Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Vermögenseinsatz. Zweifamilienhaus. Angemessenheit des Hausgrundstücks. lebenslanges Wohnrecht. Verwertbarkeit. Darlehen nach dinglicher Sicherung. kein Härtefall
Orientierungssatz
1. Als Familie iS des § 7 Abs 1 S 1 WoBauG 2 gelten auch Verwandte in gerader Linie, und zwar auch dann, wenn zu ihren Gunsten ein Nießbrauchsrecht bestellt ist.
2. Bei Familienheimen mit zwei Wohnungen ist für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße nach § 88 Abs 2 Nr 7 S 1 und 2 BSHG auf die Gesamtwohnfläche des Wohnhauses abzustellen.
3. Bei der Beurteilung der Angemessenheit der Grundstücksgröße haben die Gepflogenheiten des öffentlich geförderten Wohnungsbaus ebenfalls Geltung. Für ein freistehendes Haus ist hierbei ein Grundstück von bis zu 500 qm als angemessen anzusehen.
4. Die Minderung des Verkehrswertes eines Hausgrundstücks durch eine Belastung mit einem lebenslangen Wohnrecht der 1936 und 1941 geborenen Eltern stellt jedenfalls dann keine Härte iS des § 88 Abs 3 BSHG und damit keinen Ausschluss der Verwertung dar, wenn die Sozialhilfeleistung in Form eines Darlehens nach § 89 BSHG gewährt wird und für die Rückzahlung des Darlehens keine Frist gesetzt worden ist.
5. Eine Härte iS des § 88 Abs 3 BSHG ist auch nicht deshalb gegeben, weil der Sozialhilfeträger sich die darlehensweise Gewährung der Sozialhilfe hat dinglich sichern lassen.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 28.02.2007 geändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Sozialhilfe für die Zeit vom 26.04.2004 bis 31.12.2004 als endgültige Leistung statt als Darlehen.
Der 1968 geborene Kläger zu 1) und die 1969 geborene Klägerin zu 2) beantragten am 26.04.2004 bei der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Beim Kläger zu 1) sind nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) ein Grad der Behinderung von 80 und die Voraussetzungen für die Nachteilsausgleiche "G" und "B" anerkannt. Die Klägerin zu 2) ist Eigentümerin eines Zweifamilienhauses auf einem 888 qm großen Grundstück. Die Kläger wohnen mit ihren beiden Kindern im Erdgeschoss und die 1936 sowie 1945 geborenen Eltern der Klägerin zu 2) im Obergeschoss des Hauses. Letzteren ist mit notariellem Vertrag ein grundbuchrechtlich gesichertes Wohnungsrecht für sämtliche Räume des Obergeschosses eingeräumt worden. Die Wohnfläche des gesamten Hauses beträgt 219 qm, wovon 130 qm auf die untere Wohnung entfallen. Der Wert des Wohnungsrechts wurde im Vertrag mit 6.000,00 DM jährlich angegeben. Auf dem Haus lasten Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 100.000,00 EUR. Im Mai 2004 teilte die Beklagte den Klägern mit, dass das bewohnte Hausgrundstück nicht als geschütztes Vermögen anzusehen sei. Die Gewährung von Sozialhilfe komme daher nur als Darlehen in Betracht, das dinglich durch Eintragung einer Sicherungshypothek gesichert werden müsse. Daraufhin schlossen die Kläger und die Beklagte einen Darlehensvertrag über 34.000,00 EUR. Mit notarieller Urkunde vom 23.06.2004 bestellte die Klägerin zu 2) zugunsten der Beklagten und zu Lasten ihres Grundbesitzes eine Höchstbetragshypothek in Höhe von 34.000,00 EUR und beantragte deren Eintragung ins Grundbuch.
Mit Bescheid vom 20.07.2004 bewilligte die Beklagte den Klägern und ihren Kindern ab 26.04.2004 bis auf weiteres Hilfe zum Lebensunterhalt als Darlehen.
In ihrem dagegen erhobenen Widerspruch rügten die Kläger, der Bewilligungsbescheid lasse nicht erkennen, warum es sich bei dem Hausgrundstück nicht um Schonvermögen handele.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, der Grundbesitz der Klägerin in Form eines Zweifamilienhauses mit zugehörigem Grundstück sei für eine aus 4 Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft sozialhilferechtlich nicht mehr als angemessenes Hausgrundstück und damit gemäß § 88 Abs. 2 Nr. 7 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) nicht als geschütztes Vermögen anzusehen. Da die sofortige Verwertung aber nicht möglich sei bzw. eine Härte bedeuten würde, sei eine darlehensweise Hilfegewährung gegen dingliche Sicherung erfolgt.
Am 19.01.2006 haben die Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Aachen Klage erhoben. Sie haben die Ansicht vertreten, bei dem im Eigentum der Klägerin zu 2) stehenden Haus handele es sich um geschütztes Vermögen. Das dinglich gesicherte Wohnrecht der Eltern hindere die Kläger daran, das Hausgrundstück zu verwerten. Das Obergeschoss dürfe auch bei der Frage, ob die Kläger mit ihren Kindern eine Wohnstatt angemessener Größe bewohnen, nicht berücksichtigt werden.
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2005 sowie sämtlicher Folgebescheide im Anwendungsbereich des Bundessozialhilfegesetzes bis zum 31.12.2...