Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a S 6 SGB 5. Leistung durch nicht zugelassenen Leistungserbringer liegt offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs. neue Behandlungsmethode. ambulante Liposuktion. keine positive Empfehlung des G-BA. rechtswirksamer Vergütungsanspruch des Arztes als Voraussetzung des Kostenerstattungsanspruchs. Anforderungen an eine Abrechnung nach den Vorschriften der GOÄ 1982
Orientierungssatz
1. Die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a S 6 SGB 5 setzt voraus, dass der vom Versicherten gestellte Antrag eine Leistung betrifft, welche dieser für erforderlich halten durfte und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegt.
2. Eine Leistung durch einen nicht zugelassenen Leistungserbringer liegt offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs. Begibt sich der Versicherte ohne Not in privatärztliche Behandlung, so verlässt er den Schutzbereich der Solidargemeinschaft der Krankenversicherung. Er kann dann von dieser insoweit nichts beanspruchen.
3. Ein Anspruch auf eine ambulante ärztliche Liposuktion scheitert daran, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die neue Methode der Fettabsaugung nicht positiv empfohlen hat und kein Ausnahmefall vorliegt, in welchem dies entbehrlich ist. Die gilt erst recht für eine privatärztliche Behandlung.
4. Der Kostenerstattungsanspruch eines Versicherten, der sich die Leistung selbst beschafft hat, setzt voraus, dass dem behandelnden Arzt gegen den Versicherten ein rechtswirksamer Vergütungsanspruch aus der Behandlung erwachsen ist. Ein Vergütungsanspruch des Arztes besteht nur, wenn dem Patienten eine Abrechnung nach den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte - GOÄ (juris: GOÄ 1982) erteilt worden ist.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 03.12.2015 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt ambulante Liposuktionen der Arme und Beine in einer Privatpraxis als Sachleistung.
Die an einem Lipödem leidende Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Im November 2014 ließ sie von Dr. L, L, eine Liposuktion durchführen. Diesbezüglich wandte sie sich nie an die Beklagte. Die Kosten trug sie selbst. Im Dezember 2014 beantragte sie bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine ambulante Liposuktion der unteren und oberen Extremitäten in drei Eingriffen unter Vorlage eines (undatierten) Antragsschreibens der Praxis für Plastische und Ästhetische Chirurgie L Aesthetics, L, sowie eines an Dr. L gerichteten Arztbriefs des Phlebologen/Lymphologen Dr. M, M, vom 18.11.2014; die Klägerin behauptet, sie habe diesen Antrag am 23.12.2014 bei der Geschäftsstelle der Beklagten in M abgegeben. Nach einem Vermerk der Beklagten ist der Antrag am 29.12.2014 im Fachgebiet "allgemeine Leistungen" eingegangen. Am 02.02.2015 machte die Klägerin geltend, die begehrte Behandlung gelte als genehmigt, nachdem die Beklagte nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Drei-Wochen-Frist entschieden habe.
Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.02.2015 ab. Bei der begehrten Therapie handele es sich um eine neue Behandlungsmethode, die mangels Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) nicht von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werde dürfe. Nichts anderes folge aus dem von der Klägerin geltend gemachten Fristablauf. Dieser führe nicht dazu, dass die beantragte Leistung als genehmigt gelte. Der Fristablauf führe allenfalls zu einem Kostenerstattungsanspruch nach Selbstbeschaffung; dieser Anspruch sei zudem auf ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungen beschränkt. Hierzu zähle die Liposuktion nicht. Außerdem handele es sich bei der Praxis L um eine reine Privatpraxis ohne Vertragsarztzulassung. Ein Anspruch auf eine Leistung bei einem Nichtvertragsbehandler scheide aus, da es genug zugelassene Einrichtungen gebe, die die Behandlung anbieten könnten.
Mit ihrem Widerspruch vom 11.02.2015 machte die Klägerin erneut geltend, die beantragte Leistung gelte wegen Ablaufs der Drei-Wochen-Frist als genehmigt.
Die Beklagte nahm diesen Widerspruch zum Anlass, eine sozialmedizinische Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) einzuholen. Dieser führte unter dem 09.03.2015 aus, dass die in der Regel ambulant durchzuführende Therapie mangels Empfehlung des GBA nicht zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erbracht werden dürfe. Als Therapie der Wahl gelte die komplexe Entstauungstherapie (manuelle Lymphdrainage, Kompressionstherapie, ggf. apparative Lymphdrainage). Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2015 zurück. Ein Anspruch auf eine Behandlung bestehe nur bei Vertragsärzten, nicht bei der Privatpraxis L. Zudem werde die sog. "neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode" Liposuktion derzeit vom GBA überprüft (Besch...