Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Kodierung nach Nr 8-980 OPS 2010 bzw 2011. Erfordernis der ständigen ärztlichen Anwesenheit. Erstattungsanspruch der Krankenkasse. keine Verjährung nach § 109 Abs 5 SGB 5

 

Orientierungssatz

1. Von einer ständigen ärztlichen Anwesenheit auf der Intensivstation kann nicht gesprochen werden, wenn der Arzt neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle weitere Aufgaben übernehmen muss (wie zB die Betreuung einer Normalstation). Ein solches Versorgungskonzept erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Kodierung nach Nr 8-980 OPS 2010 bzw 2011.

2. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Neuregelung des § 109 Abs 5 SGB 5 keine rückwirkende Verjährung bereits rechtshängiger Ansprüche.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 04.08.2015 geändert. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 178.799,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2014 zu zahlen. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 178.799,66 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig sind Ansprüche auf Erstattung der Vergütung von Krankenhausbehandlungen in Höhe von insgesamt 178.799,66 EUR.

Der Beklagte betreibt das M-hospital B, ein für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes (§ 108 Fünftes Buch des Sozialgesetzbuches - SGB V -) Krankenhaus.

Achtzehn bei der klagenden Krankenkasse Versicherte, die Patienten

- E (stationärer Aufenthalt 02.01.2010 bis 16.02.2010) - C (stationärer Aufenthalt 05.05.2010 bis 17.06.2010) - S (stationärer Aufenthalt 21.05.2010 bis 28.06.2010) - T (stationärer Aufenthalt 28.05.2010 bis 05.07.2010) - P (stationärer Aufenthalt 30.06.2010 bis 28.08.2010) - M (stationärer Aufenthalt 03.07.2010 bis 09.08.2010) - N (stationärer Aufenthalt 07.08.2010 bis 01.10.2010) - X (stationärer Aufenthalt 21.10.2010 bis 22.12.2010) - T1 (stationärer Aufenthalt 22.10.2010 bis 26.11.2010) - O (stationärer Aufenthalt 06.11.2010 bis 28.12.2010) - I (stationärer Aufenthalt 09.11.2010 bis 14.12.2010) - T2 (stationärer Aufenthalt 29.11.2010 bis 16.01.2011) - C1 (stationärer Aufenthalt 04.12.2010 bis 19.12.2010) - L (stationärer Aufenthalt 16.12.2010 bis 29.01.2011) - C2 (stationärer Aufenthalt 01.01.2011 bis 05.03.2011) - S1 (stationärer Aufenthalt 05.01.2011 bis 02.03.2011) - C3 (stationärer Aufenthalt 17.03.2011 bis 03.05.2011) - T3 (stationärer Aufenthalt 29.03.2011 bis 03.05.2011)

wurden auf der interdisziplinären Intensivstation des M-hospitals behandelt.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Nordrhein überprüfte im Oktober 2010 die Organisationsstruktur dieser interdisziplinären Intensivstation, die insgesamt 14 Betten mit 14 Beatmungsmöglichkeiten umfasste. Nachdem das Krankenhaus sich geweigert hatte, eine vom MDK beabsichtigte Ortsbegehung zu ermöglichen, erfolgte die Überprüfung anhand der Beantwortung von Fragen des MDK durch die Klinikvertreter. Diese Befragung ergab folgendes Strukturkonzept: Das Versorgungskonzept der Klinik sehe vor, dass die Intensivstation immer durch einen Arzt der Anästhesie betreut werde. Gleichzeitig sei ein internistischer Kollege, ebenfalls als Intensivmediziner, auf der Intensivstation fest eingeteilt. Dies werde durch ein 3-Schichten-Dienstmodell sichergestellt. Während des Nachtdienstes und am Wochenende gebe es neben dem diensthabenden Anästhesisten noch einen Rufdienst, der sich für alle operativen und geburtshilflichen Eingriffe bereithalte und innerhalb von spätestens 20 Minuten in der Klinik zur Verfügung stehe. In dringenden Fällen, die ein sofortiges Eingreifen erforderten, werde der auf der Intensivstation diensthabende Anästhesist von dieser abgerufen. In diesem Fall sei der Internist der dort verantwortliche Arzt. Die internistischen Normalstationen stellten eine 24-Stundenpräsenz ebenfalls durch ein 3-Schichten-Modell sicher. Zusätzlich befinde sich nachts und am Wochenende ein internistischer Oberarzt in Rufbereitschaft. Nur an Tagen, an denen das Krankenhaus Notfalldienst habe, sei ein zusätzlicher Internist im Haus, der sich ausschließlich um die Aufnahmen kümmere. Für die 130 internistischen Betten auf den vier peripheren Stationen sei im Nacht- und Wochenenddienst der internistische Intensivmediziner ebenfalls zuständig. Des Weiteren werde dieser zu Reanimationen auf peripheren Stationen von der Intensivstation abgerufen. Nachdem von den MDK-Vertretern darauf hingewiesen worden war, dass aus ihrer Sicht eine adäquate Versorgung von 130 internistischen Planbetten, verteilt auf vier periphere Stationen, vom internistischen Intensivdienst neben dem Dienst auf der Intensivstation nicht nachvollziehbar sei, reichten die Vertreter der Klinik per Mail folgende Informationen nach: Die Versorgung der Intensivstation werde nachts und am Wochenende in erster Linie durch den Anästhesisten sichergestellt und nur im Fall ...

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