Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung von in Spanien entstandenen Zahnbehandlungskosten eines deutschen KVdR-Versicherten. Verfassungsmäßigkeit des Ruhens der Sachleistungsverpflichtung
Orientierungssatz
Ein in Spanien lebender Rentner hat als Pflichtmitglied in der deutschen KVdR keinen Anspruch auf Erstattung von Sachleistungskosten durch die deutsche Krankenkassen, die über die vom spanischen Krankenversicherungsträger nach Maßgabe des spanischen Krankenversicherungsrecht gewährten, hinausgehen.
Das Ruhen der Sachleistungspflicht der deutschen Krankenkasse verstößt nicht gegen das GG (vgl BSG vom 23.6.1994 - 12 RK 25/94 = SozR 3-2500 § 243 Nr 3 und BSG vom 11.10.1994 - 1 RK 2/94 = SozR 3-6050 Art 25 Nr 1).
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren nur noch um Kostenerstattung von in Spanien entstandenen Zahnbehandlungskosten.
Der am 1941 geborene Kläger bezieht von der Beklagten seit April 1979 Erwerbsunfähigkeitsrente. Als Rentner ist er Mitglied der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Zusammen mit seiner Ehefrau I und den Kindern B, F, F-P, I und U lebte er von Februar 1986 bis Juni 1996 dauerhaft in Spanien. Krankenversicherungsschutz wurde ihm und seinen Familienangehörigen gem. Art. 28 EG-Verordnung (EG-VO) 1408/71 durch den spanischen Versicherungsträger, dem Instituto Nacional dela Seguridad Social in Tarragona, nach Maßgabe des spanischen Rechts gewährt. Zu diesem Zweck hatte er sich von der Beklagten eine Bescheinigung (Vordruck E 121) über den Anspruch auf Sachleistungen ausstellen lassen und sich und seine Familienangehörigen beim spanischen Versicherungsträger als Anspruchsberechtigte für Sachleistungen im Krankheitsfall eintragen lassen. Die Gewährung der Sachleistungen vollzog sich in der Rechtsform des spanischen Versicherungsträgers, dem wiederum von der Beklagten auf der Grundlage eines monatlichen Pauschalbetrags dessen Leistungen erstattet wurden (Art. 95 EG-VO 574/72).
Mit Schreiben vom 18.03.1991 beantragte der Kläger bei der Beklagten Kostenerstattung der von ihm in Spanien vorausbezahlten Zahnarztkosten für Zahnbehandlung für sich und seine Familienangehörigen. Er überreichte ausweislich der Verwaltungsakte der Beklagten insgesamt 18 Rechnungen über solche Zahnarzt-Behandlungen in Höhe von insgesamt 110.500,- spanischen Pesetas, umgerechnet 1.777,69 DM. Zur Begründung führte er aus: Er unterliege zwar zur Zeit der spanischen Versicherung, es bestände aber kein Grund, ihm und seine Familie Zahnbehandlungen zu verweigern, nur weil er im Ausland wohne. Ihm stehe die volle Leistung aus der Krankenversicherung so, als würde er noch in Deutschland leben, zu.
Unter Hinweis, daß die Krankenversicherung nach den Bestimmungen des EG-Rechts gewährt werde und sie keinen Einfluß auf die Leistungsbedingungen des spanischen Rechts habe, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 09.04.1991 eine Erstattung der Zahnarztkosten ab.
Hiergegen hat der Kläger am 23.04.1991 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt, seine Familie und er benötigten in Spanien zahnärztliche Behandlungen. Dort rechneten Zahnärzte jedoch nur direkt mit ihren Patienten und nicht mit dem Krankenversicherungsträger ab. Das spanische Recht kenne keine zahnärztliche Krankenversicherung, so daß insoweit die Beklagte weiterhin zur Leistung verpflichtet sei. Würde man einen solchen Anspruch verneinen, fordere er hilfsweise seit seiner Ausreise nach Spanien Beiträge zur KVdR mit Zinsen zurück. Dies ergebe sich aus dem Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, denn die Beklagte erhalte Beiträge, ohne zur Gegenleistung verpflichtet zu sein.
Sein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung hatte keinen Erfolg (Beschluß des Sozialgerichts Dortmund vom 09.04.1992 und des erkennenden Senats vom 21.07.1993 - L 2 S 7/92 -). Mit Urteil vom 07.11.1994 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Anspruch auf Kostenerstattung scheitere an § 16 des Sozialgesetzbuchs V (SGB V) und an Art. 28 EG-VO 1408/71. Danach ruhe der Sachleistungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte, solange er sich im Ausland aufhalte; Sachleistungen würden vom spanischen Versicherungsträger gewährt. Gegen diese Regelung bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken: In Deutschland und im Ausland lebende Versicherte könnten unterschiedlich behandelt werden. Die Klage auf Rückerstattung bzw. zukünftig auf Einstellung der Erhebung von KVdR-Beiträgen sei aus prozessualen Gründen unzulässig, darüber hinaus habe der Kläger hierauf auch keinen Anspruch.
Gegen das ihm am 22.11.1994 zugestellte Urteil hat der Kläger am 13.12.1994 Berufung eingelegt, die er auf die Erstattung der in Spanien entstandenen Zahnarztkosten beschränkt hat. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen und hält weiter an der Auffassung fest, in seinem Grundrecht auf Freizügigkeit und Gleichbehandlung mit in Deutschland lebenden Rentnern verle...