Entscheidungsstichwort (Thema)
sozialgerichtliches Verfahren. Prozeßvertretung. Bezirksregierung Münster. Einzel-GdB. Bildung des Gesamt-GdB
Orientierungssatz
1. Zur ordnungsgemäßen Prozeßvertretung des Landes Nordrhein-Westfalen gem § 71 Abs 5 SGG durch die Bezirksregierung Münster.
2. Zur Bildung des Gesamt-GdB bei bestehenden Wirbelsäulenschäden, Taubheit rechts, Schlafapnoe-Syndrom, Gichterkrankung sowie weiteren Behinderungen, die sämtlich leichter Art sind und keinen über 10 hinausgehenden Einzel-GdB rechtfertigen.
Tatbestand
Umstritten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG).
Der 1950 geborene Kläger beantragte im Januar 1997 erstmals Feststellungen nach dem SchwbG. Nach Beiziehung und Auswertung verschiedener Befundberichte stellte der Beklagte unter Berücksichtigung der Behinderungen:
"1. Ertaubung und Ausfall des Gleichgewichtsorgans rechts nach Operation eines Akustikusneurinoms, Restlähmung des Fazialisnervs,
2. Zwölffingerdarmgeschwüre,
3. Lendenwirbelsäulensyndrom"
einen GdB von 30 fest (Bescheid vom 26.08.1997 und Widerspruchsbescheid vom 24.09.1997).
Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger die Auffassung vertreten, der festgestellte GdB von 30 werde den vorhandenen gesundheitlichen Einschränkungen nicht gerecht. Vielmehr bedinge sein Gesundheitszustand die Feststellung seiner Schwerbehinderteneigenschaft.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 26.08.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.1997 zu verurteilen, ab Januar 1997 einen GdB von 50 festzustellen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Feststellung eines GdB von 50 für nicht gerechtfertigt erachtet.
Das Sozialgericht hat nach Beiziehung von Befundberichten im wesentlichen Beweis erhoben durch Einholung eines fachinternistischen Sachverständigengutachtens des Dr. E vom 22.04.1998 mit ergänzender Stellungnahme vom 30.07.1998. Der Sachverständige hat vorgeschlagen, den GdB mit 50 zu bewerten. Seiner Beurteilung hat er Einzel-GdB von 40 für ein Wirbelsäulenleiden, von jeweils 20 für ein Zwölffingerdarmgeschwürleiden , eine Gichterkrankung, eine Taubheit rechts und Gleichgewichtsstörungen, sowie von 10 für eine Fazialisparese rechts zugrunde gelegt.
Mit Urteil vom 29.09.1998 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten verurteilt, einen GdB von 50 festzustellen. Dabei hat es sich im wesentlichen auf die Beurteilung des Sachverständigen Dr. E gestützt.
Gegen dieses ihm am 28.10.1998 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.11.1998 eingegangene Berufung des Beklagten. Der Beklagte hält einen höheren GdB als 40 für nicht gerechtfertigt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 29.09.1998 abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit ein höherer GdB als 40 begehrt wird.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er meint, das zweitinstanzliche Beweisergebnis vermöge die Beurteilung des Sachverständigen Dr. E nicht in Frage zu stellen.
Im Berufungsverfahren sind weitere Befundberichte beigezogen worden. Weiterhin ist zunächst Beweis erhoben worden durch Einholung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens des Dr. A vom 05.08.1999 und eines nervenärztlichen Zusatzgutachtens des Dr. R vom 06.10.1999. Dr. A hat den GdB auf insgesamt 20 geschätzt. Dabei hat er für das Wirbelsäulenleiden lediglich einen GdB von 10 in Ansatz gebracht. Schließlich ist noch ein HNO-ärztliches Gutachten des Dr. N vom 19.09.2000 eingeholt worden.
Zur weiteren Sachverhaltsdarstellung und bezüglich des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die Inhalte der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte in der Sache entscheiden.
Obwohl der Beklagte nach Auflösung des Landesversorgungsamtes (Art. 1 § 3 Satz 2 des gem. Art. 37 Abs. 2 zum 01.01.2001 in Kraft getretenen 2. Gesetzes zur Modernisierung von Regierung und Verwaltung in Nordrhein-Westfalen vom 09.05.2000 -- GVBl. NRW S. 412 f. --) durch die Bezirksregierung Münster vertreten wird, sind, wie vom Senat bereits mit Urteil vom 30.01.2001 -- Az.: L 6 SB 100/99 -- entschieden, die an eine ordnungsgemäße Prozessvertretung des Landes i.S.d. § 71 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu stellenden Anforderungen noch gewahrt (ebenso im Ergebnis: LSG NRW, Urteile vom 25.01.2001 -- Az.: L 7 V 54/99 und L 7 SB 47/99 -- und vom 31.01.2001 -- Az.: 10 VS 28/00 --). Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat auf die entsprechenden Ausführungen in seinem o.a. Urteil vom 30.01.2001, dessen maßgeblicher Wortlaut den Beteiligten zugeleitet worden ist bzw. vorliegt, Bezug.
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts vom 29.09.1998 kann keinen Bestand haben. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung seiner Schwerbehinderteneigenschaft. Vielmehr ist -- wie vom Beklagten anerkannt...