Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 10.01.2022 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 24.06.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2019 verurteilt, das Ereignis vom 21.01.2019 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

Die im Jahre 0000 geborene Klägerin übte am 21.01.2019 als Schülerin im Sportunterricht die Hochsprungtechnik des Fosbury-Flops. Wegen Schmerzen im rechten Knie stellte sie sich am folgenden Tag im Krankenhaus C. vor. In dem von dem Facharzt für Unfallchirurgie N. erstatteten Durchgangsarztbericht vom 22.01.2019 ist als Angabe der Klägerin vermerkt, dass sie sich am 21.01.2019 im Sportunterricht beim Absprung mit dem rechten Bein das rechte Knie verdreht habe. Die Diagnose lautete Knie-Distorsion rechts. Der Befund der am 28.01.2019 durchgeführten Kernspintomographie des rechten Kniegelenks wurde von dem Radiologen Q. als typischer Befund bei Zustand nach Patellaluxation mit Ruptur des medialen Kollateralbandes am Patellarandansatz mit schaliger Avulsion beurteilt. In seinem Verlaufsbericht vom 12.02.2019 nannte N. als Diagnose eine Patella-Luxation rechts mit zartem knöchernen Ausriss des medialen Retinakulum. In dem weiteren Befundbericht vom 12.03.2019, in dem als Schadensanlagen eine Patella-Dysplasie Typ Wiberg III und eine Trochlea-Dysplasie nach Hepp Typ II beschrieben werden, heißt es, die im Durchgangsarztbericht erfasste Ereignisanamnese spreche gegen das Vorliegen eines von außen einwirkenden Ereignisses. In der Zusammenschau der Befunde sei sicherlich eine Spontanluxation aufgrund der Schadensanlage möglich.

Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes V. ein. Dieser sah eine Patella-Dysplasie Typ III, einen Patellahochstand sowie eine Trochlea-Dysplasie Typ V und meinte, es handele sich um eine anlagebedingte Patella-Luxation mit spontaner Reposition. Die wesentliche Teilursächlichkeit liege in der hochgradigen Trochlea-Dysplasie und dem Patellahochstand mit erhöhter Luxationsbereitschaft.

Mit Bescheid vom 24.06.2019 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 21.01.2019 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, nach dem Ergebnis der Ermittlungen sei das geschilderte Ereignis aufgrund seiner Biomechanik nicht geeignet gewesen, eine Kniescheibenverrenkung zu verursachen. Die ausgeprägten anlagebedingten Veränderungen des rechten Kniegelenks sprächen dafür, dass eine erhöhte Verrenkungsbereitschaft der Kniescheibe rechts vorgelegen habe, die zeitnah wahrscheinlich durch jede andere vermehrte Alltagsbelastung zu einer Kniescheibenverrenkung geführt haben würde. Als vorbestehend seien eine hochgradige Trochlea-Dysplasie (Oberschenkelrollenfehlform) und ein Patellahochstand (Kniescheibenhochstand) mit erhöhter Luxationsbereitschaft der Kniescheibe nachgewiesen worden. Diese hätten nach medizinischer und rechtlicher Wertung mit Wahrscheinlichkeit allein wesentlich die eingetretene Kniescheibenverrenkung rechts herbeigeführt, so dass diese nur anlässlich, nicht aber ursächlich infolge der Begebenheit am 21.01.2019 aufgetreten sei. Mit ihrem dagegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, dass die auf Weisung im Sportunterricht durchgeführte Begebenheit mit ihrem für ein Knie extrem erhöhten Gefährdungspotential aus mechanischer Belastung und alltagsunüblichem Bewegungsablauf (Absprungübungen für die Durchführung eines Leichtathletik-Hochsprungs) ursächlich für die Herbeiführung der irreversiblen Schädigung ihres vorschädigungsfreien Knies gewesen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2019 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie blieb bei ihrer Auffassung, dass die Patellaluxation nur anlässlich und nicht wesentlich ursächlich infolge der Einwirkung am 21.01.2019 aufgetreten sei.

Die Klägerin hat am 30.09.2019 Klage beim Sozialgericht Dortmund erhoben und vorgetragen, der Unfall sei beim Üben der so genannten Flop-Technik für den Hochsprung erfolgt. Bei dieser Technik laufe die Springerin auf die Latte zu und sie müsse sich kurz vor der Latte im Laufen drehen, um rückwärts über die Stange zu springen Dabei handele es sich nicht um einen natürlichen Bewegungsablauf. Er sei daher geeignet, eine Kniescheibenverrenkung unabhängig von eventuellen anlagebedingten anatomischen Gegebenheiten zu verursachen. Ohne diesen Bewegungsablauf würde der Schaden an ihrem Knie nicht eingetreten sein. Der Bewegungsablauf sei ursächlich im Sinne einer wesentlichen Bedingung für den Schadenseintritt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.06.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2019 zu verurteilen, das Ereignis vom 21.01.2019 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage anzuweisen.

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