Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse - nachfolgende Erteilung einer vorläufigen Bewilligung
Orientierungssatz
1. Über die Erbringung von Leistungen der Grundsicherung ist nach § 41a Abs. 1 S. 1 SGB 2 unter den dort genannten gesetzlichen Voraussetzungen vorläufig zu entscheiden.
2. Bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit des Grundsicherungsberechtigten tritt eine wesentliche Änderung i. S. von § 48 Abs. 1 SGB 10 ein, aufgrund derer nach § 41a SGB 2 vorläufig zu entscheiden ist.
3. § 40 Abs. 4 SGB 2 verlangt insoweit, dass aufgrund der Änderung eine Pflicht zur vorläufigen Entscheidung bestünde, wenn die Leistungen nunmehr neu beantragt werden würden.
4. Als Rechtsfolge sieht § 40 Abs. 4 SGB 2 die Pflicht zur Aufhebung des endgültigen Bewilligungsbescheides mit Wirkung für die Zukunft vor.
5. Für den Zeitraum nach der Aufhebung gemäß § 40 Abs. 4 SGB 2 ist eine neue, und zwar vorläufige Bewilligungsentscheidung, nach § 41a SGB 2 zu treffen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 27.1.2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch in dem Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids der Beklagten vom 23.09.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.10.2019.
Der am 00.00.1955 geborene Kläger ist Volljurist und als Anwalt zugelassen. Er steht im Bezug von SGB II-Leistungen bei dem Beklagten.
Mit Bescheid vom 23.05.2019 bewilligte der Beklagte dem Kläger endgültige SGB II-Leistungen in Höhe von monatlich 912,29 Euro für den Zeitraum vom 1.7.2019 bis zum 30.6.2020.
Nach Erlass dieses Bescheids zeigte der Kläger dem Beklagten an, dass er zum 1.10.2019 eine selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwalt aufnehmen und hieraus ein durchschnittliches vorläufiges monatliches Einkommen von 100 EUR erzielen werde.
Vor diesem Hintergrund hob der Beklagte mit Bescheid vom 23.9.2019 den Bewilligungsbescheid vom 23.5.2019 für die Zeit ab dem 1.10.2019 auf. Das Einkommen des Klägers führe voraussichtlich nicht zum vollständigen Wegfall der Hilfebedürftigkeit. Daher erfolge eine Aufhebung der bereits endgültig bewilligten Leistungen und diese würden durch eine vorläufige Bewilligung ersetzt. Mit gesondertem Bescheid, ebenfalls vom 23.9.2019, bewilligte der Beklagte dem Kläger vorläufig SGB II-Leistungen für den Zeitraum vom 1.10.2019 bis 31.3.2020 in gleicher Höhe wie zuvor von monatlich 912,29 Euro. Bei der Leistungsberechnung wurde ein Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit als Rechtsanwalt in Höhe von 100 EUR monatlich berücksichtigt. Abzüglich des Freibetrags auf das Erwerbseinkommen seien 0 Euro als berücksichtigendes Gesamteinkommen anzurechnen.
Der Kläger legte gegen den Aufhebungsbescheid vom 23.9.2019 am 27.9.2019 Widerspruch ein. Konkret heißt es im Schreiben des Klägers: "In der vorbezeichneten Angelegenheit wird hiermit gegen den Bescheid vom 23. September 2019, wonach der Bescheid vom 23. Mai aufgehoben worden ist, Widerspruch eingelegt." Zur Begründung hat der Kläger vorgetragen, der Aufhebungsbescheid könne schon deshalb keinen Bestand haben, weil der vorläufige Bewilligungsbescheid vom gleichen Tage hinter dem nunmehr streitbefangenen Bescheid zurückbliebe. Widerspruch gegen den vorläufigen Bewilligungsbescheid erhob der Kläger demgegenüber nicht.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9.10.2019 zurück
Der Kläger hat dagegen am 14.10.2019 bei dem Sozialgericht Köln Klage erhoben.
Mit Änderungsbescheid vom 23.11.2019 passte der Beklagte die Leistungshöhe für die Monate Januar bis März 2020 aufgrund der gestiegenen Regelsätze auf 920,48 Euro monatlich an.
Der Kläger trug im erstinstanzlichen Verfahren vor, die Voraussetzungen für eine Aufhebung nach § 40 Abs. 4 SGB II hätten nicht vorgelegen. Dies ergäbe sich schon daraus, dass kein Bescheid iSd. § 41a SGB II ergangen sei. Ferner mache er vorsorglich den Änderungsbescheid vom 23.11.2019 zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, den Bescheid vom 23.9.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.10.2019 aufzuheben. Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trug vor, aufgrund der selbstständigen Tätigkeit des Klägers sei eine Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 23.5.2019 erforderlich geworden. Der Bescheid entspreche den gesetzlichen Bestimmungen. Er hat einer Einbeziehung des Bescheids vom 23.11.2019 in das gerichtliche Verfahren widersprochen. Dieser stelle lediglich einen sog. "Batchbescheid" dar und habe die gestiegenen Regelsätze ab dem Jahr 2020 entsprechend umgesetzt. Ferner sei nicht erkennbar, welches Ziel der Kläger mit seiner Klage verfolge. Die Aufhebung des Bescheids sei aufgrund der ab O...