Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegeversicherungsrecht: Zulässigkeit der Änderung einer Leistungszusage des Versicherers bei Verbesserung des Gesundheitszustandes des Versicherten
Orientierungssatz
1. Die Leistungszusage einer privaten Pflegepflichtversicherung stellt ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar, so dass bei einer Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse die Leistungspflicht entfallen kann.
2. Einzelfall zur Feststellung der Fortdauer einer Pflegebedürftigkeit und der Änderung einer Pflegestufe in der privaten Pflegepflichtversicherung (hier: Wegfall der Pflegestufe wegen Besserung des Gesundheitszustands bejaht).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 04.12.2014 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 30.04.2016.
Die am 00.00.1929 geborene Klägerin ist bei der beklagten privaten Pflegeversicherung im Umfang von 30 v.H. gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert. Sie erhielt von dem Beklagten vom 05.01.2007 bis 30.06.2008 Leistungen bei Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe I. Vom 01.07.2008 an gewährte der Beklagte Leistungen bei Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe II. Die Grundlage hierfür bildeten Gutachten des Internisten Q, L, vom 31.07.2008, 30.12.2008 und 27.08.2009. In dem letztgenannten Gutachten hatte der Sachverständige u.a. ausgeführt, dass bei der Körperpflege ein Hilfebedarf von 86 Minuten, bei der Ernährung von 6 Minuten und bei der Mobilität von 30 Minuten -jeweils- täglich, insgesamt somit 122 Minuten bei der Grundpflege bestehe.
Der von dem Beklagten mit einer Untersuchung und Begutachtung der Klägerin beauftragte Dr. T gelangte in seinem Gutachten vom 30.11.2012 zu folgenden Ergebnissen: Im Bereich der Körperpflege benötige die Versicherte bei der Ganzkörperwäsche und beim Duschen Hilfe im Umfang von 8 Minuten täglich, bei der Ernährung von 2 Minuten täglich und im Bereich der Mobilität, beim An- und Auskleiden sowie Gehen im Umfang von 10 Minuten täglich. Insgesamt bestehe damit im Bereich der Grundpflege ein Hilfebedarf von 20 Minuten; im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung ein solcher von 45 Minuten täglich. Es sei eine deutliche Besserung eingetreten. Eine solche Änderung bei dem Lebensalter sei ungewöhnlich, es sei der Hilfebedarf ausdrücklich mehrfach mit Fragen an die Klägerin sowie ihren Sohn erörtert worden.
Der Beklagte stellte daraufhin die Gewährung von Leistungen der Pflegestufe I oder II ab 01.01.2013 ein (Schreiben vom 20.12.2012).
Die Klägerin hat am 04.01.2013 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben.
Zur Begründung hat sie vorgetragen: Entgegen der Ansicht der Beklagten bestehe weiterhin ein erheblicher Hilfebedarf, insbesondere im Bereich der Körperpflege und der Mobilität. Sie hat geltend gemacht, dass sie nahezu gar nicht mehr selbständig laufen könne und ganz überwiegend im Rollstuhl sitze. Dazu hat sie einen Befundbericht des Dr. N, Facharzt für Orthopädie, V, vom 18.11.2014 vorgelegt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin über den 31.12.2012 Leistungen wegen Schwerpflegebedürftigkeit zu erbringen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, das von ihm eingeholte Gutachten des Dr. T sei verbindlich, weil es nicht offensichtlich unrichtig sei. Der Gesundheitszustand der Klägerin habe sich erheblich verbessert, der Pflegebedarf habe sich erheblich verringert.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 04.12.2014 abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das ihr am 11.12.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.01.2014 (Montag) Berufung eingelegt. Aufgrund der im Laufe des Berufungsverfahrens durchgeführten Beweisaufnahme hat der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 18.05.2017 das Vorliegen der Voraussetzungen für die Pflegestufe I ab Dezember 2013 sowie die der Pflegestufe II ab Mai 2016 anerkannt; die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Zur Begründung bringt sie vor: Ihr Gesundheitszustand habe sich nicht verbessert. Es habe auch von Januar 2013 bis April 2016 ein Hilfebedarf bestanden, der demjenigen der Pflegestufe II entspreche. Dies könne ihre Hausärztin I bestätigen. Die von dem Sachverständigen T zitierten Äußerungen, die sie angeblich zu der eingetretenen Besserung ihres Gesundheitszustandes gemacht habe, seien nicht zutreffend. Insbesondere habe sich auch im Hinblick auf die bei ihr bestehende Harninkontinenz eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht ergeben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 04.12.2014 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr in der Zeit vom 01.01.2013 bis 30.04.2016 Leistungen nach der Pflegestufe II zu gewähren.
Die Klägerin bean...