Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Vergütung. Rechtmäßigkeit der Degressionsregelungen des § 85 Abs 4b ff SGB 5. anteiliger Ansatz des degressionsfreien Betrags nach § 85 Abs 4b SGB 5 bei nur zeitweiser Mitgliedschaft eines Partners in einer Gemeinschaftspraxis. vertragsarztrechtlicher Fortbestand einer Gemeinschaftspraxis im Falle der sofortigen Vollbeendigung oder Liquidation. Schuldung einer Honorarrückforderung
Orientierungssatz
1. Die Degressionsregelungen des § 85 Abs 4b ff SGB 5 sind rechtmäßig und mit Art 12 Abs 1 und Art 3 Abs 1 GG sowie mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar (vgl BSG vom 14.5.1997 - 6 RKa 25/96 = BSGE 80, 223 = SozR 3-2500 § 85 Nr 22 und BVerfG vom 12.07.2000 = 1 BvR 2260/97).
2. Der degressionsfreie Betrag nach § 85 Abs 4b SGB 5 ist bei nur zeitweiser Mitgliedschaft eines Partners in einer Gemeinschaftspraxis nur anteilig in Ansatz zu bringen (vgl BSG vom 3.12.1997 - 6 RKa 79/96).
3. Selbst im Falle der sofortigen Vollbeendigung, im Rahmen einer Liquidation oder sogar bei Ausschluss der Liquidation gilt die Gemeinschaftspraxis vertragsarztrechtlich als fortbestehend und bleibt bis zur Abwicklung ihrer Rechtsbeziehungen berechtigt und verpflichtet. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung ist aufgrund der speziellen Ausprägung des vertrags(zahn)arztrechtlichen Status einer Gemeinschaftspraxis - ungeachtet der zivilrechtlichen Vereinbarungen zur Auseinandersetzung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts - befugt, die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen und Berechtigungen einer Gemeinschaftspraxis auch noch nach deren gesellschaftlicher Vollbeendigung geltend zu machen. Die Gemeinschaftspraxis wird mithin in vertragsarztrechtlicher Hinsicht als fortbestehend angesehen, solange sie noch Pflichten aus ihrem Status zu erfüllen hat oder ihr hieraus noch Rechte zustehen (vgl BSG vom 7.2.2007 - B 6 KA 6/06 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 31).
4. Eine Gemeinschaftspraxis schuldet eine Honorarrückforderung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung unabhängig vom Wechsel in ihrem Mitgliederbestand (vgl BSG vom 27.6.2007 - B 6 KA 27/06 R = SozR 4-1500 § 141 Nr 1).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 12.12.2005 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Honorarberichtigung wegen Degression (§ 85 Abs. 4 b SGB V) im Jahre 1999 gegenüber einer Gemeinschaftspraxis.
Seit den 90er Jahren wird in H in der C-straße 00, wegen baulicher Veränderungen seit dem 01.07.2003 in der C-straße 00 eine Gemeinschaftspraxis von Vertragszahnärzten/Vertragszahnärztinnen und Kieferorthopäden/Kieferorthopädinnen (VZÄ) betrieben. Der Mitgliederbestand der Gemeinschaftspraxis wechselte, auch war der Zahnarzt und Kieferorthopäde drs. B allein tätig. Mitglieder der Gemeinschaftspraxis waren und sind seit 1999 folgende VZÄ:
01.01.1999 drs. B 01.04.1999 drs. B, M 01.10.1999 drs. B, M, L 01.01.2001 drs. B, M, Dr. T, 01.04.2001 drs. B, M, Dr. T, X 01.01.2002 drs. B, M, Dr. T, X, C 01.10.2002 drs. B, M, Dr. T, X 01.01.2003 drs. B, M, Dr. T, X, Dr. E 01.07.2003 drs. B, M, Dr. T, Dr. E, K, 01.01.2004 drs. B, M, Dr. T, Dr. E, K, Dr. H 01.07.2004 drs. B, M, Dr. T, K, Dr. H 01.10.2004 drs. B, M, Dr. T, K, Dr. H, drs. E1 01.07.2005 drs. B, Dr. T, Dr. H, drs. E1, Dr. MSC X1 01.01.2006 drs. B, drs. E1, Dr. MSc X1, Dr. T 01.04.2006 drs. B, drs. E1, Dr. MSc X1, MSc E, drs. W 01.10.2006 drs. B, drs. E1, MSc E, drs. W, Dr. T 01.04.2007 drs. B, drs. E1, drs. W, Dr. T 01.10.2007 drs. B, drs. W, Dr. T.
Die Gemeinschaftspraxen wurden vom Zulassungsausschuss genehmigt. Alle Gemeinschaftspraxisverträge lagen den Zulassungsgremien vor. Nach den Verträgen traten jeweils die neuen Mitglieder in die bestehende Gemeinschaftspraxis als neue Vertragspartner ein. In der Präambel der Gemeinschaftspraxisverträge ab dem Jahr 2000 bezeichnet sich Vertragspartner 1 (drs. B) als Gründer und konzeptioneller Entwickler der zahnärztlichen Praxis in H, C-straße 00. Nach allen Gemeinschaftspraxisverträgen stellt Vertragspartner 1 der Gesellschaft die Praxisräume zur Verfügung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Zulassungsakten und die Gemeinschaftspraxisverträge Bezug genommen.
Die Beklagte nahm gegenüber den drei im Jahre 1999 tätig gewesenen VZÄ bzw. Gemeinschaftspraxen, die unter drei Abrechnungsnummern geführt wurden, aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen zunächst keine Degressionsberechnungen vor.
Mit der Vierteljahresabrechnung II/2001 vom 04.10./29.10.2001 gegenüber der Gemeinschaftspraxis drs. B, M und L unter der Abrechnungsnummer 2722-2 erhielt die Gemeinschaftspraxis das für 1999 gültige Punktekonto und den Degressionsbescheid für 1999 bis 2001 mit einer Gesamtdegressionskürzung von 450.884,11 DM, die als Lastschrift auf dieser Vierteljahresabrechnung aufgeführt wurden.
Die damaligen Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin le...