Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Kürzung der nach dem Fremdrentengesetz anerkannten Entgeltpunkte
Orientierungssatz
1. Die auf Beitragszeiten nach dem FRG entfallenden Entgeltpunkte sind gemäß § 22 Abs. 4 FRG mit 0,6 zu vervielfältigen, d. h. sie sind um 40 % zu kürzen. Bei der Ermittlung der Entgeltpunkte für beitragsgeminderte Zeiten hat der Gesetzgeber von seiner Befugnis zur Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums verfassungsmäßigen Gebrauch gemacht.
2. Weil das Prinzip der begrenzten Gesamtleistungsbewertung beitragsgeminderter Zeiten mit dem GG, ins besondere mit Art. 14 GG in Einklang steht, ist ein Verstoß gegen höherrangiges Recht nicht erkennbar. Deshalb besteht kein Anlass, das Verfahren auszusetzen und die Frage der Vereinbarkeit von § 22 FRG mit dem Grundgesetz gemäß Art. 100 GG dem BVerfG vorzulegen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 08.04.2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger Altersrente ohne Kürzung der nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anerkannten Entgeltpunkte (EP) zusteht.
Der am 00.00.1939 geborene Kläger ist anerkannter Vertriebener. Bis zu seiner Übersiedelung in die Bundesrepublik Deutschland im Juni 1978 lebte er in Rumänien. Seit dem 1.9.2001 bezieht er Altersrente wegen Arbeitslosigkeit aufgrund des Bescheides v. 11.9.2001 sowie des Neuberechnungsbescheides v. 15.1.2002. Beide Bescheide wurden bestandskräftig. Bei der Berechnung der Rente berücksichtigte die Beklagte die Zeit vom 28.12.1956 bis zum 30.6.1958 als beitragsfreie Zeit der Fachschulausbildung, die Zeiträume vom 1.9.1958 bis zum 30.11.1958 und vom 18.6.1959 bis zum 28.2.1962 als beitragsgeminderte Zeiten beruflicher Ausbildung sowie Pflichtbeitragszeiten vom 1.3.1962 bis zum 18.5.1978 mit Ausnahme des Monats Dezember 1977. Für die Zeit vom 1.6.1970 bis zum 18.5.1978 nahm die Beklagte Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (KiBÜZ) an. Die auf die Beitragszeiten nach dem FRG entfallenden EP vervielfältigte die Beklagte gemäß § 22 Abs. 4 FRG mit 0,6. Die EP für die beitragsgeminderten Zeiten ermittelte sie im Rahmen der begrenzten Gesamtleistungsbewertung auf der Grundlage von 0,0625 EP je Kalendermonat (bei glaubhaft gemachten Zeiten auf 5/6 gekürzt).
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) v. 13.6.2006 (Az.: 1 BvL 9/00 u.a.) zur Verfassungsmäßigkeit von § 22 Abs. 4 FRG stellte der Kläger am 27.6.2006 einen Antrag gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Neufeststellung der Rente. Die Beklagte lehnte eine Änderung des Bescheides vom 11.9.2001 im Überprüfungsverfahren ab (Bescheid v. 5.2.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 2.7.2008). Zwar habe das BVerfG für Personen wie den Kläger, die vor dem 1.1.1991 nach Deutschland gekommen seien und deren Rente nach dem 30.9.1996 begonnen habe, eine zusätzliche Übergangsregelung gefordert, die nunmehr mit Art. 6 § 4c Abs. 2 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) vorliege. Der Kläger erfülle die dort geregelten Voraussetzungen jedoch nicht.
Mit seiner am 4.8.2008 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen: Da er Spätaussiedler sei, fielen die von ihm in Rumänien geleisteten Beiträge unter den Eigentumsschutz des Art 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Sein Fall unterscheide sich in wesentlichen Punkten von dem vom BVerfG am 13.6.2006 entschiedenen Verfahren: Er sei Vertriebener, der in Rumänien bis 1978 aufgrund eines Freikaufs durch die Bundesrepublik Deutschland festgehalten worden sei. Er habe Versicherungsleistungen an das rumänische Rentensystem erbracht, die gemäß § 16 FRG Beiträgen im Inland gleichgestellt seien. Die Beiträge seien von der Bundesrepublik Deutschland stetig durch Zuschüsse an die Versicherungsträger geleistet worden. Zudem habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) inzwischen klargestellt, dass Fremdrenten keine bedürftigkeitsabhängigen Sozialleistungen, sondern echte Renten seien. Zumindest für die Zeit der beruflichen Ausbildung v. 1.9.1958 bis zum 30.11.1958 und vom 18.6.1959 bis zum 28.2.1962 müsse die Kürzung der EP vermieden werden. Die Zeiten der beruflichen Ausbildung müssten als vollwertige Beitragszeiten anerkannt werden, da er sie genauso im Bundesgebiet hätte zurücklegen können. Gleiches müsse für die Kindererziehungszeiten (KEZ) gelten.
Der Kläger hat beantragt,
die Bescheide vom 11.9.2001 und 15.1.2002 teilweise aufzuheben, den Bescheid vom 5.2.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die nach dem FRG bewerteten Zeiten nicht unter Anwendung des § 22 Abs. 4 FRG zu mindern.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide verteidigt.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil v. 8.4.2009). Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Mit der am 20.5.2009...