Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassung zur Anstellung in einem Medizinischen Versorgungszentrum. Nachbesetzung eines ärztlichen Psychotherapeuten mit einem Psychologischen Psychotherapeuten

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Genehmigung der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum setzt keine völlige Fachgebietsidentität zwischen ausscheidendem Vertragsarzt und präsumtiven Nachfolger voraus. Es genügt, wenn das Tätigkeitsspektrum des neuen Angestellten dem des vorigen im Wesentlichen entspricht. Dies ist bei ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten der Fall.

 

Orientierungssatz

Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Essen vom 12.12.2012 - L 11 KA 64/11, das vollständig dokumentiert ist.

 

Normenkette

SGB V § 95 Abs. 2, § 101 Abs. 4 S. 5, § 103 Abs. 4a S. 5

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 02.07.2014; Aktenzeichen B 6 KA 23/13 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beigeladenen zu 7) gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.05.2011 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 7) tragen die Gerichtskosten und die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin im zweiten Rechtszug zu je 1/2.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob der Beklagte der Klägerin die Genehmigung zur Anstellung Psychologischer Psychotherapeuten versagen darf.

Die Klägerin ist Trägerin des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) "advitam" mit Sitz in E.

Im September 2009 beantragte sie beim Zulassungsausschuss für Ärzte - Bereich Psychotherapie - (Zulassungsausschuss) in E die Genehmigung der Anstellung des Psychologischen Psychotherapeutin Dr. phil. Dipl. Psych. U V in Nachfolge der psychotherapeutisch tätigen Ärztin F N.

Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag mit Beschluss vom 23.09.2009 ab. Für die Nachbesetzung einer angestellten Ärztin gemäß § 95 Abs. 2 Satz 7 ff. Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 32b Zulassungsverordnung Ärzte sei grundsätzlich eine fachliche Identität zwischen ausscheidendem und hierfür anzustellendem Leistungserbringer erforderlich. Eine Nachfolgeanstellung sei daher jeweils nur innerhalb der Gruppen der Ärzte und der psychologischen Psychotherapeuten zulässig.

Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin u.a. geltend, dass eine Nachbesetzung mit einem entsprechend qualifizierten Arzt trotz intensiven Bemühens nicht möglich gewesen sei. Die Nachbesetzung mit Psychologischen Psychotherapeuten sei im Übrigen, wie sich aus dem Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 05.05.2009 - L 5 KA 599/09 ER-B - ergebe, zulässig.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Beschluss vom 14.04.2010 (Bescheid vom 06.05.2010) zurück. Die Fortführung einer ärztlichen Praxis durch einen Psychologischen Psychotherapeuten scheitere schon angesichts dessen fehlender Zulassung in einem ärztlichen Fachgebiet. Die Absicht des Gesetzgebers in § 101 Abs. 4 Satz 5 SGB V, einen bestimmten Anteil von ärztlichen Psychotherapeuten an der psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, würde konterkariert, wenn nichtärztliche Psychotherapeuten Arztstellen in Anspruch nehmen könnten. Hierdurch würde ihnen der Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung ermöglicht, obwohl der Planungsbereich für sie gesperrt sei. Dies würde wiederum zu einer Verstärkung der Überversorgung führen. Die bedarfsplanungsrechtlichen Vorgaben würden vollends unterlaufen, wenn später zulassungswillige ärztliche Psychotherapeuten unter Berufung auf die Quotenregelung den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung suchen würden.

Die Klägerin hat gegen diese Entscheidung am 04.06.2010 Klage erhoben und zugleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, der Beklagte stelle sich gegen die inzwischen durch Entscheidungen des LSG Baden-Württemberg und des Hessischen LSG gefestigte sozialgerichtliche Rechtsprechung. Danach sei die Behörde nach § 95 Abs. 2 Satz 8 SGB V zur Erteilung der Genehmigung verpflichtet, wenn wie im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 95 Abs. 2 Satz 5 SGB V erfüllt seien.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 14.04.2010 zu verurteilen, auf ihren Antrag vom 03.09.2009 auf Anstellung der Psychologischen Psychotherapeutin Frau Dr. phil. Dipl. Psych. U V anstelle der ausscheidenden, für die Klägerin psychotherapeutisch tätig gewesenen Frau F N im Umfang von 15 Wochenstunden eine entsprechende Genehmigung zu erteilen.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 7) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat zunächst in dem auf einstweiligen Rechtsschutz gerichteten Verfahren dem Antrag der Klägerin weitgehend entsprochen. Der Beklagte ist vom SG verpflichtet worden, der Klägerin vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens die begehrte Genehmigung unter den Vorbehalten, dass Dr. V die persönlichen Voraussetzungen nach § 95 Abs. 2 Satz 8 i.V.m. Satz 5 erfüllt und die Klägerin den überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutischen...

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