Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang des mittelbaren Behinderungsausgleichs bei der Versorgung eines gehunfähigen Heranwachsenden durch den Krankenversicherungsträger
Orientierungssatz
Ist ein behinderter Heranwachsender mit einem rollstuhl- und behindertengerecht umgebauten Auto versorgt, so ist damit dessen Grundbedürfnis der Fortbewegung ausreichend gewährleistet. Er hat nach § 33 Abs. 1 SGB 5 keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf Versorgung mit einem Rollstuhlfahrrad mit Elektroantrieb. Hierdurch soll bei einem u. a. an einem hirnorganischen Anfallsleiden Erkrankten ein mittelbarer Ausgleich erzielt werden. Der Träger der Krankenversicherung ist nur zur Leistung eines Basisausgleichs verpflichtet. Dieser beinhaltet nicht das vollständige Gleichziehen mit den unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten eines Gesunden.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 24.01.2017 wird zurückgewiesen.
Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Kostenübernahme für ein Rollstuhlfahrrad mit Elektroantrieb.
Der 2001 geborene Kläger ist über seinen Vater bei der Beklagten familienversichert in der gesetzlichen Krankenversicherung. Er leidet u.a. unter einer bilateralen spastischen Cerebralparese, einem hirnorganischen Anfallsleiden unklarer Genese, einem posthämorrhagischen Hydrocephalus mit VP-Shunt und einer mittelgradigen Intelligenzminderung.
Der Kläger ist u.a. mit einem Aktivrollstuhl versorgt. In der Vergangenheit erfolgte auch eine Versorgung mit einem Fahrradanhänger. Dieser kann aufgrund des zwischenzeitlich vom Kläger erreichten Körpergewichts bei einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 50 kg nicht mehr genutzt werden.
Am 11.03.2014 beantragte er unter Vorlage von Kostenvoranschlägen der Orthopädie- und Rehatechnik T GmbH, E, vom 24.02.2014 sowie einer ärztlichen Verordnung der Universitätsklinik L, Klinik und Poliklinik für Kinderheilkunde, vom 05.02.2014 bei der Beklagten die Versorgung mit einem Rollstuhlfahrrad O-Pair 2 mit Elektroantrieb (Kosten von 7.635,40 EUR) sowie mit einem hierzu passenden Sitzorthesen-System (Kosten von 2.354,00 EUR).
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 18.03.2014 darauf hin, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) eingeschaltet worden sei.
Mit Gutachten vom 25.03.2014 führte der MDK aus, der Kläger sei körperlich wie geistig nicht in der Lage, selbständig ein Fahrrad oder einen Elektrorollstuhl zu steuern, er bleibe als passiv Transportierter bei der Nutzung unselbständig. Bei passiven Transfers und Familienausflügen im entfernten Nahbereich seien keine Grundbedürfnisse des täglichen Lebens betroffen, so dass eine Leistungspflicht der Krankenkasse nicht bestehe. Zur Teilnahme an Aktivitäten mit anderen Jugendlichen und damit zur Integration in Gruppen Gleichaltriger sei die Rollstuhlfahrradkombination nicht geeignet, denn die Anwesenheit einer Begleitperson werde von diesen bei ihren Aktivitäten nicht akzeptiert.
Mit Bescheid vom 24.04.2014 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers unter Hinweis auf das Gutachten des MDK ab.
Zur Begründung seines dagegen eingelegten Widerspruchs vom 26.05.2014 bezog sich der Kläger auf einen Bericht der Uniklinik L, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, vom 05.02.2014 vor, wonach er zwar körperlich wie geistig nicht in der Lage sei, selbständig ein Fahrrad oder einen Elektrorollstuhl zu steuern, und daher ein selbständiges Mobilisieren ausscheide. Da er immer auf Hilfe beim Verlassen der häuslichen Umgebung angewiesen sei, würde die angebotene Versorgung aber einen deutlichen Ausgleich seiner Behinderung ermöglichen. Zur Integration in den Alltag sowie bei gemeinsamen Ausflügen mit der Familie im entfernten Nahbereich, der fußläufig nicht erreichbar sei, schaffe das angebotene Hilfsmittel einen therapeutischen Effekt. Da Rumpf- und Kopfkontrolle bei ihm nicht ausreichend vorhanden seien, sei die serienmäßig gebaute Sitzauflage nicht angemessen, um Unfälle zu vermeiden. Er benötige deshalb eine individuell angepasste Sitzschale. Nach Erprobung des Modells bei der Firma S in den Niederlanden habe die Familie das erprobte Rollstuhlfahrrad für den täglichen Gebrauch als hilfreich angesehen. Dieses sei gut handhabbar. Den elektrischen Antrieb benötige das Rollstuhlfahrrad aus Gewichtsgründen.
Der erneut beauftragte MDK vertrat in einem weiteren sozialmedizinischen Gutachten vom 11.08.2014 die Auffassung, das beanspruchte Rollstuhlfahrrad sei - entsprechend einem Rollfiets - nicht zum Behinderungsausgleich erforderlich. Ein Hilfsmittel sei von der gesetzlichen Krankenversicherung nur zu gewähren, wenn es die Auswirkungen der Behinderungen im gesamten täglichen Leben beseitige oder mildere und damit ein allgemeines Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffe. Das hier in Betracht kommende Grundbedürfnis des "Erschließens eines ge...