat als Einkommen zu berücksichtigen.

2. Die Kindergeldnachzahlung für mehrere Monate kann auch nicht als laufende Einnahme eingestuft werden, die iS des § 11 Abs 2 S 3 SGB 2 in größeren zeitlichen Abständen zufließt. Unter diese Regelung fallen nur laufende Einnahmen, die nach dem Rechtsgrund der Zahlung zwar regelmäßig, aber nicht in aufeinander folgenden Monaten gezahlt werden.

 

Normenkette

SGB II § 11 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 3, Abs. 3, § 7 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-4, Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c, §§ 7a, 8 Abs. 1, § 9 Abs. 2 Nr. 3, § 11b Abs. 1 S. 1 Nrn. 3-6, Abs. 3 S. 1, §§ 12, 21 Abs. 2, 7, § 40 Abs. 2 Nr. 3; Alg II-V § 4 Abs. 1 S. 1; Alg II-V § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; Alg II-V § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; SGB X §§ 33, 39 Abs. 2, §§ 41, 45, 48 Abs. 1 S. 1; SGB III § 330 Abs. 3; SGB I §§ 11, 51 Abs. 2; EStG § 66 Abs. 2, § 75; SGG § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 86

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.04.2015 geändert. Die Bescheide des Beklagten vom 16.10.2012, 18.10.2012 und 25.01.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2013 werden aufgehoben, soweit durch sie die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen durch den Bescheid vom 08.10.2012 für November 2012 auf unter 262,03 EUR für den Kläger zu 1) und 291,06 EUR für die Klägerin zu 2), für Dezember 2012 auf unter 304,77 EUR für den Kläger zu 1) und 338,55 EUR für die Klägerin zu 2) und für Januar 2013 auf unter 325,61 EUR für den Kläger zu 1) und 361,78 EUR für die Klägerin zu 2) reduziert worden ist.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum November 2012 bis Januar 2013 wegen der Berücksichtigung einer Kindergeldzahlung als einmalige Einnahme streitig.

Der am 00.00.1991 geborene Kläger zu 1) und die am 00.00.1992 geborene Klägerin zu 2) bilden eine Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft. Sie bezogen in den Jahren 2012 und 2013 durchgehend aufstockend zum Erwerbseinkommen des Klägers zu 1) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

In der Zeit von November 2012 bis April 2013 bewohnten sie eine 53 qm große Wohnung, für die neben der Grundmiete von 265,00 EUR monatlich ein Nebenkostenabschlag von 42,50 EUR sowie ein Heizkostenabschlag von 52,50 EUR monatlich zu entrichten waren. Die Warmwasseraufbereitung erfolgte durch einen elektrisch betriebenen Durchlauferhitzer. Der Kläger zu 1) nahm im August 2012 eine abhängige Beschäftigung als Verteiler von Anzeigenblättern mit schwankendem Einkommen auf. Er erzielte u.a. im November Einkünfte i.H.v. 661,73 EUR brutto (602,35 EUR netto), im Dezember 2012 i.H.v. 546,08 EUR brutto (488,99 EUR netto) und im Januar 2013 i.H.v. 503,93 EUR brutto (453,93 EUR netto).

Durch Bescheid vom 16.10.2012 bewilligte die Familienkasse L dem Vater der Klägerin zu 2) Kindergeld i.H.v.184,00 EUR monatlich nach den Vorschriften des EStG für die Zeit ab dem 01.01.2012. Aufgrund eines Abzweigungsantrags der Klägerin zu 2) wurde das Kindergeld an sie selbst ausgezahlt. Am 23.10.2012 erfolgte die Gutschrift einer Kindergeldnachzahlung von 1.840,00 EUR auf das Konto der Klägerin zu 2).

Auf den am 13.08.2012 gestellten Antrag auf Bewilligung von Leistungen bewilligte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 05.09.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 08.10.2012 u.a. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.11.2012 bis 31.01.2013 i.H.v. insgesamt 859,50 EUR monatlich Der Individualanspruch der Kläger belief sich jeweils auf 429,75 EUR monatlich. Dabei rechnete der Beklagte auf den Gesamtbedarf der Kläger von 1.039,50 EUR ein Erwerbseinkommen des Klägers zu 1) von 180,00 EUR (370,00 EUR Nettoeinkommen - 190,00 EUR Abzugsbeträge) an.

Mit Änderungsbescheid vom 16.10.2012 setzte der Beklagte u. a. die monatlichen Leistungsansprüche der Kläger für die Zeit von November 2012 bis Januar 2013 für den Kläger zu 1) auf 315,98 EUR und für die Klägerin zu 2) auf 350,81 EUR herab. Mit Bescheid vom 18.10.2012 änderte der Beklagte die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 01.11.20112 bis 31.01.2013 auf insgesamt 206,12 EUR monatlich ab. Er rechnete auf den Gesamtbedarf der Kläger die Kindergeldnachzahlung i.H.v. 1.840,00 EUR als monatliche Einnahme i.H.v. 306,67 EUR an.

Gegen den Änderungsbescheid vom 16.10.2012 legten die Kläger Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 25.01.2013 mit der Überschrift "Änderungsb...

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