Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Zulassung eines Medizinischen Versorgungszentrums in Nähe einer vertragsärztlichen Praxis. defensive Konkurrentenklage. Anfechtungsfrist. Vorrang-Nachrang-Verhältnis. Anfechtungsbefugnis
Orientierungssatz
1. Die Anfechtungsfrist von einem Jahr gem § 66 Abs 2 SGG beginnt mit der tatsächlichen Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit, die idR mit dem dafür in der Zulassung genannten Datum übereinstimmt (vgl BSG vom 17.10.2012 - B 6 KA 40/11 R = SozR 4-2500 § 95 Nr 27, RdNr 23 ff).
2. Es besteht kein Vorrang-Nachrang-Verhältnis zwischen der Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und der des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ). Folglich kann sich ein Vertragsarzt aufgrund bloßer Auswirkungen auf die Honorarverteilung nicht gegen die Zulassung eines MVZ in räumlicher Nähe seiner Praxis wehren.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 24.08.2020 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch im Berufungsrechtszug die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 7), die ihre Kosten selbst tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 60.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit den Beschluss des Beklagten vom 12. Juni 2019, mit dem dieser den (Dritt-)Widerspruch des Klägers gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 7. Februar 2018 als unzulässig zurückgewiesen hat.
Der Kläger ist als Facharzt für Augenheilkunde zur vertragsärztlichen Versorgung in P zugelassen. Die Beigeladenen zu 8) und 9) sind ebenfalls Fachärzte für Augenheilkunde und waren zunächst gleichfalls als Vertragsärzte zur vertragsärztlichen Versorgung in P zugelassen. In der diesbezüglich betriebenen Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) wurde auch der Kläger tätig und schied dort zum 30. Juni 2016 aus. Die BAG ist zwischenzeitlich aufgelöst.
Die Beigeladenen zu 8) und 9) beantragten am 25. Oktober 2017 (Schreiben vom 21. Oktober 2017) die Zulassung des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) D Klinik. Trägergesellschaft des MVZ ist die Beigeladene zu 10), die bereits 2003 gegründete D Klinik GmbH (Amtsgericht [AG] Duisburg HRB 01; ab dem 4. Juli 2018 AG Wetzlar HRB 02) ursprünglich mit Sitz in P, später mit Sitz in E. Als Geschäftsführer waren zunächst die Beigeladenen zu 8) und 9) sowie Herr R, ab dem 23. April 2018 Herr L und nach Sitzerlegung Frau A sowie aktuell Herr S bestellt. Alleinige Gesellschafter der Beigeladenen zu 10) waren ebenfalls zunächst die Beigeladenen zu 8) und 9).
Der Zulassungsausschusses für Ärzte Düsseldorf (ZA) ließ mit Beschluss vom 7. Februar 2018 - ausgefertigt am 20. Februar 2018 - zum 1. April 2018 das MVZ D Klinik in Trägerschaft der Beigeladenen zu 10) mit den Beigeladenen zu 8) und 9) - jeweils als ärztlichen Leitern - sowie zwei weiteren Fachärztinnen für Augenheilkunde - sämtliche mit einem Anrechnungsfaktor von 1,0 - als angestellten Ärzten gemäß § 103 Abs. 4b Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) und zwei weiteren Fachärzten für Augenheilkunde als angestellte Ärzten gemäß § 101 Abs. 1 Nr. 5 SGB V für den Vertragsarztsitz W-Straße 39 in P zu. Die Ausfertigung wurde gemäß § 41 Abs. 5 der Zulassungsverordnung der Vertragsärzte (Ärzte-ZV) an die hiesigen Beigeladenen zu 1) bis 9) zugestellt.
Die Beigeladenen zu 8) und 9) verzichteten zum 31. März 2018 auf ihre jeweilige Zulassung vorbehaltlich einer Anstellung im MVZ.
Nach Anzeige vom 17. April 2018 stellte der ZA durch Beschluss vom 23. Mai 2018 - ausgefertigt am 29. Mai 2018 - zum 10. April 2018 den Gesellschafterwechsel innerhalb der Trägergesellschaft - der Beigeladenen zu 10) - fest, wonach neue Alleingesellschafterin nunmehr die Klinik C GmbH mit Sitz in F ist. Der Versorgungsvertrag dieser Klinik sowie seine Genehmigung nach §§ 108 Nr. 3, 109 SGB V vom 14. August 2013 durch das Bayrische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit liegen vor. Auf deren Inhalt wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 12. März 2019 die dem MVZ erteilte Zulassung zu widerrufen bzw. zu entziehen, den Bescheid vom 7. Februar 2018 zurückzunehmen und die freiwerdenden Vertragsarztsitze neu auszuschreiben (Eingang bei der Beigeladenen zu 1) am 18. März 2019). Die Gründungsgesellschafter hätten nicht die Absicht gehabt, das MVZ selbst zu betreiben. Sie hätten bereits am 4. April 2018 die Geschäftsführung niedergelegt. Ihre Gesellschaftsanteile hätten sie vor dem Hintergrund des Verkaufs ihrer Vertragsarztsitze an die Klinik C GmbH mit Sitz in F (AG Traunstein HRB 03) an diese übertragen. Die Angaben im Antrag auf MVZ-Zulassung seien mithin unzutreffend gewesen. Die Beigeladene zu 10) habe spätestens am 26. April 2018 ihren Sitz von P nach E verlegt. Im Handelsregister sei keine Zweigniederlassung für den Vertragsarztsitz eingetragen. Die Sitzv...