Entscheidungsstichwort (Thema)
Waisenrentenanspruch eines Behinderten in der gesetzlichen Rentenversicherung über die Vollendung des 27. Lebensjahres hinaus. Beamtenversorgung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die Regelung des § 48 Abs 4 Nr 2 Buchst b SGB 6 , wonach in der gesetzlichen Rentenversicherung der Anspruch auf Waisenrente längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres besteht, verstößt auch in Ansehung der Regelungen des § 23 Abs 1 iVm § 61 Abs 2 S 3 BeamtVG nicht gegen Art 3 Abs 1 GG .
Normenkette
SGB VI § 48 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 2; BeamtVG § 23 Abs. 1, § 61 Abs. 2 S. 3; GG Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
SG Münster (Gerichtsbescheid vom 25.04.2001; Aktenzeichen S 10 RJ 84/00) |
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Vollwaisenrente; streitig ist die Gewährung von Vollwaisenrente über die Vollendung des 27. Lebensjahres der Waise hinaus.
Der ... 1967 geborene Kläger ist an einer schizophrenen Psychose erkrankt. Für ihn ist für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge einschließlich der Wohnungsangelegenheiten sein Bruder R gemäß Bestellungsurkunde des Amtsgerichts W vom 01. September 1999 als Betreuer bestellt.
Am 11. März 2000 verstarb der ... 1926 geborene Vater und am 20. März 2000 die ... 1927 geborene Mutter des Klägers. Die Mutter des Klägers hatte gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf die Gewährung von Altersrente.
Am 10. April 2000 beantragte der Kläger die Gewährung von Waisenrente aus der Versicherung seiner Mutter.
Mit Bescheid vom 03. Mai 2000 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung von Waisenrente aus der Versicherung seiner Mutter. Im Zeitpunkt des Todes seiner Mutter habe er bereits das 32. Lebensjahr vollendet gehabt.
Dagegen erhob der Kläger mit der Begründung Widerspruch, schon vor dem 18. Lebensjahr wegen geistiger und seelischer Behinderung außerstande gewesen zu sein, sich selbst zu unterhalten. Die bei ihm im Jahre 1986 diagnostizierte schizophrene Psychose habe bereits vor 1986 mit Verhaltens- und Wesensveränderungen begonnen. Ab dem 16. Lebensjahr sei er bei Alkohol- und Drogenkonsum zusehends autistischer geworden. Die Beschränkung der Gewährung von Waisenrente bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres nach Maßgabe der gesetzlichen Rentenversicherung stelle für ihn gegenüber den Waisen von Beamten eine Ungleichbehandlung dar. Bei Waisen von Beamten werde das Waisengeld über das 27. Lebensjahr hinaus bezahlt, wenn sich die Waise aus geistigen und seelischen Gründen nicht selbst unterhalten könne. Auch nach den Regelungen des bürgerlichen Unterhaltsrechtes hätten bei schwerstbehinderten Kindern die Eltern eine lebenslange Unterhaltspflicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 08. September 2000 wies die Widerspruchsstelle bei der Beklagten den Widerspruch zurück.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 06. Oktober 2000 Klage erhoben.
Zur Begründung hat er seine im Vorverfahren geäußerte Rechtsauffassung wiederholt.
Die Beklagte hat die angefochtenen Entscheidungen verteidigt.
Mit Gerichtsbescheid vom 25. April 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung von Waisenrente. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor. Es sei mit dem Grundgesetz vereinbar, dass Waisen, die sich infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen nicht selbst unterhalten können, Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres erhalten.
Gegen diesen, am 02. Mai 2001 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 31. Mai 2001 Berufung eingelegt.
Zur Begründung wiederholt er seine Rechtsauffassung und vertritt die Ansicht, da die Waisenrente elterliche Unterhaltsleistungen ersetzen solle müsse auch im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung kranken Kindern, die auch nach der Vollendung des 27. Lebensjahres kein eigenes Einkommen erzielen können, wie im Beamtenrecht durch die Gewährung von Rentenleistungen geholfen werden. Der Verweis auf die lediglich nachrangige Sozialhilfe stelle für ihn im Vergleich zu Beamtenwaisen eine Ungleichbehandlung dar und sei demütigend.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 25. April 2001 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03. Mai 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. September 2000 zu verurteilen, ihm auf seinen Antrag vom 10. April 2000 hin Vollwaisenrente in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der Einzelheiten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen und zum Verfahrensgegenstand gemachten Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte durch den Berichte...