Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung der Bewilligung von Kosten der Unterkunft und Heizung bei deren unangemessener Höhe

 

Orientierungssatz

1. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs. 1 SGB 2 in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit sie angemessen sind. Zur Konkretisierung der Angemessenheit wird auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten Stufe eine konkret-individuelle Prüfung vorgenommen.

2. Der abstrakte Quadratmeterpreis soll aufgrund eines schlüssigen Konzepts den Preis wiedergeben, den ein Leistungsberechtigter auf dem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufwenden muss.

3. Sind die monatlichen Unterkunftskosten abstrakt und konkret unangemessen, dann ist der ergangene Bewilligungsbescheid wegen des Vorliegens einer wesentlichen Änderung i. S. von § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB 10 nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB 2 i. V. m. § 330 Abs. 3 aufzuheben.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.12.2015 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt 1/10 der außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 480,00 EUR für die Monate Mai 2014, August 2014, September 2014, November 2014, Dezember 2014, Februar 2015 und März 2015 sowie die Aufhebung der Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 21.04.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.06.2015 und vom 05.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 19.02.2015.

Seit 2006 bezieht der am 00.00.1966 geborene Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Er bewohnte eine 54 m² große Wohnung M 5, W. Die Bruttowarmmiete betrug 480,00 EUR (350,00 EUR Grundmiete + 57,06 EUR Betriebskostenvorauszahlung + 72,94 EUR Heizkostenvorauszahlung). Das Warmwasser wurde dezentral erzeugt (Durchlauferhitzer). Bis Februar 2011 wohnte die Tochter des Klägers mit in der Wohnung. Zum 01.04.2017 zog der Kläger um.

Seit November 2010 übernahm der Beklagte nicht mehr die tatsächlichen Unterkunftskosten, sondern legte der Ermittlung des Bedarfs nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II die Angemessenheitsgrenze für einen 2-Personen-Haushalts zu Grunde. Ab September 2011 berücksichtigte der Beklagte bei der Ermittlung des Bedarfs nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II zunächst nur noch eine Grundmiete von 216,00 EUR (Angemessenheitsgrenze für einen 1-Personen-Haushalt) zuzüglich der tatsächlichen Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen. Gegen die Höhe der bewilligten Unterkunftsleistungen für die Zeit ab September 2011 legte der Kläger Widerspruch ein und erhob Klage. Im Laufe der Klageverfahren bewilligte der Beklagte höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit ab dem 01.09.2011 und zwar die Summe aus Grundmiete (305,94 EUR) und Betriebskostenvorauszahlung (57,06 EUR) unter Zugrundelegung einer Bruttokaltmiete von 363,00 EUR zuzüglich der tatsächlichen Heizkostenvorauszahlung. Der Betrag von 363,00 EUR entsprach den für die Stadt Viersen maßgeblichen Tabellenwert nach § 12 WoGG i.d.F. vom 09.12.2010 (a.F.) + 10% Zuschlag.

Seit dem 01.06.2013 verwendet der Beklagte für einen 1-Personen-Haushalt den Richtwert von 260,00 EUR als angemessene Grundmiete zuzüglich tatsächlicher Betriebskosten. Diese Angemessenheitsgrenze beruht auf einen von der Firma f ag erstellten Konzept "Herleitung von Mietobergrenzen für angemessene Kosten der Unterkunft gemäß § 21 SGB II und § 35 SGB XII nach einem schlüssigen Konzept im Kreis Viersen Basisanalyse 2012" (erstellt am 27.05.2013) sowie dessen Aktualisierungen 2013 (erstellt am 13.03.2014) und der Aktualisierung des Konzepts 2014 (erstellt am 16.01.2015).

Seit dem 01.10.2013 übernahm der Beklagte durchgehend Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 390,00 EUR monatlich. Diese setzten sich aus 260,00 EUR Grundmiete + 57,06 EUR Betriebskostenvorauszahlung + 72,94 EUR Heizkostenvorauszahlung zusammen.

Der Kläger übte bis Sommer 2013 eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aus und war ab dem 28.08.2013 durchgehend arbeitsunfähig. Auf das Konto des Klägers wurde u.a. am 29.04.2014 Krankengeld i.H.v. 418,34 EUR, am 06.06.2014 i.H.v. 855,54 EUR und am 28.07.2014 i.H.v. 258,94 EUR gutgeschrieben. Der Beitrag zur Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung betrug im Jahr 2014 87,07 EUR vierteljährlich. Der Kläger war aufgrund eines Beschlusses des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 12.06.2003 verpflichtet, ab dem 01.08.2008 einen Kindesunterhalt i.H.v. 100% des Regelbetrags der dritten Altersstufe zu zahlen. Er überwies in dem Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2014 einen Unterhalt i.H.v. 20,00 EUR monatlich.

Mit Bescheid vom 24.03.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung zum Lebensunterhalt i.H.v. 716,94 EUR für April 2014 sowie i.H.v. 789,99 EUR monatlich für die Zeit vom 01.05.2014 bis zum 30.09.2014. Er legte einen Bedarf i.H.v. 789,99 EUR (391,00 EUR Regelbedarf + 8,99 EUR Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II + 390,00 EUR Kost...

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