Entscheidungsstichwort (Thema)
landwirtschaftliche Unfallversicherung. Beitragsrecht. Veranlagung. landwirtschaftliche Unternehmerin. landwirtschaftliches Unternehmen. Weidewirtschaft. Damwildhaltung zum eigenen Verzehr. sozialgerichtliches Verfahren. Kostenentscheidung. reformatio in peius. Berufungsverfahren
Orientierungssatz
1. Zur rechtmäßigen Veranlagung einer Grundstückseigentümerin, die auf einer Fläche von 0,6 Hektar eine so genannte Weidewirtschaft mit Damwildhaltung ausschließlich zum privaten Verzehr unterhält, zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung.
2. Das Verbot, den Rechtsmittelführer im Berufungsverfahren zu belasten (Verböserungsverbot; reformatio in peius), gilt nicht bei der Kostenentscheidung.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 29. Oktober 2004 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin zu Recht als landwirtschaftliche Unternehmerin veranlagt hat.
Die am 00.00.2000 verstorbene Mutter der Klägerin, Frau N F, war als Eigentümerin eines 1,26 Hektar (ha) großen Grundstücks in J, H, Flur 00, Flurstück 00, bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Westfälischen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (WLBG), zur gesetzlichen landwirtschaftlichen Unfallversicherung (UV) veranlagt.
Im April 2000 teilte die Klägerin der WLBG mit, sie sei Erbin ihrer verstorbenen Mutter, bewirtschafte die Flächen aber nicht und "kündige" deshalb die Versicherung.
Die sodann auf Veranlassung der WLBG vor Ort durchgeführten Ermittlungen ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) ergaben, dass "direkt am Haus" (S 0 in J) ein Grundstück liegt, auf dem die Klägerin ein Damwildgehege betreibt. Laut Auskunft der unteren Landschaftsbehörde wurde die Genehmigung für dieses Gehege bereits im Februar 1999 erteilt. Das Finanzamt J teilte der Beklagten unter dem 08.03.2002 mit, dass für die Klägerin nunmehr ein Flächenbestand von 0,61 ha geführt werde. Die übrigen Anteile des ursprünglich 1,26 ha großen Grundstücks waren in den Besitz anderer Personen übergegangen. Zum Damwildgehege erklärte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 30.01.2002, sie habe die Tiere im Sommer 2001 von einem Bekannten ihres Ex-Ehemannes übernommen. Der Bekannte habe damals die Damhirsche von ihrer Mutter übernommen, als diese (im Sommer 1998) zum Pflegefall geworden sei. Im Rahmen der weiteren Korrespondenz mit der Beklagten, die ihre Absicht kund tat, die Klägerin als landwirtschaftliche Unternehmerin zur gesetzlichen UV zu veranlagen, vertrat diese die Auffassung, sie betreibe (auch) mit dem Damwildgehege kein landwirtschaftliches Unternehmen i.S.d. § 123 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Siebten Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII), denn es handele sich dabei um kein Unternehmen zum Zwecke der Aufzucht von Hirschen oder zum Zwecke der Mast oder Gewinnung tierischer Produkte. Sie besitze diese Tiere einfach, ohne eines der genannten Unternehmensziele zu verfolgen. Sie erziele aus den Damhirschen keine Vor- und Nachteile und sei damit auch keine Unternehmerin i.S.d. § 136 SGB VII. Sie wende keine erhebliche Arbeitskraft auf und der Grund und Boden werde nicht regelmäßig bewirtschaftet. Als MTA übe sie einen völlig anderen Beruf aus, der nichts mit der Unternehmenstätigkeit zu tun habe. Vielmehr schlachte sie einmal im Jahr zwei bis drei Tiere, um sie ausschließlich selbst zu verzehren. Sie erziele damit keinen Gewinn durch eine Veräußerung. Diese Erzeugnisse dienten ausschließlich dem eigenen Haushalt. Von einer Pflichtmitgliedschaft sei mithin nicht auszugehen.
Mit Bescheid vom 03.04.2002 veranlagte die Beklagte die Klägerin zur Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (LBG) Nordrhein-Westfalen (NRW) mit einer Unternehmensfläche von 0,61 ha LN (landwirtschaftliche Nutzfläche) gemäß § 123 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII und führte u.a. aus, ein Unternehmen der Landwirtschaft liege immer dann vor, wenn eine auf Dauer angelegte planmäßige Flächennutzung in Form von Ackerbau, Heugewinnung, Weidewirtschaft oder auch zur Erhaltung des Kulturzustandes einer landwirtschaftlichen Fläche erfolge; gleiches gelte für Waldnutzung im Sinne des Landesforstgesetzes. Der Inhaber des Unternehmens müsse demnach über Grund und Boden verfügen, der unter seiner Leitung genutzt werde, sei es als Eigentümer, Pächter oder in sonstiger Weise. Auf die Größe der Grundstücke komme es dabei nicht an. Auch die Nutzung von Kleinstflächen könne ein landwirtschaftliches Unternehmen darstellen. Unternehmer im Sinne der landwirtschaftlichen UV sei derjenige, dem das wirtschaftliche Ergebnis zum Vor- oder zum Nachteil gereiche, also derjenige, der das wirtschaftliche Risiko des Unternehmens trage. Dabei setze der Unternehmerbegriff keine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit oder gar einen Geschäftsbetrieb voraus. Unternehmer sei auch derjenige, der letztendlich die Entscheidunge...