Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis. Beherrschung der deutschen Sprache
Orientierungssatz
Die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) bei Personen, die im Zeitpunkt des Verfolgungsbeginns eine abgeschlossene Schulausbildung hatten, kann nur dann bejaht werden, wenn sie im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt in der Lage waren, in deutscher Sprache zu sprechen, zu lesen und zu schreiben.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Altersrente.
Der am 1921 in T als rumänischer Staatsbürger geborene Kläger wanderte 1965 in das heutige Israel aus. Er besitzt die israelische Staatsangehörigkeit. Von Juni 1942 bis Mai 1945 war er nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt und ist als Verfolgter im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) anerkannt. Er enthielt Entschädigungsleistungen.
In T besuchte er nach eigenen Angaben von 1928 bis 1935 die Volksschule und anschließend bis 1938 eine Fachschule für Schneiderei. In beiden Schulen wurde in rumänischer Unterrichtssprache unterrichtet. Danach habe er bis September 1940 eine Schneiderlehre absolviert und bis Oktober 1942 als Schneidergeselle gearbeitet; in der Zeit von Juni 1948 bis Mai 1958 habe er in O /Rumänien als Schneider in einer Pelzfabrik eine Beschäftigung ausgeübt.
Am 31.12.1990 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente. Dabei gab er an, die deutsche und rumänische Sprache beherrscht zu haben, wobei allerdings im persönlichen Lebensbereich überwiegend die deutsche Sprache benutzt worden sei. Er legte entsprechende eidesstattliche Versicherungen von ihm und von R T und J D vor.
Die Beklagte zog die den Kläger betreffenden Entschädigungsakten von der Landesrentenbehörde Nordrhein-Westfalen - bei und veranlaßte eine Sprachprüfung durch den Sprachprüfer beim israelischen Finanzministerium. Im Bericht vom 03.05.1993, dem seine Schwestern I Sch und S R betreffenden Sprachprüfungsberichte beigefügt waren, heißt es, der Kläger könne mit Einschränkungen in deutscher Sprache lesen und sprechen, jedoch nicht schreiben.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 23.07.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.1994 ab und führte zur Begründung aus, die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.
Dagegen hat der Kläger am 21.06.1994 Klage erhoben und geltend gemacht, er habe die deutsche Sprache überwiegend mündlich in der Familie erlernt und benutzt; im übrigen müsse berücksichtigt werden, daß sein Bildungsniveau nicht sehr hoch sei.
Die Beklagte hat auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden verwiesen.
Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 05.01.1995 die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen verwiesen.
Gegen das ihm am 01.02.1995 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.02.1995 Berufung eingelegt. Er führt aus, das SG habe der fehlenden Schriftprobe eine zu große Bedeutung beigemessen; ergänzend legt er weitere eidesstattliche Versicherungen vor, aus denen sich ergibt, daß in seiner Familie überwiegend die deutsche Sprache gesprochen wurde.
Der Kläger, für den niemand im Termin zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.01.1995 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.07.1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.1994 zu verurteilen, ihm eine Altersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und den der Streitakten wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers und seines Prozeßbevollmächtigten entscheiden, denn der Prozeßbevollmächtigte ist in der ihm am 26.04.1996 zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
Die zulässige Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.
Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Altersrente.
Zur Begründung wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Urteils des SG Düsseldorf vom 05.01.1995 Bezug genommen. Sie hat sich der Senat nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen gemacht (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren, das im wesentlichen identisch ist mit dem erstinstanzlichen Verfahren, führt zu keiner anderen Beurteilung.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, daß die Zugehörigkeit zum dSK bei Personen, die im Zeitpunkt des Verfolgungsbeginns eine abgeschlossene Schulausbildung hatten, nur dann bejaht werden kann, wenn sie im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt in der Lage waren, in deutscher Sprache zu sprechen, zu lesen und zu schreiben. Denn man kann nur dann durch die Benutzung der deutschen Sprache Zugang z...