Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Pflegeversicherung. Bindung an Gutachten und Leistungszusage. regelmäßige Nachuntersuchung

 

Orientierungssatz

1. Zur Bindung des privaten Pflegeversicherungsunternehmens an frühere Gutachten und die Leistungszusage zum Grad der Pflegebedürftigkeit.

2. Zum Verstoß einer regelmäßigen Nachbegutachtung gegen Art 1, 2 GG.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Zahlung von Pflegegeld nach einer  höheren Pflegestufe.

Die 1922 geborene Klägerin, die bei der Beklagten privat pflegeversichert  ist, leidet u.a. an einer weit fortgeschrittenen Osteoporose mit  schmerzhaften Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule nach mehrfachen  Wirbelkörperfrakturen, asthmatischen und Herzbeschwerden sowie  Harnblasenteilinkontinenz. Es ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 100  sowie die Merkzeichen G, aG, B und RF durch das Versorgungsamt anerkannt  (Bescheid vom 12.02.1997). Die Beklagte bewilligte der Klägerin zunächst  Leistungen nach Pflegestufe I gestützt auf ein Gutachten des Dr. U. von der  M. GmbH, der einen Hilfebedarf von 40 Minuten bei der Körperpflege, von 30  Minuten bei der Ernährung und von 20 Minuten bei der Mobilität angenommen  hatte.

Nachdem der Allgemeinmediziner Dr. R. der Klägerin im Januar 1997 eine  erhebliche Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes in den letzten  Monaten bescheinigt und das Vorliegen der Pflegestufe II angenommen hatte,  veranlaßte die Beklagte eine erneute Begutachtung. Dr. W. kam in seinem  Gutachten vom 12.02.1997 zu dem Ergebnis, dass sich der Gesundheitszustand  seit drei Monaten zunehmend verschlechtert habe und der Hilfebedarf bei der  Körperpflege nunmehr 120 Minuten (60 Minuten für Waschen/Duschen sowie 60  Minuten bei der Blasenentleerung), 30 Minuten bei der Aufnahme der Nahrung  und 20 Minuten für das An- und Auskleiden betrage. Daraufhin teilte die  Beklagte der Klägerin ist Schreiben vom 25.02.1997 mit, dass die Einstufung  ab 01.12.1996 in die Pflegestufe II geändert werde.

Zur Nachprüfung des Pflegebedarfs erstattete Dr. S. von der M. GmbH am  15.09.199 ein weiteres Gutachten, in dem er zu dem Ergebnis gelangte, dass  der Hilfebedarf bei der Körperpflege 60 Minuten (35 Minuten für das  Waschen, 25 Minuten bei Darm- und Blasenentleerung), 9 Minuten für die  mundgerechte Zubereitung der Ernährung und 30 Minuten bzgl. der Mobilität  (10 Minuten Aufstehen und Zu-Bett-Gehen 15 Minuten An- und Auskleiden, 5  Minuten Gehen) betrage, so dass aufgrund des Gesamtzeitaufwands von 99  Minuten zuzüglich 45 Minuten an erforderlicher Haushaltshilfe die  Pflegestufe I vorliege.

Mit Schreiben vom 24.09.1999 sagte die Beklagte daraufhin ab dem 15.09.1999  Leistungen nur noch nach Pflegestufe I zu. Dem widersprach die Klägerin  unter Übersendung eines Gutachtens des Orthopäden B., das dieser für das  Sozialgericht (SG) Aachen im Rahmen eines Versorgungsrechtsstreits am  23.10.1996 erstattet hatte, sowie eines Befundberichts des Dr. R. vom  05.10.1999, wonach eine Rückstufung der Pflegestufe I ärztlicherseits nicht  gerechtfertigt erscheine, weil der Gesundheitszustand der Klägerin infolge  schwerer Dyspnoe bzw. schweren Schmerzzuständen zeitweise so angegriffen  sei, dass sie ganztägig bettlägrig sei.

In seinem Obergutachten vom 21.11.1999 bestätigte Dr. Z. die Einstufung in  die Pflegestufe I und führte aus, die Klägerin könne bei allen  Verrichtungen noch mithelfen oder die Pflegenden unterstützen, bei vielen  Verrichtungen bestehe in der Regel noch eine ausreichende Selbständigkeit.  Aus den Unterlagen lasse sich nicht rekonstruieren, warum zuvor die  Voraussetzungen für die Anerkennung der Pflegestufe II vorgelegen hätten.  In den früheren Gutachten seien die Funktionseinschränkungen nicht genau  beschrieben.

Mit Schreiben vom 06.12.1999 bestätigte die Beklagte daraufhin ihre  Leistungszusage nach Pflegestufe I.

Die Klägerin hat am 04.01.2000 Klage vor dem SG Aachen erhoben und geltend  gemacht, sie könne viele Dinge des täglichen Lebens nicht mehr selber  ausführen, wie z.B. das Waschen, An- und Ausziehen, die Wohnung säubern,  Wäsche waschen und bügeln, spülen, einräumen und einkaufen. Insbesondere in  der Beweglichkeit sei sie wegen der Schädigung ihrer Wirbelsäule erheblich  eingeschränkt. Sie hat eine Aufstellung ihres Pflegebedarfs vorgelegt,  wonach sie 97 Minuten bei der Körperpflege täglich zuzüglich der Hilfe bei  der Darm- und Blasenentleerung, 1 Stunde bei der Aufnahme der Nahrung und  45 Minuten bei der Mobilität bedürfe.

Das SG hat Befundberichte des Orthopäden Dr. B. und Dr. R. eingeholt, auf  welche verwiesen wird.

Das SG hat sodann ein Gutachten durch die Ärztin für Innere Medizin und  Sozialmedizin Dr. H. veranlaßt. Diese ist ebenfalls zu dem Ergebnis  gelangt, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe II zu keinem Zeitpunkt  vorlegen hätten, sondern nur diejenigen für die Pflegestufe I bei der  Klägerin erreicht würden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten vom  15.08.2000 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 08.02.2001 hat das ...

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