Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherungspflichtiges Arbeits-/Beschäftigungsverhältnis. Ghettoarbeit. Ghetto Drohiczyn. Zahlbarmachung von Ghettorenten
Orientierungssatz
1. Zur rentenrechtlichen Berücksichtigung einer Tätigkeit in der Zeit von Juli bis Dezember 1941 im Ghetto Drohiczyn.
2. Der Erhalt von Lebensmittel, die kaum den notwendigen Lebensbedarf gedeckt haben können, reicht nicht als Entgelt iS des ZRBG aus (Entgegen, BSG vom 14.12.2006 - B 4 R 29/06 R = SozR 4-5075 § 1 Nr 3).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.03.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin Anspruch auf Altersrente unter Berücksichtigung von Versicherungszeiten im Ghetto Drohieczyn von Juli 1941 bis Dezember 1941 nach den Vorschriften des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) hat.
Die am 00.00.1927 in Drohieczyn/Polen geborene Klägerin ist jüdischer Abstammung und lebt seit 1956 in Israel. Sie besitzt die israelische Staatsangehörigkeit. Mit Bescheid des Regierungspräsidenten in Köln als Entschädigungsbehörde vom 08.12.1966 wurde sie wegen Freiheitsentziehung von Oktober 1941 bis Dezember 1942 nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) entschädigt. Aus einem Schreiben der Claims Conference in Frankfurt - Art. 2 Fund - vom 02.05.1997 geht hervor, dass sie auch von dort Entschädigungsleistungen erhalten hat.
Ein im Jahre 1991 bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gestellter Antrag auf Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) blieb erfolglos, weil die dafür erforderliche Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) nicht glaubhaft gemacht sei (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29.08.1995, Az.: S 37 AN 4385/93). Bereits im damaligen Verfahren hatte die Klägerin ohne nähere weitere Angaben einen Aufenthalt im Ghetto Drohieczyn von Juli 1941 bis Juli 1942 erwähnt.
Am 07.11.2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Regelaltersrente ab 01.07.1997 unter Hinweis auf die Vorschriften des ZRBG. In einem von ihr unter dem 08.10.2003 unterschriebenen Antragsvordruck gab sie an, von Juli 1941 bis Herbst 1941 Arbeiterin in der Wäscherei im Ghetto Drohieczyn gewesen zu sein. Als Arbeitsverdienst nannte sie Sonderrationen für zu Hause (einmal pro Woche). Die Frage nach der Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung bejaht sie. In einem ebenfalls unter dem 08.10.2003 unterschriebenen Antragsvordruck gab sie ergänzend an, die Beschäftigung sei außerhalb des Ghettos erfolgt. Sie habe Wäsche und Uniformen von deutschen Soldaten gewaschen und sei täglich 9 bis 10 Stunden beschäftigt gewesen. Die Arbeitsvermittlung sei durch den Judenrat erfolgt. Als Zeugen für die Tätigkeit benannte sie K G. Ihre Angaben wiederholte sie in einem weiteren von ihr unter dem 20.01.2004 unterschriebenen Fragebogen. Die Beklagte zog von der Bezirksregierung in Düsseldorf die die Klägerin betreffenden Entschädigungsakten bei und nahm Kopien daraus zu ihren Akten. Ferner zog sie in Kopie von der Claims Conference in Frankfurt den dortigen Entschädigungsvorgang bei. Gegenüber der Claims Conference hatte die Klägerin in einem von ihr unter dem 12.12.1993 unterschriebenen Antragsvordruck u.a. angegeben, als der Krieg ausgebrochen sei, habe sie zusammen mit ihrer Familie in ihrer Heimatstadt Drohieczyn gelebt. Im Juni 1941 hätten die Faschisten die Stadt besetzt und ins Ghetto verwandelt. Ihre Familie wie auch mehrere andere seien in das Ghetto Drohieczyn geraten, wo sie verschiedene Freiheitsbegrenzungen bekommen hätten. Sie hätten das Ghetto nicht mehr verlassen können. Sie hätten den gelben Judenstern auf dem Kleid tragen müssen. Nicht jeden Tag hätten sie was zu essen gehabt. Ständig seien sie von den Soldaten verspottet und verprügelt worden.
Mit Bescheid vom 29.11.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit der Begründung ab, es seien keine für die Wartezeit anrechenbare Zeiten vorhanden. Die Schilderungen der damaligen Lebensumstände im Ghetto Drohieczyn anlässlich des Entschädigungsverfahrens vor der Claims Conference deuteten nicht darauf hin, dass seinerzeit eine Beschäftigung gegen Entgelt im Sinne des ZRBG ausgeübt worden sei. Auch die Tätigkeit selbst sei mit keinem Wort erwähnt worden. Aus der beigezogenen Entschädigungsakte der Bezirksregierung Düsseldorf sei ebenfalls nicht erkennbar, dass die beantragte Beschäftigung tatsächlich ausgeübt worden sei. Auch hier seien über die beantragte Tätigkeit keinerlei Angaben gemacht worden. Erst mit der Verbringung ins Zwangsarbeitslager Radostowo werde von einer Beschäftigung berichtet. Im Übrigen ließen die Angaben gegenüber der Claims Conference, die Klägerin habe "nicht jeden Tag" etwas zu essen bekommen, den Schluss zu, dass eine Entlohnung im wesentlichen Umfang - wie im ...