Entscheidungsstichwort (Thema)
Hilfebedürftigkeit. Einkommen. Verkaufserlöse. Anhörung. Bestimmtheit
Orientierungssatz
1. Liegt einem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid über Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende ein vom Grundsicherungsempfänger zunächst verheimlichtes Einkommen zugrunde, so geht die aus einer Verletzung von Mitteilungspflichten des Grundsicherungsempfängers resultierende Nichtaufklärbarkeit der genauen Höhe des Einkommens und dessen Zuordnung zu bestimmten Zeiträumen ausnahmsweise zu Lasten des Grundsicherungsempfängers.
2. Bei einer Bedarfsgemeinschaft wird die Verletzung der Mitteilungspflicht durch nur ein Mitglied der Gemeinschaft den weiteren Mitgliedern zugerechnet, so dass auch diese die Rechtsfolgen aus einer solchen Pflichtverletzung zu tragen haben (Anschluss LSG Essen, Urteil vom 04. September 2013, L 12 AS 692/12).
3. Einzelfall zur Rückforderung von Grundsicherungsleistung wegen verheimlichter Einnahmen aus ebay-Verkäufen.
Normenkette
SGB II § 11 Abs. 1 S. 1, § 11b Abs. 1 Nr. 5, § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1, § 40 Abs. 2 Nr. 3; SGB X § 45 Abs. 1, § 2 S. 3 Nr. 2, § 24 Abs. 1, § 33 Abs. 1; SGB III § 330 Abs. 2; SGB I § 60 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 278
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.07.2015 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger (geb. 1970, 1982 und 2010) wenden sich gegen eine Aufhebung und Rückforderung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von August 2009 bis Januar 2011.
Der Kläger zu 1. bezieht seit Dezember 2005 durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Im August 2008 zogen der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. zusammen. Seit Oktober 2009 bezieht die Klägerin zu 2. Leistungen. Die Klägerin zu 3. ist seit ihrer Geburt am 00.00.2010 Leistungsbezieherin. Die Klägerin zu 2. war im Erstattungszeitraum als Arzthelferin erwerbstätig und verfügte über Einkommen, das auf die Leistungsansprüche angerechnet wurde. Für die Klägerin zu 3. wurde ab ihrer Geburt Kindergeld iHv 184 EUR monatlich bewilligt, die Klägerin zu 2. erhielt zudem Elterngeld.
Der Kläger zu 1. ist mittlerweile pflegebedürftig und schwerbehindert mit einem GdB iHv 100 sowie den Merkzeichen "AG", "B" und "G". Nach einem Attest von Frau Dr. L vom 01.02.2017 ist der Kläger zu 1. aus gesundheitlichen Gründen "nicht reisefähig". Der Bevollmächtigte des Klägers zu 1. hat mitgeteilt, dass dieser krankheitsbedingt außer Stande ist, sachdienliche Angaben zu machen.
Mit Bescheiden vom 05.05.2009, 06.06.2009, 01.09.2009 sowie vom 25.06.2010 bewilligte der Beklagte dem Kläger zu 1. für Juli 2009 bis September 2009 Leistungen iHv 690,13 EUR. Mit dem Bescheid vom 01.09.2009 wurden dem Kläger zu 1. und der Klägerin zu 2. Leistungen iHv jeweils insgesamt 200,03 EUR für Oktober 2009 und iHv 180,96 EUR für November 2009 bewilligt. Mit Bescheid vom 02.12.2009 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig Leistungen von Dezember 2009 bis Mai 2010. Mit Bescheid vom 18.02.2010 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen von Januar 2010 (6,17 EUR) bis Mai 2010 (jeweils monatlich 119,84 EUR). Mit Bescheiden vom 05.05.2010 und 25.06.2010 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen von Juni 2010 bis November 2010 iHv monatlich 669 EUR. Mit Bescheiden vom 04.11.2010, 08.12.2010, 25.02.2011 und 26.03.2011 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen iHv 669 EUR (Dezember 2010), 749 EUR (Januar 2011), 1182 EUR (Februar 2011) und 577,48 EUR (jeweils monatlich für März 2011 bis Mai 2011).
Im Januar 2011 beging der Kläger zu 1. in C einen Einbruchsdiebstahl, bei dem er eine Bohrmaschine, eine Stichsäge und einen Schwingschleifer entwendete. Nachdem der Kläger zu 1. den Schwingschleifer auf eBay verkauft hatte und die Polizei aufgrund der Seriennummer des Geräts den Kläger zu 1. als Verkäufer identifizieren konnte, durchsuchte die Polizei die Wohnung der Kläger. Hierbei wurden u.a. eine Schmuckschatulle mit Ketten, an denen teilweise noch die Preisschilder befestigt waren, und die entwendete Stichsäge aufgefunden. Im Zuge der polizeilichen Ermittlungen wurden Umsatzübersichten der Fa. eBay aus Verkäufen über zwei eBay-Accounts ("xxx" und " ..."), die den Klägern zu 1. und 2. zur Verfügung stehen, eingeholt. Polizeilich wurden hinsichtlich des accounts "xxx" Einnahmen von August 2009 bis Januar 2011 iHv 15.033,32 EUR und hinsichtlich des accounts " ..." Einnahmen von Juni 2009 bis Mai 2011 iHv 8.686,56 EUR festgestellt. Diese Einnahmen teilten die Kläger dem Beklagten nicht mit. Der Kläger zu 1. wurde aufgrund des Einbruchsdiebstahls vom Amtsgericht C am 10.05.2012 zu einer Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, verurteilt (Az. 74 Ds xx/Js xx/11-xx/12).
Mit Schreiben vom 28.11.2012 hörte der Beklagte den Kläger zu 1. sowie die Klägerin zu 3., mit weiterem Schreib...