rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Aachen (Entscheidung vom 02.07.1999; Aktenzeichen S 8 RA 107/98) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 02.07.1999 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit der Berufung wendet die Beklagte sich gegen die Verurteilung zur Berücksichtigung einer Kindererziehungszeit und einer Berücksichtigungszeit für Kindererziehung bei der Rentenberechnung des Klägers.
Der am ...1935 geborene Kläger beantragte im August 1998 die Gewährung einer Versichertenrente unter gleichzeitiger Anerkennung einer Kindererziehungszeit bzw. Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung für seinen am 05.06.1961 geborenen Sohn T ... Die Ehefrau des Klägers erklärte im Juni 1998 übereinstimmend mit dem Kläger, daß die Kindererziehungszeit und die Berücksichtigungszeit für die Erziehung des gemeinsamen Sohnes T ... dem Kläger zugeordnet werden sollten.
Mit Bescheid vom 23.07.1998 bewilligte die Beklagte ab 01.09.1998 eine Altersrente für langjährig Versicherte und führte u.a. aus, die Anerkennung der Kindererziehungszeit/Berücksichtigungszeit für das Kind T ... könne nicht ausgesprochen werden, weil die Erklärungsfrist für die Zuordnung am 31.12.1996 abgelaufen sei.
Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 05.08.1998 begründete der Kläger damit, Kindererziehungszeiten hätten bis zum 30.06.1998 nicht zusätzlich zu vorhandenen Beitragszeiten berücksichtigt werden können. Dies sei erst aufgrund des Rentenreformgesetzes 1999 eingeführt worden. Im Zeitpunkt des Fristablaufs, der ihm gar nicht bekannt gewesen sei, hätte er daher den entsprechenden Antrag nicht mit Aussicht auf Erfolg stellen können. Aus diesem Grunde sei es ihm unverständlich, daß die Erklärungsfrist nicht über den 31.12.1996 hinaus verlängert würde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die am 31.12.1996 abgelaufene und in § 249 des Sozialgesetzbuches (SGB) VI normierte Frist sei eine Ausschlußfrist. Die gemeinsame Erklärung sei erst im Juni 1998 abgegeben worden. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei bei Ausschlußfristen nicht möglich.
Hiergegen richtete sich die am 06.11.1998 beim Sozialgericht Aachen eingegangene Klage. Die Entscheidung der Beklagten folge zwar dem Wortlaut des Gesetzes, die Gesetzesgrundlage sei aber verfassungswidrig und müsse zumindest verfassungskonform ausgelegt werden. Bei der Verabschiedung des Rentenreformgesetzes 1999 sei es dem Gesetzgeber entsprechend dem Vorgang des Bundesverfassungsgerichts in seinen Entscheidungen vom Juli 1992 und März 1996 vor allem darum gegangen, die vorhandenen Benachteiligungen von Familien, in denen sich ein Elternteil der Kindererziehung gewidmet habe, auszugleichen. Das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, der Gesetzgeber müsse berücksichtigen, daß der in der Kindererziehung liegende Wert für die Allgemeinheit und für die Rentenversicherung nicht davon abhänge, ob der erziehende Elternteil auf eine entsprechende Bewertung seiner Kindererziehungszeit angewiesen sei. Vor diesem Hintergrund müsse der Gesetzgeber bei der entsprechenden Gesetzesänderung eine Übergangsregelung erlassen, um Ungleichbehandlungen zu vermeiden. Im Falle des Klägers sei ein Antrag vor dem 31.12.1996 allein deshalb unterblieben, weil er ausgehend von der damaligen Gesetzeslage sinnlos gewesen sei. Wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Übergangsregelung nicht schaffe, trete der Effekt ein, daß gerade die ältere Generation von der Beseitigung der Ungleichbehandlung nicht profitieren könne. Dies stünde mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht in Einklang. Eine Ausschlußfrist sei nur dann zur Schaffung von Rechtssicherheit sinnvoll und angemessen, wenn der von ihr betroffene Personenkreis vor und nach ihrem Ablauf derselbe sei. Nur dann könne man den später ausgeschlossenen Personen vorhalten, daß sie nicht rechtzeitig Gebrauch von ihren Rechten gemacht hätten. Entsprechende Aufrufe der Beklagten vor Ablauf dieser Frist, die Rechte geltend zu machen, seien daher ins Leere gegangen, da sich nach Ablauf der Frist die Gesetzeslage geändert habe.
Die Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, das Bundesverfassungsgericht habe wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG die gesetzliche Regelung über die rentenrechtliche Bewertung von Kindererziehungszeiten beim Zusammentreffen mit Beitragszeiten für verfassungswidrig erklärt und dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 30.06.1998 die Bewertung von Kindererziehungszeiten neu zu regeln. Diesem Auftrag sei der Gesetzgeber mit Neufassung der §§ 70 Abs. 2, 71 Abs. 3 SGB VI durch Art. 1 des Rentenreformgesetzes 1999 nachgekommen, ohne gleichzeitig die bereits abgelaufenen Ausschlußfristen des § 249 Abs. 6 und 7 SGB VI zu verlängern. Das Bundesverfassungsgericht habe den Gesetzgeber lediglich aufgefordert, die verfassungswidrige Regelung zur Bewertung von Kindererziehungszeiten neben B...