Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückverweisung des Rechtstreits durch das Landessozialgericht bei einem wesentlichen Verfahrensmangel des sozialgerichtlichen Verfahrens

 

Orientierungssatz

1. Leidet das Urteil des Sozialgerichts an einem wesentlichen Verfahrensmangel, so kann das Landessozialgericht nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn aufgrund des Mangels eine aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist.

2. Bei Leistungen der Grundsicherung stellt die Einbeziehung von Zeiträumen, welche nicht streitbefangen sind,  in die Entscheidung ebenso wie die fehlende Entscheidung über einen streitbefangenen Zeitraum einen Verstoß gegen § 123 SGG dar (BSG Beschluss vom 2. 4. 2014, B 3 KR 3/14 B).

3. Gleiches gilt bei einem Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG.

4. Der Grundsatz der Prozessökonomie führt nicht dazu, dass die Berufung abschließend in der Berufungsinstanz zu behandeln ist; dadurch würde den Beteiligten eine Instanz verloren gehen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 03.11.2017 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an dieses Gericht zurückverwiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 23.06.2016 bis zum 09.01.2017 sowie für die Zeit vom 01.07.2017 bis zum 31.08.2017.

Die 1989 geborene Klägerin bezog ursprünglich vom Jobcenter F Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und zog im Juni 2016 nach E um.

Am 23.06.2016 beantragte sie beim Beklagten die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes.

Im Januar 2017 erhob sie beim Sozialgericht Gelsenkirchen Untätigkeitsklage (S 33 AS 95/17) und beantragte den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (S 33 AS 79/17 ER). In dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Sozialgericht den Beklagten mit Beschluss vom 24.01.2017, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe unter Beachtung des Regelbedarfs ab dem 10.01.2017 bis zum 30.06.2017 zu bewilligen und entsprechende Leistungen zur Auszahlung zu bringen. Daraufhin bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 27.01.2017 unter Berufung auf § 41a SGB II vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 10.01.2017 bis zum 30.06.2017 i.H.v. 409,00 Euro monatlich. In der Rechtsbehelfsbelehrung ist ausgeführt, dass der Bescheid in Umsetzung des Beschlusses im Verfahren S 33 AS 79/17 ER ergehe.

Mit einem zweiten Bescheid vom 27.01.2017 versagte der Beklagte die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 23.06.2016 bis zum 09.01.2017 unter Berufung auf § 66 SGB I. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein (W xxx) und reichte Kontoauszüge sowie weitere Unterlagen ein.

Am 28.06.2017 beantragte sie die Weiterbewilligung der Leistungen für die Zeit ab dem 01.07.2017.

Mit Bescheid vom 12.07.2017 lehnte der Beklagte die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 23.06.2016 bis zum 09.01.2017 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch (W xxx) wies der Kreis S mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2017 als unbegründet zurück.

Mit weiterem Bescheid vom 12.07.2017 lehnte der Beklagte den Antrag vom 28.06.2017 auf Gewährung von Leistungen ab dem 01.07.2017 wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch (W xxx) wies der Kreis S mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2017 als unbegründet zurück.

Den gegen den Versagungsbescheid vom 27.01.2017 eingelegten Widerspruch (W xxx) verwarf der Kreis S mit Widerspruchsbescheid ebenfalls vom 31.07.2017 als unzulässig. Er übernahm die notwendigen Kosten der Klägerin für dieses Widerspruchsverfahren und erstattete auf Antrag die angefallenen Rechtsanwaltsgebühren.

Mit zwei Bescheiden vom 05.09.2017 setzte der Beklagte die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 10.01.2017 bis zum 30.06.2017 endgültig auf 0,00 Euro monatlich fest und forderte die Erstattung eines Betrages i.H.v. 2.344,93 Euro. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.

Am 05.09.2017 beantragte die Klägerin die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Hierauf bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 28.09.2017 unter Berufung auf § 41a SGB II vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.09.2017 bis zum 28.02.2018 in Höhe des Regelbedarfs von 409,00 Euro monatlich. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 04.10.2017 bewilligte der Beklagte der Klägerin unter Berufung auf § 41a SGB II vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts i.H.v. 850,00 Euro monatlich (409,00 Euro Regelbedarf, 441,00 Euro Unterkunftskosten) für die Zeit vom 01....

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