Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsunfall. MdE. Bemessung. sozialgerichtliches Verfahren. Antragsablehnung. psychiatrisches Gutachten

 

Orientierungssatz

1. Zur MdE-Einschätzung bei einem Versicherten, der aufgrund berufsbedingter Speichergriffelfortsatzfraktur Handgelenksmanschetten trägt, wenn nennenswerte Funktionseinbußen bzgl. der Beweglichkeit im Handgelenkt nicht objektiviert werden konnten.

2. Zur Ablehnung eines Antrags gemäß SGG § 109 auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens zwecks Feststellung einer unfallbedingten Verschlimmerung bestehender unfallunabhängiger psychischer Alterationen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 01.04.1992 Verletztenrente zusteht.

Der im Jahre 1942 geborene italienische Kläger, der sich durch einen privaten Unfall 1977 im Bereich der rechten Hand einen Bruch der Speiche (Radiusfraktur) im körperfernen Drittel zugezogen hatte, war bei der Firma A B GmbH & CoKG in E ab September 1979 als Automatenbediener beschäftigt.

Bei einem in die Zuständigkeit der Beklagten fallenden Arbeitsunfall am 30.01.1984 erlitt der Kläger eine Verletzung des rechten Fußes (u.a. Fraktur des Kahnbeins). In dem wegen dieses Unfalls mit dem Ziel der Erlangung einer Verletztenrente geführten Rechtsstreit (S 17 U 218/93 SG Dortmund = L 5 U 28/95 LSG NRW) schlossen die Beteiligten am 21.01.1997 einen Vergleich, wonach die Beklagte für den Fall einer Stützrentensituation davon ausgeht, daß dieser Arbeitsunfall eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 vom Hundert (v.H.) hinterlassen hat.

Am 01.04.1992 ereignete sich der hier streitgegenständliche Arbeitsunfall, als der Kläger auf einer Treppe ausrutschte, stürzte und auf den linken Arm prallte. Dr. S, Ltd. Arzt der Chirurgischen Ambulanz des V-Krankenhauses S, beschrieb in seinem Durchgangsarztbericht (DAB) vom Unfalltage eine geringgradige Hämatomschwellung mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung, einen über dem Naviculare (Kahnbein) lokalisierten Druckschmerz bei ungestörter Sensibilität und Durchblutung sowie eine schmerzhaft eingeschränkte Beugung des Daumens bei freiem Faustschluß der Finger 2 bis 5. Die Röntgenuntersuchung des Handgelenks, des Kahnbeins und des Daumens ließ keine Fraktur erkennen. Der Durchgangsarzt diagnostizierte eine Distorsion des linken Handgelenks und versorgte den Kläger mit einem Heparin-Salben-Verband. Wegen starker Druck- und Bewegungsschmerzen über dem distalen Radio-Ulnargelenk wurde am 03.04.1992 eine Unterarm-Cast-Schiene angelegt.

Arbeitsunfähigkeit bestand -- bei mißglücktem Arbeitsversuch im Mai 1992 -- bis zum 28.09.1992.

Im Hinblick auf die von ihm angegebenen erheblichen Schmerzen im linken Handgelenk wurde dem Kläger hierfür am 12.05.1992 eine Ledermanschette von Dr. S verordnet, der ferner eine Vorstellung bei Dr. G, Ltd. Arzt der Chirurgischen Poliklinik der Berufsgenossenschaftlichen (BG-lichen) Krankenanstalten B B, veranlaßte. In dessen Bericht vom 22.05.1992 heißt es u.a., anläßlich einer szintigraphischen Untersuchung im Mai 1992 sei radiologischerseits der Verdacht auf einen Kahnbeinbruch der linken Handwurzel ausgesprochen worden, obwohl die Röntgenaufnahmen hierfür keinerlei Hinweis hätten geben können. Dr. G fand nach Abnahme des Unterarmgipsverbandes einen umschriebenen Druckschmerz über dem körperfernen Speichenende links, in dessen Höhe das vom Kläger mitgebrachte Szintigramm einen heißen Fleck zeigte. Auf den erneut gefertigten Röntgenaufnahmen der linken Handwurzel in vier Richtungen stellte sich ein abgeheilter unverschobener Speichengriffelbruch dar. Es ergab sich jedoch kein Hinweis auf einen Kahnbeinbruch. Abschließend führte Dr. G aus, es handele sich um einen posttraumatischen Reizzustand in der linken Handwurzel nach unverschobenem Speichengriffelbruch, der -- wie dieser Arzt unter dem 22.06.1992 ergänzend mitteilte -- als durch das Ereignis vom 01.04.1992 verursacht anzusehen sei.

Wegen fortbestehend beklagter Beschwerden und einer am 14.09.1992 festgestellten eingeschränkten Beweglichkeit des linken Handgelenks veranlaßte Dr. S eine weitere Vorstellung des Klägers in den BG-lichen Krankenanstalten B B. Bei der dort am 15.09.1992 von Oberarzt Dr. P durchgeführten Untersuchung waren die Konturen des linken Handgelenks reizlos, und es bestand keine Schwellung. Vom Kläger wurde lebhafter Druckschmerz über dem Speichengriffelfortsatz geäußert. Die Beweglichkeit im linken Handgelenk war durch Gegenspannen erheblich eingeschränkt. Die neu angefertigten Röntgenaufnahmen des linken Handgelenks in zwei Richtungen sowie eine Kahnbeinsonderaufnahme ließ keine Verletzungsfolgen mehr erkennen. Eine nachhaltige Kalksalzminderung bestand nicht. Es zeigten sich auch weiterhin keine fortgeschrittenen Verschleißschäden. Behandlungsbedürftigkeit wegen der Verletzungsfolgen an der linken Hand wurde nicht mehr angenommen.

Nach Beiziehung eines den Kläger betreffenden Vorerkrankungsverzeichnisses von der Betriebskrankenkasse der Firma B...

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