Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis

 

Orientierungssatz

Die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis bei Personen, die zumindest insoweit eine Schulausbildung genossen haben, daß davon ausgegangen werden kann, ihnen sei die Fertigkeit des Schreibens vermittelt worden, kann nur dann bejaht werden, wenn sie im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt in der Lage waren, in deutscher Sprache zu sprechen, zu lesen und zu schreiben. Denn man kann nur dann durch die Benutzung der deutschen Sprache Zugang zu der durch sie vermittelten Kultur erlangen, wenn man in der Lage ist, Mitteilungen anderer Personen in dieser Sprache aufzunehmen und gegenüber Dritten sich entsprechend zu artikulieren. Dazu reicht allein der mündliche Sprachgebrauch nicht aus, da das geschriebene Wort in erster Linie dazu geeignet ist, das zu übermittelnde Gedankengut präzise und dauerhaft weiterzugeben. Das Beherrschen des Deutschen "wie eine Muttersprache" umfaßt daher nicht nur das Sprechen und Lesen, sondern auch das Schreiben (vgl Senatsurteil vom 15.5.1996 - L 8 J 17/95).

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente.

Die am. 1929 in C als rumänische Staatsbürgerin geborene Klägerin wanderte 1965 in das heutige Israel aus. Sie besitzt die israelische Staatsangehörigkeit. Von Oktober 1941 bis März 1944 war sie nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt. Sie ist als Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) anerkannt und erhielt Entschädigungsleistungen.

In C besuchte sie nach eigenen Angaben von 1936 bis 1941 die Volksschule. Bis 1940 wurde in rumänischer Unterrichtssprache unterrichtet; danach erfolgte der Unterricht in russischer Sprache. Bis 1946 lebte die Klägerin in ihrem Geburtsort C. Sie verzog dann bis zu ihrer Ausreise im Jahr 1965 nach Bukarest. Im Jahre 1957 heiratete sie ihren rumänischsprachigen Ehemann und benutzte in ihrer Ehe Rumänisch als Umgangssprache.

Am 28.02.1990 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente. Die Beklagte zog die die Klägerin betreffenden Entschädigungsakten der Landesrentenbehörde Nordrhein-Westfalen - - bei und veranlaßte eine Sprachprüfung beim israelischen Finanzministerium. Im Bericht vom 01.06.1992 heißt es, die Klägerin spreche Deutsch fließend und lese es ohne Schwierigkeiten mit Verständnis; eine Schriftprobe könne nicht angefertigt werden, weil die Klägerin nicht Deutsch schreiben könne.

Mit Bescheid vom 25.01.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.1995 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab und führte zur Begründung aus, die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.

Dagegen hat die Klägerin am 21.04.1995 Klage erhoben und geltend gemacht, sie habe die deutsche Sprache überwiegend mündlich in der Familie erlernt und benutzt; im übrigen müsse berücksichtigt werden, daß ihr Bildungsniveau aufgrund des zeitlich eingeschränkten Volkschulbesuches nicht sehr hoch sei.

Die Beklagte hat auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden verwiesen.

Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 15.08.1995 die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen verwiesen.

Gegen das ihr am 09.10.1995 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.10.1995 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen.

Die Klägerin, für die niemand zum Termin zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Düsseldorf vom 15.08.1995 und unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 25.01.1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.04.1995 zu verurteilen, für sie eine Versicherungsunterlage über Fremdrentenzeiten herzustellen und ihr Altersruhegeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten der Landesrentenbehörde NRW - und - haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und den der Streitakten wird ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte in Abwesenheit der Klägerin und ihres Bevollmächtigten entscheiden. Denn der Prozeßbevollmächtigte ist in der ihm am 24.05.1996 zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Altersrente. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Urteils des SG Düsseldorf vom 15.08.1995 Bezug genommen. Sie hat sich der Senat nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen gemacht (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren, das im wesentlichen identisch ist mit dem im erstinstanzlichen Verfahren, führt zu keiner anderen Beurteilung. Ergänzend weist der Senat darauf hin, daß die Zugehörigkeit d...

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